90 netenverſammlung nicht beitritt, ihn durch Ablehnung des Etats zur Ausführung des Beſchluſſes zu zwin⸗ gen ſuchen. Das iſt ein grundſützlicher Standpunkt, den ich einnehme. Ich will dem Herrn Oberbürger⸗ meiſter ſogar, damit gar kein Geheimnis zwiſchen uns obwaltet, rund heraus erklären, daß ich als Demokrat noch viel weiter in meinen Anſchauungen gehe: ich halte überhaupt prinzipiell den ganzen Magiſtrat für überflüſng; 8 (Heiterkeit) ich ſtehe auf dem Standpunkt, daß die Stadtver⸗ ordneten aus allgemeinen gleichen, direkten und ge⸗ heimen Wahlen der geſamten Bürgerſchaft hervor⸗ gehen ſollen, und daß dann die Stadtverordneten aus ihrer Mitte heraus einen Verwaltungsausſchuß zu wählen haben. (Lachen.) Heute haben wir in der ſtädtiſchen Verfaſſung eine Art Zweikammerſyſtem, ähnlich wie in Preußen, und da iſt der Magiſtrat, der doch nichts weiter iſt als die erſte Kammer, meiner Meinung nach voll⸗ kommen überflüſſig. (Rufe: Schluß! — Unglaublich!) Der Herr Oberbürgermeiſter hat ſeine Behauptung bezüglich des Streiks beim Schillertheaterbau aufrecht erhalten. Ich halte demgegenüber meine Behauptung aufrecht. Ich gebe aber offen zu, daß ich nur ein⸗ ſeitig informiert bin, und der Herr Oberbürgermeiſter wird doch anerkennen, daß auch er ſeine Information nur von einer Seite hat, daß er auf keinen Fall auch durch die Arbeiter informiert worden iſt. Nun, ich bin eben von der Gegenſeite informiert, wir werden ja ſehen, wer Recht hat. Jedenfalls ſteht das feſt, daß die Information des Herrn Oberbürger⸗ meiſters nur einſeitig iſt. Dann muß ich die Behauptung aufrecht erhalten, daß der Herr Oberbürgermeiſter tatſächlich einen Vergleich gezogen hat zwiſchen dem wirklichen Durch⸗ ſchnittslohn und dem fiktiven Lohn Der ortsübliche Tagelohn, Herr Oberbürgermeiſter, wird nicht ſo er⸗ mittelt, wie Sie die Löhne der ſtädtiſchen Arbeiter ermittelt haben, ſondern das iſt ein für einen be⸗ ſtimmten Zeitraum als feſtſtehend angenommener Lohn. Zwiſchen den angenommenen und den wirk⸗ lichen Löhnen läßt ſich aber ein Vergleich nicht ziehen. Der Herr Oberbürgermeiſter hat in ſeiner erſten Rede geſagt, daß die Mehrheit der Stadtverordneten⸗ verſammlung die Bürgerſchaft nicht hinter ſich hätte; er habe zahlreiche Zuſchriften aus dem Kreiſe der Bürgerſchaſt bekommen, die ſeiner Haltung Aner⸗ kennung zollten. Nun, ich glaube, auch einer großen Reihe von uns, vielleicht uns allen, ſind Zuſchriften aus anderen Teilen der Bürgerſchaft zugegangen, die ſich auf den entgegengeſetzten Standpunkt ſtellen. Im übrigen iſt das ja ziemlich gleichgültig. Der Herr Oberbürgermeiſter kann wohl behaupten, wir hätten die Burgerſchaft nicht hinter uns, aber be⸗ weiſen kann er es nicht. Ich zweifle daran, daß wir in einem Falle, wo die Stadtverordnetenver⸗ ſammlung ohne Unterſchied der Parteien einmütig iſt, die Bürgerſchaft nicht hinter uns haben. (Die Beratung wird geſchloſſen. Der Antrag, vom Magiſtrate die Einſetzung einer gemiſchten Kom⸗ miſſion zu verlangen, wird angenommen.) Borſteher⸗Stellv. Kaufmann: Wir kämen nun zu Punkt 17 der Tagesordnung: Mitteilung betr. Beleuchtung der Rathaus⸗ turmuhr. — Druckſache 99. ——— Stadtv. Stein: Wir haben mit tiefer Trauer von der Mitteilung Kenntnis genommen, daß die Beleuchtung des Rathausturms ſo ſchwierig iſt. Aber wir hoffen, daß in allernächſter Zeit die uns ver⸗ ſprochene Aufſtellung von Normaluhren dazu führen wird, daß man doch auch in Charlottenburg des Abends weiß, was für eine Stunde iſt. (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Verſamm⸗ lung nimmt von der Mitteilung des Magiftrats Kenntnis.) Vorſteher⸗ Stellv. Kaufmann: Tagesordnung: Mitteilung betr. Aufhebung der Deputation ur Beratung über Maßregeln zur Bekämp⸗ Iung der 1 4 4 — Druck⸗ ache 100. Punkt 18 der Stadtu. Dr. Landsberger: Meine Herren, nach Lage der Geſetzgebung wird der Magiſtrat zweifellos im Rechte ſein, wenn er ſeinerſeits einſeitig den Be⸗ ſchluß gefaßt hat, dieſe gemiſchte Deputation zur Beratung über Maßregeln zur Bekämpfung der Säuglingsſterblichkeit aufzuheben. Er teilt es uns nur zur Kenntnisnahme mit. Ich muß aber mein Bedauern darüber ausſprechen, daß gerade im jetzigen Zeitpunkt dieſe überhaupt erſt ſo kurze Zeit beſtehende Deputation wieder aufgehoben werden ſoll. Es iſt ja möglich, daß gegenwärtig nicht gerade beſonders viel Beratungsſtoff für ſie vorliegt. Ich kann aber die Motivierung nicht anerkennen: „weil die zum Betriebe der Säuglingsfürſorgeſtellen erforderlichen Mittel und die Beihilfen an Schwangere und ſtillende Mütter im nächſtjährigen Etat vorgeſehen ſind und dadurch die Aufgaben der gemiſchten Deputation nunmehr erledigt ſind.“ Erſtens würde die Deputation doch noch die Aufgabe haben, darüber zu be⸗ raten und zu beſchließen, wie dieſe Beihilfen verteilt und zweckmäßia verwandt werden ſollen, und zweitens können ja immer noch andere Maßregeln und ſollen noch andere Maßregeln erwogen werden, welche dem⸗ ſelben Ziele der Bekämpfung der Säuglingsſterblich⸗ keit entſprechen würden. Gerade in jetziger Zeit, wo dieſe Aufgabe eine der vornehmſten der eſundheits⸗ pflege iſt, war ich einigermaßen erſtaunt, daß die Deputation aufgehoben wird. (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Verſamm⸗ lung nimmt von der Mitteilung des Magiſtrats Kenntnis.) Vorſteher⸗ Stellv. Kaufmann: Tagesordnung: Mitteilung betr. die Banberichte für das 2. Halbjahr 1903. — Druckſache 88. (Die Beratung wird eröffnet und geſchloſſen. Die Verſammlung nimmt Kenntnis.) Wir gehen jetzt über zu Punkt 10 der Tages⸗ ordnung: Berichterſtattung des Etatsausſchuſſes über den Etat für 1506. — Druckſachen 67, 89, 90, 104, 105. Punkt 19 der Zunächſt Sonderetat Nr. 2. Ladeſtraßen.