—— 101 — war der Herr Oberbürgermeiſter durchaus falſch unterrichtet, und ich hoffe, daß er die Kritik, die er g an den angeblichen Streik geknüpft hat, als wenn es ſich da um einen Streik aus IIbermut gehandelt hätte, nunmehr zurücknehmen wird, nachdem er ſich davon überzeugt hat, daß tatſächlich gar kein Streik vorlag. Meine Herren, am 10. März wurden 68 Maurer, die auf dem Bau des Schillertheaters beſchäftigt waren, entlaſſen und durch Akkordmaurer erſetzt. Die entlaſſenen Maurer bezw. deren Vertreter haben ſich ſowohl an meine Freunde, als auch an den Herrn Oberbürgermeiſter gewandt, und ſie hatten auch mit dem Herrn Oberbürgermeiſter eine längere Unter⸗ redung. in der ſie ſich über dieſen Fall außerten Ich muß erklären, daß ich mich bei meinen Aus⸗ führungen lediglich darauf ſtütze, was mir ſeitens der betreffenden Maurer mitgeteilt iſt; aber ich habe keinen Grund, an der Wahrheit dieſer Angabe irgend welchen Zyeifel zu hegen. Alſo ich ſagte bereits, daß am 10. März 68 Maurer am Schillertheater ent aſſen wurden. Die Maurer befanden ſich in einem Gewiſſenskonflikt. Sie hatten den Auftrag, recht ſorgfältige Arbeit zu liefern. Andererſeits aber wurden ſie von dem Unternehmer, der anſcheinend ſich bei der Ubernahme des Baues verkalkuliert hatte, dazu angetrieben, es mit der Arbeit doch nicht allzu genau zu nehmen. Es wurde ihnen geſagt: die Hauptſache iſt ja doch. daß die Arbeit fertig wird. Die Maurer hielten darüber Rückſprache und kamen zu dem Entſchluß, daß ſie keine Pfuſcharbeit liefern wollten, ſondern daß ſie ſolche Arbeit liefern wollten, wie ſie wirklich von ihnen verlangt wurde. Wiederholt kam es zu Differenzen zwiſchen dem Unternehmer und den Maurern Es wurden auch vorher ſchon ein oder mehrere Arb iter entlaſſen. Die Maurer machten zu wiederholten Malen die Bauleitung darauf aufmerk⸗ ſam, daß nicht einmal diejenigen Sicherheitsvor⸗ ſchriften innegehalten ſind, die von der Baupolizei⸗ behörde verlangt werden. Unter anderen wird mir mitgeteilt, daß dort Bretter und anderes Rüſtzeug fehlten. Auch ſollten dort verfaultes Holz, Bretter, Stangen, Riegel uſw. verwendet werden. Die Maurer ſchreiben weiter, daß erfreulicherweiſe nur leichte — 5 — Unfälle vorgekommen find, welche aber alle auf die beſagten Mängel zurückzuführen ſeien Da es nichts nutzte, daß die Maurer bei dem Polier vorſtellig wurden, haben ſie ſchließlich am 1. März einen Vertreter ihrer Organiſation auf den Bau be⸗ ſtellt, und dieſer Herr, mit dem ich ſelbſt geſprochen habe — es iſt derſelbe, der auch an der Unterredung mit dem Herrn Oberbürgermeiſter teilnahm hat gefunden, daß die von der Berufsgenoſſenſchaft erlaſſenen Unfallverhütungsvorſchriften auf ſehr vielen Stellen nicht innegehalten waren, (hört, hört! bei den Sozialdemokraten) indem in oberen Etagen Leute arbeiten, während auf der unteren Etage keine Zwiſchenrüſtung vor⸗ handen war, d. h. die Etage war nicht ſo abgedeckt, wie es vorgeſchrieben iſt, ſo daß, wenn ein Unfall paſſiert wäre, die Leute unweigerlich bis in die unterſte Etage hinabgeſtürzt wären. Nun, meine Herren, muß ich es ja bedauern, daß die Maurer von dieſer Unterlaſſung der Befolgung der Unfallverhütungevorſchriften nicht ſofort der zu⸗ ſtändigen Inſtanz Mitteilung gemacht haben. Das iſt nich geſchehen. Aus welchem Grunde, weiß ich nicht. Jedenfalls aber 2 feſt, daß tatſächlich auch bereits ſich die Folgen dieſer mangelhaften Rüſtung zeigten. Einige Tage vorher war, wie mir mit⸗ eteilt iſt, eine Rüſtung zuſammengebrochen, auf welcher glücklicherweiſe noch niemand beſchäftigt war, ſondern die Steinträger wollten die Rüſtung mit Steinen und Kalk betreten, damit die Maurer ſpäter darauf arbeiten könnten. Als der Steinträger den erſten Kaſten Steine auf die Rüſtung warf, brach die Rüſtung zuſammen. Der Steinträger, welcher auf der Mauer ſtand. kam allerdings mit dem bloßen Schreck davon. Nun denken Sie ſich aber: welches Unglück hätte geſchehen können, wenn zu dieſer Zeit 4 auf der Rüſtung beſchäftigt geweſen waren! Der Unternehmer, dem alle dieſe Mißſtände gemeldet waren, faßte es ſo auf, als ob die Arbeiter ihn nur chilanieren wollten, als ob ſie nur nörgeln wollten Ich darf wohl annehmen, daß das die wirklichen Gründe ſind, die ſchließlich zu der Ent⸗ laſſung der Arbeiter geführt haben. Es war dem Unternehmer zu viel, daß die Arbeiter fortwährend von ihm verlangten, er ſolle diejenigen Vorſchriften innehalten, die zum Schutz von Leben und Geſund⸗ heit der Arbeiter erlaſſen ſind. Nun, meine Herren, fand am vorigen Montag, wie bereits erwähnt, eine Zuſammenkunft zwiſchen dem Herrn Oberbürgermeiſter und Vertretern der Maurer ſtatt, an der auch der Herr, der den Bau im Auftrage der Firma Heilmann und Littmann leitet, Herr Baumeiſter Grunow, ſich beteiligt hat. Ich will nicht auf alles das, was in dieſer Sitzung zur Sprache gebracht iſt, hier eingehen; ich nehme an, daß der Herr Oberbürgermeiſter darauf zurück⸗ kommen wird. Ich könnte mich ja auch nur darauf ſtützen, was mir ſeitens der einen Partei, ſeitens der Maurer, mitgeteilt iſt. Nur einige Punkte müſſen Sie mir geſtatten, ganz kurz anzuführen. Unter anderem ſoll der Herr Oberbürgermeiſter dem Vertreter der Maurer geſagt haben, daß Herr Bethge — das iſt der Unternehmer ſich darüber beſchwert hätte, daß die Maurer auf dem Bau des Schillertheaters für die Sozialdemokratie agitiert und jeden hinausgedrängelt hätten, der ſich nicht dem ſozialdemokratiſchen Wahlverein anſchließen wollte. Die Maurer erklären dieſe Behauptung für unwahr, und ſie führen zum Beweis dafür an, daß ſie ja durchaus nicht etwa nur mit ſolchen Kollegen auf dem Bau zuſammen gearbeitet haben, die in den freien Gewerkſchaften, alſo in denjenigen Gewerk⸗ ſchaften, von denen gewöhnlich geſagt wird, daß ſie ſozialdemokratiſch ſeien, organiſiert ſind, ſondern daß ſie zuſammen gearbeitet haben unter anderen mit vier chriſtlich organiſierten Kollegen, und daß keinerlei Reibereien zwiſchen ihnen und dieſen vier chriſtlich Organiſierten vorgekommen ſind. Sowohl die in der freien Gewerkſchaft organiſierten als auch die chriſt⸗ lich organiſierten Maurer ſind in allen Fragen ein⸗ mütig vorgegangen. Es ſoll weiter in dieſer Unterredung den Maurern vorgeworfen ſein, warum ſie die Beſchwerde über die mangelhafte Rüſtung nicht gemeldet hätten. Meine Herren, ich habe ja bereits vorhin erklärt, daß auch ich es bedaure, daß die Meldung nicht er⸗ folgt iſt. Die Maurer erwidern aber darauf, ſie hätten ja die Mängel gemeldet, ſie hätten ſich an den Polier gewandt, und deſſen Sache ſei es, nun die weitere Meldung zu erſtatten. Ferner hat der Vertreter der Maurerorgani⸗ ſation, wie mir mitgeteilt wird, in der Decht . Unterredung verſchiedene Mängel zur Sprache ge⸗ bracht, die infolge der Akkordarbeit auf dem Bau