werden Sie finden, daß ein himmelweiter Unterſchied zwiſchen dieſen Zahlen iſt, und daß — ich ſage: leider — noch lange nicht alle gewerkſchaftlich Organi⸗ ſierten auch politiſch organiſiert ſind. Ich bedaure es, daß dieſe Leute nicht alle Sozialdemokräten ſind. (Natürlich!) Aber die Tatſache, daß ſie nicht Sozialdemokraten find, können Sie nicht aus der Welt ſchaffen. Meine Herren, ſelbſt von den Maurern, die in der freien Gewerkſchaft organiſiert ſind, ſind einige ſo wenig aufgeklärt, daß ſie nicht einmal bei den Wahlen von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen. Alſo die Leute ſind nicht alle Sozialdemokraten — ſie werden es hoffentlich noch einmal werden. Meine Herren, der Herr Oberbürgermeiſter ſagt weiter, die Behauptungen, die ich aufgeſtellt habe, und die ſich auf das mir zugegangene Material ſtützen, ſeien übertrieben. Ich muß wirklich ſagen, ich bin erſtaunt darüber, daß der Herr Oberbürgermeiſter von Übertreibungen redet. Wenn jemand übertrieben hat, dann war es in der vorigen Sitzung der Herr Oberbürgermeiſter, als er ſich hinſtellte und mit dem Bruſtton der Überzeugung rief: Da ſehen Sie, es gibt keine Notlage, denn ſonſt hätten nicht ſo und ſo viele Arbeiter aus Übermut geſtreikt! Meine Herren, gibt es eine ärgere Übertreibung, als zu be⸗ haupten, es haben ſo und ſo viele Arbeiter cee . während ſie tatſächlich entlaſſen worden ſind? Was nun die Frage der Pfuſcharbeit betrifft, ſo hat mir tatſächlich der Vertreter der Organiſation eine ganze Reihe von Punkten angegeben und nach⸗ gewieſen, daß an verſchiedenen Stellen Pfuſcharbeit verrichtet iſt, und er hat ſogar die Zeichnungen dazu geliefert, die ich dem Herrn Oberbürgermeiſter ſehr gern zur Verfügung ſtelle. Weiter ſagt der Herr Oberbürgermeiſter, er hätte Herrn Lehmann aufgefordert, ſofort mit den anderen Herren auf den Bau zu gehen und zu zeigen, wo denn ſchadhafte Stellen ſind. Ich glaube, meine Herren, daß hier ein Mißverſtändnis vorliegt. Ich ſchließe das daraus, daß Herr Lehmann in ſeinem Berichte ausdrücklich ſchreibt, daß er am Dienstag früh auf dem Bau geweſen iſt, und ſein Erſtaunen darüber ausdrückt, daß Herr Grunow bereits dage⸗ weſen ſei. Hier muß alſo offenbar ein Mißver⸗ verſtändnis vorliegen. — Wie war nun aber die Unterſuchung des Herrn Grunow in Gemeinſchaft mit Herrn Lehmann? Darüber ſchreibt Herr Lehmann mir folgendes: Grunow auf die angeführten Mängel wenig Bezug genommen, wollte nur ſehen, wo die Schicht verkauft, hat geſagt, geſtern ſchon mit Schmalz nachgeſehen, nichts gefunden. Lehmann zeigte alle ſichtbaren Mängel, aber die am Giebel verkaufte Schicht wollte Herr Grunow nicht ſehen. Denn er ſagte: ich ſehe nichts, Sie wollen bloß was ſehen, was nicht da iſt. Längere Auseinanderſetzung. Lehmann wollte dann eine Leiter holen laſſen, damit Grunow die Sache näher in Augenſchein nehmen kann. Grunow ſagte: es iſt Unſinn, und ging fort. Meine Herren, das iſt die Unterſuchung, wie ſie mir von einem Zeugen geſchildert worden iſt, an deſſen Glaubwürdigkeit zu zweifeln ich keinen Grund habe. Vielleicht erkundigt ſich der Herr Oberbürger⸗ meiſter auch danach. Der Herr Oberbürgermeiſter ſagte dann, Baetge hätte geſagt, die Arbeiter hätten ihn drangſaliert. Das iſt eine einſeitige Behauptung. Gewiß, die Arbeiter haben ihn drangſaliert, aber in anderm 199 —— Sinne, als der Herr Oberbürgermeiſter meint. Sie haben verlangt, daß die Vorſchriften inne gehalten werden, vor allen Dingen verlangt, daß alle die Beſtimmungen genau inne gehalten werden, die in den zwiſchen den Arbeitnehmern und der Arbeiter⸗ organiſation abgeſchloſſenen Verträgen enthalten ſind. Ein Betrunkener ſoll entlaſſen worden ſein — ein gewiſſer Neubauer, nebenbei bemerkt —, aber auf das Drängen der Arbeiter ſei er wieder ein⸗ geſtellt worden. Meine Herren, ſonderbar iſt es nur, daß dieſer angeblich Betrunkene ein Agitator iſt. Es war Herrn Baetge offenbar nicht lieb, daß ein Agitator auf dem Bau beſchäftigt wird. (Zuruf: Der kann doch auch betrunken ſein!) Die Behauptung, daß Jeder gezwungen worden ſei, dem ſozialdemokratiſchen Wahlverein beizutreten, iſt ſeitens des Herrn Oberbürgermeiſters nicht be⸗ wieſen worden und kann auch nicht bewieſen werden. Der Herr Oberbürgermeiſter führte an, die Maurer hätten ihm geſagt: Gezwungen haben wir niemand zum Beitrit', aber wir haben darüber geſprochen. Ja, meine Herren, iſt denn das den Leuten verboten? ſprechen Sie denn nicht auch bei der Arbeit oder ſonſtwo mit denjenigen, die Ihnen politiſch nahe ſtehen? machen Sie ſie nicht auch darauf anfmerkſam, daß jeder Menſch ſich um Politik zu kümmern, und daß er ſich derjenigen Partei anzuſchließen hat, die ſeine Intereſſen wahrnimmt? (Zuruf) — Auch bei der Arbeit geſchieht das. — Das ſoll den Maurern verboten ſein? So weit ſind wir glücklicherweiſe noch nicht. Der Herr Oberbürgermeiſter führte ferner eine Schauergeſchichte an, die vielleicht in einem Nachtrage zu der berüchtigten Denkſchrift über die ſelig ent⸗ ſchlafene Zuchthausvorlage Aufnahme finden könnte. Er ſagte, es wäre da ein Gerüſtpolier, der ſchon 25 Jahre bei Baetge beſchäftigt iſt, und von dem hätten die Arbeiter verlangt, daß er ſich dem ſozialdemo⸗ kratiſchen Wahlverein anſchließe; ſie hätten geſagt: ſonſt darfſt du hier nicht mehr Hand anlegen. Meine Herren, ich möchte den Herrn Oberbürgermeiſter fragen, ob tatſächlich die Maurer in der Unterredung dieſe Behauptung zugegeben haben, ob tatſächlich ſeitens der Vertreter der Maurer eingeſtanden worden iſt, daß ſie dem Polier für den Fall, daß er ſich nicht dem Wahlverein anſchließe, damit gedroht haben, daß er überhaupt nicht mehr Hand an die Arbeit legen darf. Ich erkläre ganz offen: wenn das der Fall iſt, wenn ſolche Drohungen vorgekommen ſein ſollten, dann würde ich ſie ganz entſchieden verurteilen, vielleicht noch viel entſchiedener, als ſie der Herr Oberbürgermeiſter verurteilt. Vorläufig aber glaube ich nicht daran, daß derartige Drohungen ausge⸗ ſprochen worden ſind, und der Herr Oberbürger⸗ meiſter hat ja auch das in ſeinen vorherigen Be⸗ hauptungen nicht erklärt. Es genügt mir nicht, daß Herr Baetge in ſeinem Schreiben das ſchildert, ſondern ich möchte direkt darüber Auskunft haben, ob die Maurer das dem Herrn Oberbürgermeiſter gegenüber in der Unterredung zugegeben haben. Als ganz horrende betrachtet es der Herr Ober⸗ bürgermeiſter, daß die Maurer die ſchwächeren Kollegen mitgeſchleppt haben. Ja, meine Herren, das trifft daß lich zu. Das iſt Grundſatz bei den Maurern, daß ſie diejenigen, die nicht mehr ſo recht vorwärts kommen, die ihre Arbeitskraft nicht mehr ſo voll verwerten können, mit durchſchleppen, und zwar ſorgen ſie dann dafür, daß dieſe an ſolchen Stellen beſchäftigt werden, wo die Arbeit nicht ſo