— 1114 — Nach den Ausführungen des Herrn Stadtv. Hirſch könnte man annehmen, als wenn die Arbeiter auf dem Bau hinſichtlich der Schutzmaßregeln ganz der Willkür des Unternehmers überlaſſen ſeien. Meine Herren, das iſt nicht der Fall. Wenn auf einem Bau ein Unglück paſſiert, ſo hat die Gemeinſchaft dafür aufzukommen, die einzelnen Bauintereſſenten haben zu den Koſten, die dieſer Unglücksfall verur⸗ ſacht, beizuſteuern. Die Nordöſtliche Berufsgenoſſen⸗ ſchaft hat ja am allermeiſten als eigentlicher Träger dieſer Geſamtheit der Bauintereſſenten darüber zu wachen, daß die größtmögliche Sicherheit für die Arbeiter gegeben iſt. Das iſt in der Weiſe bewerk⸗ ſtelligt worden, daß außer den permament gewählten Vertrauensmännern der Nordöſtlichen Baugewerks⸗ Berufsgenoſſenſchaft auch noch viele andere Unter⸗ nehmer, die hierzu von der Berufsgenoſſenſchaft heran⸗ gezogen werden, Vollmachten ausgeſtellt erhalten und die Aufgabe haben, auf ihren Geſchäftswegen die betreffenden Bauten — ich will nicht ſagen: direkt zu kontrollieren, aber doch im Auge zu behalten, und wenn ihnen etwas auffällt, was nicht vorſchrifts⸗ mäßig angeordnet oder nicht ſolide ausgeführt iſt, kraft ihrer Vollmacht einzuſchreiten. Uber die Vor⸗ ſchriftsmäßigkeit einer Rüſtung läßt ſich ſehr viel ſtreiten; es iſt das Gefühl, das ich habe, ob eine Rüſtung ſolide oder unſolide gebaut iſt. Kraft der ihnen erteilten Vollmacht haben ſie dann die Mög⸗ lichkeit, einzuſchreiten und der Nordöſtlichen Bau⸗ gewerks⸗Berufsgenoſſenſchaft weiter zu melden. Ich ſelbſt befinde mich auch im Befitze einer ſolchen Voll⸗ macht. Nun iſt aber nicht allein die Nordöſtliche Baugewerks⸗Berufsgenoſſenſchaft die alleinige Be⸗ hörde, die eine Kontrolle ausübt. Von Zeit zu Zeit werden die Bauten von den Königlichen Bauinſpek⸗ tionen in bezug auf die ganze Ausführung der Bau⸗ arbeiten und auch hinfichtlich der Sicherung der Schutzmaßregeln einer eingehenden Kontrolle unter⸗ worfen. Ich meine daher, die Arbeiter haben ſich hier an eine ganz falſche Quelle gewandt. Wenn ihnen die Rüſtungen nicht ſtabil genug erſchienen, ſo hätten ſie ſich entweder an die Berufsgenoſſenſchaft oder ſonſt an irgend ein Polizeirevier wenden ſollen, und es wäre umgehend ein Beamter dageweſen. Die Bauunternehmer ſtehen heute ſo unter dem Drucke der Königlichen Aufſichtsbehörde, daß eigentlich von einer laufenden Unſolidität gar keine Rede ſein kann. Das Bild, was uns hier heute entrollt worden iſt, wiederholt ſich leider Gottes auf allen Bauten in Berlin. Es iſt immer dasſelbe: die Arbeiter wollen durch ihre Organiſation möglichſt alles erreichen und dem Bauunternehmer nichts zugeſtehen. Dadurch iſt ein Verhältnis geſchaffen worden, was auf die Dauer nicht zu einer gedeihlichen Entwicklung führen kann. Es wäre wohl angebracht, wenn die Herren Leiter dieſer Organiſation mehr darauf hinarbeiten würden, das gedeihliche Verhältnis zwiſchen den Unternehmern und den Arbeitern zu fördern, als es durch ſolche Anträge auseinander zu bringen. Stadtv. Scharnberg: Meine Herren, Herr Kollege Mittag führte aus, es müßten andere Verhältniſſe eintreten, um die Harmonie zwiſchen Arbeitern und Unternehmern herbeizuführen. Er und ſeine Fraktions⸗ freunde werden ſich daran erinnern, daß ſchon in den dreißiger Jahren dieſer Zwiſt Platz gegriffen hat. Wenn heute geſagt wird, das ſeien ſozial⸗ demokratiſche Arbeiter, ſo möchte ich feſtſtellen, daß das Statut der Maurer lautet, daß alle religiöſen und politiſchen Fragen bei ihren Verhandlungen und ſonſtigen Unternehmungen ausgeſchloſſen ſind. Alſo Politik und Religion dürfen ſie nicht in ihren Verſammlungen treiben. Ich möchte nun weiter ſagen: wenn das alles Sozialdemokraten wären, die der freien Gewerkſchaft angehören, dann würden dieſe Verhältniſſe wahrſcheinlich nicht eintreten. Ich glaube ganz beſtimmt, daß dann die Forderungen der Arbeiter mehr reſpektiert werden würden, als es heute geſchieht. Man kann es den Arbeitern doch wirklich nicht verdenken, daß ſie ihre Kraft ſo teuer zu Markte tragen wie nur irgend möglich. So gut wie jeder Unternehmer verſucht, das heraus⸗ zuſchlagen, was irgend möglich iſt, ebenſo tun es auch die Arbeiter, und das ſollte man auch den Arbeitern zugeſtehen, daß ſie ihre Forderungen vor jedermann vertreten. Weiter iſt hier nichts geweſen. Wenn hier geſagt wird, daß wegen eines Be⸗ trunkenen die Arbeiter ſich ſolidariſch erklärt haben, ſo glaube ich das einfach nicht. Ich habe auch gearbeitet, ich habe darauf gehalten, pünktlich und fleißig zu ſein, und ſelbſtverſtändlich habe ich mir auch nichts gefallen laſſen; wenn ich eine Forderung geſtellt habe, ſo habe ich das in beſcheidener Form getan. Und das geſchieht auch heute von den Leitern. Es wird an keiner Stelle, am allerwenigſten von den Leitern ein ſolches Vorgehen gebilligt werden. Wenn es heißt, es iſt ein Mann wegen Trunkenheit oder ſonſt wegen Flegeleien, wenn ich mich ſo aus⸗ drücken ſoll, entlaſſen worden, dann treten die or⸗ ganiſierten Arbeiter nicht für den Mann ein. So iſt die Sache alſo nicht. Das iſt ja ſelbſtverſtändlich, daß der Bau⸗ unternehmer, der Maurerpolier uſw. ihre eigenen Intereſſen vertreten. Ebenſo geſchieht es bei den Arbeitern. Ich glaube, es ſind Fachleute hier im Saal, die wohl unterſcheiden können, daß, wenn ein Arbeiter 550—600 Steine vermauert und ein anderer, der im Akkord arbeitet, vermauert 900 Steine, die Arbeit des letzteren nicht ſo ſolide ausgeführt ſein kann. Das iſt doch wohl klar. Was die Wiedereinſtellung anbetrifft, ſo ſollten, ſoweit ich davon unterrichtet bin, die Lohnarbeiter an die Stelle geſtellt werden, wo es darauf ankommt, gute Arbeit leiſten zu müſſen, während an den übrigen Stellen die Akkordarbeiter weiter arbeiten ſollten. Es iſt ganz natürlich, und das wird jeder einzelne verſtehen, daß, wenn zwei Parteien auf einem Bau arbeiten, das zu nichts Gutem führen kann. Stadtv. Dr. Crüger: Meine Herren, wir werden nach den Ausführungen des Herrn Oberbürgermeiſters jedenfalls die Überzeugung gewonnen haben, daß der Magiſtrat ſein Möglichſtes getan hat, um Klarheit in dieſe Dinge hineinzubringen, und daß die Unter⸗ ſuchungen, die der Herr Oberbürgermeiſter veranſtaltet hat, mit der notwendigen Objektivität und Vorſicht geführt worden ſind. Ich glaube nicht, daß es dem Herrn Oberbürgermeiſter ähnlich gegangen iſt wie dem Herrn Kollegen Hirſch, daß er ſich mit der Antwort irgendeines der Beteiligten begnügt hat, ohne ſie ſich näher anzuſehen, (Oho! bei den Sozialdemokraten) während der Herr Kollege Hirſch einen Zettel, ohne ihn, wie er ſelber ſagt, näher zu beſehen, dem Herrn Oberbürgermeiſter zuſteckt und ſich dann heute ruhi gefallen laſſen muß, daß ihm vorgehalten wird, da die 2. die in dem Zettel geſchildert waren, ſich nicht vollſtändig mit dem decken, was er heute en vorträgt. An ſeiner eigenen Glaubwürdigkeit zweifeln wir ſelbſtverſtändlich nicht. Der Herr Kollege Hirſch