—— 114 — auf die Sache ſelbſt einzugehen. Zunächſt möchte ich mich aber mit den Ausführungen des letzten Herrn Redners beſchäftigen. Den Vorwurf, daß die Reden zum Fenſter hin⸗ aus gehalten worden ſind — — (Vorſteher Roſenberg: Das iſt bereits von mir gerügt; kommen Sie bitte nicht darauf zurück!) — hat bereits der Herr Vorſteher gerügt, ich brauche nicht darauf zurückzukommen. Es bleibt mir nur noch übrig, die eine Bemerkung des Herrn Kollegen Stadthagen unter die Lupe zu nehmen, daß wir mehrere halbſtündige Reden in dieſer Sache gehalten haben. Ich muß ſagen, es wundert mich, daß gerade Herr Kollege Dr. Stadthagen uns das Vielreden vorwirft. Allzu beſcheiden in ſeinen Reden iſt doch Herr Kollege Stadthagen wahrhaftig nicht. (Heiterkeit.) Herr Kollege Stadthagen ſagte dann, ich hätte Ein⸗ zelfälle in der bekannten ſozialdemokratiſchen Weiſe verallgemeinert Woher Herr Kollege Stadthagen ſeine Kenntnis von der Sozialdemokratie hat, weiß ich nicht. (Zurufe: Vom Bruder! — Große Heiterkeit.) Ich weiß nicht, ob er vielleicht durch ſeine verwandt⸗ ſchaftlichen Beziehungen etwas näher in die Interna der Sozialdemokratie eingedrungen iſt. — (Erneute Zurufe. Heiterkeit. Glocke des Vorſtehers.) Vorſteher Roſenberg (unterbrechend): Auf die verwandtſchaftlichen Beziehungen eines Stadtver⸗ ordneten dürfen Sie nur dann eingehen, wenn der betreffende Verwandte ein Mitglied der Verſammlung oder des Magaiſtrats iſt. (Heiterkeit. Zurufe: Kann er ja nicht!) Stadtv. Hirſch (fortfahrend): Es tut mir leid, daß ich darauf nicht eingehen darf. — Ich möchte dann nur Herrn Kollegen Stadthagen bitten, doch den Nachweis zu erbringen, wo ich irgend einen Einzelfall heute verallgemeinert habe. Ich habe mich ſtreng an den vorliegenden Fall gehalten, bin auch mit keinem Worte davon abgewichen. Herr Kollege Stadthagen wirft uns ferner die Stellung von tendenziöſen Anträgen vor; er ſagt: die Tendenz des Antrages iſt die Hauptſache. Nein, meine Herren, in der Hauptſache kommt es uns da⸗ rauf an, durch unſern Autrag das zu erreichen, was wir uns als Ziel geſteckt haben, und das geht Ihnen allen ſo. Wir ſtellen keine Anträge, bloß um Reden zu halten, ſondern wir ſtellen Anträge, um auch wirklich Praktiſches zu erzielen. Herr Kollege Stadthagen wundert ſich darüber, daß das Streben der Arbeiter dahin gehe, möglichſt wenig zu arbeiten bei möglichſt hohem Lohn. Meine Herren, das iſt ein Streben, das nicht nur die Ar⸗ beiter kennzeichnet, ſondern das auch noch andere Sterbliche kennzeichnen ſoll. (Sehr gut! und Heiterkeit.) Es gibt ſogar Leute, die darin einen Kultur⸗ fortſchritt erblicken, wenn man ſich nicht bis in die ſpäte Nacht hinein bei möglichſt kärglichem Lohne ausbeuten läßt, ſondern wenn man die Arbeit ein⸗ zuſchränken ſucht. Ich glaube, Herr Kollege Stadt⸗ hagen würde gar nichts dagegen haben, wenn ſeine Berufstätigkeit eingeſchränkt würde, damit er mehr 4 hätte, ſich mit kommunalpolitiſchen und ſonſtigen ragen zu beſchäftigen. (Heiterkeit.) Dann würde Herr Kollege Stadthagen vielleicht auch genügend Muße finden, ſich einmal näher über die Frage des Verhältniſſes der Baukoſten zur Wohnungs⸗ miete zu informieren. Ich will darauf jetzt nicht eingehen, ſondern ihm nur ſagen, daß darüber ſehr eingehende Unterſuchungen in den Schriften des Ver⸗ eins für Sozialpolitik veröffentlicht ſind, die unge⸗ fähr gerade das Gegenteil von dem beweiſen, was er heute behauptet hat. Herr Kollege Mittag meinte, die Arbeiter wollen durch ihre Organiſation möglichſt alles erreichen, aber ſie geſtehen dem Bauunternehmer nichts zu. Gewiß. meine Herren, dazu organiſieren ſich die Arbeiter, um möglichſt alles zu erreichen; aber daß ſie dem Bauunternehmer nichts zugeſtehen, das trifft einfach nicht zu. Was dem Bauunternehmer und was dem Arbeiter zuſteht — natürlich nur, ſoweit das Ar⸗ beitsverhältnis inbetracht kommt iſt gerade im Baugewerbe ganz genau vertraglich geregelt. Meine Herren, allzu ſehr haben doch wahrhaftig die armen Bauunternehmer noch nicht unter den Anſprüchen und Forderungen der Arbeiter zu leiden; wenigſtens beweiſt das die Tatſache, daß es trotz der erhöhten Anſprüche der Maurer den Bauunternehmern heute noch ganz gut geht. Herr Kollege Mittag ſagte weiter. die Organiſations⸗ leiter ſollten das gedeihliche Verhältnis zwiſchen Unter⸗ nehmer und Arbeiter lieber fördern, ſtatt es durch ſolche Anträge auseinander zu bringen. Ich weiß nicht, ob Herr Kollege Mittag uns, die wir den An⸗ trag geſtellt haben, als Organiſationsleiter betrachtet. Wir ſind das nicht. Wenn er aber von dem ge⸗ deihlichen Verhältnis zwiſchen Arbeiter und Unter⸗ nehmer ſpricht, ſo wird er vielleicht wiſſen, daß ſolch gedeihliches Verhältnis heute tatſächlich nicht mehr beſteht, und daß es ganz zwecklos iſt, dieſes gedeihliche Verhältnis zu fördern. Es gibt eben Gegenſätze zwiſchen Arbeiter und Unternehmer, die nicht aus der Welt zu ſchaffen ſind, und es wäre ganz verfehlt, dieſe Gegenſätze künſtlich zu überbrücken. Meine Herren, ich hatte vorhin, als ich auf die Frage der Akkordarbeit einging, noch vergeſſen, einen Fall zu erwähnen, der vielleicht einigen der anweſen⸗ den Herren noch in friſcher Erinnerung iſt: das iſt das Bauunglück, das ſi) in Halenſee, wenn ich nicht irre, vor 4 Jahren ereignet hat. Da iſt bekanntich in⸗ folge ſchlechter Verankerung das Treppenhaus einge⸗ ſtürzt, und es ſind verſchiedene Leute dabei zu Tode gekommen. Auf dieſem Bau waren Akkordarbeiter beſchäftigt. Solcher Fälle ließen ſich eine ganze Reihe anführen, wo katſächlich durch die ſchlechte Akkordarbeit Unglücksfälle herbeigeführt worden ſind. Meine Herren, es wurde mir von dem Herrn Kollegen Dr. Crüger, glaube ich, vorgeworfen, daß ich einſeitig vorgegangen ſei. Nun, ich berufe mich ja ſonſt nicht auf das Zeugnis desjenigen Herrn, mit dem ich mich gerade auseinanderſetze; aber in dieſem Falle möchte ich mich doch auf das Zeugnis des Herrn Oberbürgermeiſters zum Beweiſe dafür berufen, daß die Behauptung, ich ſei einſeitig vorge⸗ gangen, abſolut unrichtig iſt. Wenn überhaupt jemand in dieſer Sache objektiv vorgegangen iſt, ſo⸗ weit das in ſeinen Krüften ſteht, ſo bin ich es. Ich war es ja, der dem Herrn Oberbürgermeiſter das Material, das mir zugegangen iſt, überreicht hat; ich war es, der den Herrn Oberbürgermeiſter gebeten hat. ſich mit den Maurern über die Sache zu unter⸗ halten, worauf der Herr Oberbürgermeiſter in dankens⸗ werter Weiſe ohne weiteres eingegangen iſt, und ich war es, der nachher ſich an die Maurer gewandt