—— 120 —— Siadiverordnetenverſammlung damit einverſtanden iſt. — Ich ſtelle alſo damit auch die beiden Anträge des Herrn Stadtv. Hirſch zur Beratung. Antragſteller Stadtv. Hirſch: Meine Herren, auch wir begrüßen den Plan der Hebung der Volks⸗ ſchulen mit Frende; aber wir ſind nicht ſo genügſam wie die Herren von der liberalen Fraktion. Wir können nicht einſehen, daß die Hebung der Volks⸗ ſchulen nicht Hand in Hand gehen kann mit der Gewährung freier Lernmittel an die Schüler der Gemeindeſchulen. Wir haben uns aus dieſem Grunde veranlaßt geſehen, unſern bereits in früheren Jahren wiederholt geſtellten Antrag von neuem einzubringen, und bitten Sie, im Falle der Ablehnung dieſes An⸗ trages wenigſtens dem Antrage zuzuſtimmen, den der Etatsausſchuß in erſter Leſung angenommen hat. Ich kann Herrn Dr. Spiegel darin nicht Recht geben. daß, wenn wir auf unſerer Forderung der Gewährung freier Lernmittel beharren würden, der Plan der Hebung der Voltsſchulen gefährdet würde. Wer den Debatten im Etateausſchuß aufmerkſam gefolgt iſt. wird zu der Überzergung gekommen ſein, daß der Magiſtrat grundſätzlich Gegner der Gewährung freier Lernmittel iſt, daß er auch einen inneren Zuſammen⸗ hang zwiſchen den beiden Fragen nicht konſtruiert hat. Der Magiſtrat will überhaupt von der Ge⸗ währung freier Lernmittel nichts wiſſen. Würde er prinzipiell auf dem Standpunkte ſtehen, auf dem wir ſtehen, ſo würde er wohl noch imſtande geweſen ſein, neben der Forderung für die Hebung der Volkeſchulen auch die Pofition für die Gewährung freier Lernmittel in den Etat einzuſtellen. Herr Kollege Dr. Spiegel hat zu der Reſolution des Etatsausſchuſſes einige Anderungen beantrogt, die ja zweifellos Verbeſſerungen bedeuten. Trotzdem ſind meine Freunde nicht in der Lage, der Reſolution zuzuſtimmen. Allerdings ſteht darin nur. wir hätten von irgendwelchen Magiſtratsbeſchlüſſen Kenntnis genommen; aber, meine Herren, nicht auf den Wort⸗ laut der Inhalt, und wenn heute die Verſammlung der Reſolution zuſtimmt, dann erklärt ſie ſich mit dem Kompromiß einverſtanden, das bereits im Etats⸗ ausſchuß zuſtande gekommen iſt, dem Kompromiß nämlich, daß wir für acht Jahre auf eine Forderung verzichten ſollen, während der Magiſtrat ſeinerſeits in dieſen acht Jahren die Hebung der Volksſchule anſtrebt. Würde ich ich ſage das nur für meine Perſon — heute der Reſolution in der Form de⸗ Etatsausſchuſſes oder in der von Herrn Dr. Spiegel beantragten Form zuſtimmen, ſo würde auch ich mich moraliſch gebunden halten, ich würde glauben, daß ich kein Recht hätte, innerhalb der nächſten acht Jahre mit dem Antrag auf Gewährung freier Lern mitiel wiederzukommen. Da ich das nicht will, da ich mir meine freie Entſcheidung vorbehalten will, da ich bei jeder Gelegenheit, wo es mir paßt, unſere grundſätzlichen Anträge wieder einbringen will, ſo bin ich zu meinem Bedanern nicht in der Lage, der Reſolution des Etatsausſchuſſes zuzuſtimmen. Meine Herren, auf die Frage der Gewährung freier Lernmittel brauche ich nur ſehr kurz einzu⸗ ehen. Wir haben uns mit der Frage in früheren ahren wiederholt beſchäftigt, wir haben auch im Etatsausſchuß ſehr eingehende Debatten darüber ge⸗ habt. Nur eins möchte ich betonen, daß dieſer Antrag, wie die Herren Liberalen früher immer mit gerſ ſagten, kein Antra von der ſozialdemokratiſchen Partei ausgegangen iſt, Reſolution kommt es an, ſondern auf den iſt, der urſprünglich ſi ſondern es läßt ſich aktenmäßig feſtſtellen, daß es ſich hier um einen urſprünglich liberalen Antrag handelt, das heißt um einen Antrag, den die Herren von der liberalen Fraktion zu einer Zeit, wo über⸗ haupt noch keine Sozialdemokraten hier im Stadt⸗ parlament ſaßen, geſtellt haben. Das kann uns natürlich nicht hindern, unſererſeits jetzt, wo die Herren Liberalen von ihrem Antrage nichts mehr wiſſen wollen, ihn wieder aufzunehmen. Wir haben uns zuletzt im Plenum am 16. März 1904 mit dem Antrage beſchäftigt. Meine Herren, damals ſtand nicht etwa der ſehr beſcheidene Antrag zur Debatte, 7500 ℳ zur Gewährung von Lernmitteln an Schüler der unterſten Klaſſe in den Etat einzu⸗ ſtellen, ſondern damals ſtand der Antrag zur Be⸗ ratung, die Summe von 100 000 ℳ in den Etat einzuſtellen zur Gewährung von Lernmitteln an alle Schüler der Gemeindeſchulen. Es hat ſich nicht ein einziger Liberaler gefunden, der damals gegen den Antrag geſtimmt hat. Wir hatten namentliche Ab⸗ ſtimmung beantragt. Die Herren Liberalen, ſo weit ſie im Saale anweſend waren, haben in nament⸗ licher Abſtimmung für den Antrag geſtimmt; die übrigen, die nicht recht für den Antrag zu haben waren, haben es nicht gewagt, dagegen zu ſtimmen, ſie haben ſich der Abſtimmung enthalten, indem ſie während dieſer Zeit ſich aus dem Saale entfernten. Ich konſtatiere alſo, daß damals kein einziger Liberaler gegen den Antrag geſtimmt hat. Der Antrag wurde trotzdem abgelehnt und eine gemiſchte Deputation eingeſetzt, die die Frage der Gewährung freier Lernmittel prüfen ſollte. Die gemiſchte Deputation iſt zu keinem Reſultat gekommen, fie hat ihre Verhandlungen nach einer oder nach zwei Sitzungen abgebrochen, um erſt zu warten, was für Beſchlüſſe in der Frage der Hebung der Volksſchulen gefaßt werden. Für uns, meine Herren, handelt es ſich bei dieſer Frage um ein Prinzip. Ebenſo wie wir die allgemeine Schulpflicht haben, wie wir die Unentgeltlichkeit des Unterrichts haben, ſo verlangen wir auch die Unentgeltlichkeit der Lernmittel, genau ſo wie ja auch beim Militär beiſpielsweiſe die Lern⸗ mittel, d. h. diejenigen Mittel, die zur Ausbildung nötig ſind, vollkommen unentgeltlich hergegeben werden. Meine Herren, eine Reihe anderer Städte iſt uns auf dieſem Gebiete ſchon vorangegangen. Soweit ich die Literatur verfolgt habe, werden in Fürth ſeit dem Jahre 1901 für die beiden unterſten Klaſſen freie Lernmittel gewährt. In Straßburg im Elſaß ſind in den Etat für 1905/6 25 000 ℳ eingeſtellt zur Gewährung freier Lernmittel an alle zu Oſtern eingetretenen Volksſchüler. Zu Mül⸗ hauſen i. E. werden ſeit 1905 ſämtlichen Volks⸗ ſchülern freie Lernmittel bewilligt. Alſo Beiſpiele anderer Städte liegen bereits vor. Wir wären keineswegs die erſten, die auf dieſem Gebiete bahn⸗ brechend vorangingen. Es fragt ſich, ob wir imſtande ſind, die Koſten für die Lernmittel aufzubringen. In der gemiſchten Deputation iſt uns eine ſehr intereſſante und ſehr ausführliche Berechnung über die Koſten vorgelegt worden. Es wurde damals ſeitens des Magiſtrats⸗ vertreters feſtgeſtellt, daß ſich die Koſten ungefähr auf 108 750 ℳ belaufen würden Nehmen wir dieſen Satz als richtig an, ſo würden tatſächlich die Mehrkoſten nur 88750 dℳ ausmachen, da jetzt bereits 20 000 ℳ für Gewährung von Lernmitteln an unbemittelte Volksſchüler in den Etat eingeſtellt ind. Auf jedes Kind würden ungefähr 4 bis ℳ Unkoſten entfallen. Nun ſind heute die Ausgaben