— 122 immer wieder zu kommen. Wir gehören nun ein⸗ mal nicht zu denen, die um ein Linſengericht ihre Prinzipien verkaufen. (Lachen.) Wir halten an unſern Grundſätzen feſt und laſſen uns nicht von unſern Grundſätzen abbringen. auch nicht durch die Erklärung des Magiſtrats, zumal ſich beide Beſtrebungen ſeyr wohl nebeneinander durch⸗ führen laſſen. Meine Herren, wir haben vor zwei Jahren, als wir das letzte Mal den Antrag ſtellten, nament⸗ liche Abſtimmung beantragt. Es iſt intereſſant, zu erfahren, daß damals von den jetzt noch amtierenden liberalen Kollegen die Herren Dr. Crüger, Kaufmann, Leben, Marcus, Münch, Otto, Dr. Penzig und Dr. Spiegel für die Bewilligung von 100 000 für freie Lernmittel geſtimmt haben. Wir werden uns erlauben, auch diesmal wieder namentliche Ab⸗ ſtimmung über unſere beiden Anträge zu beantragen. Wir halten es doch für den künftigen Geſchichts⸗ ſchreiber Charlottenburgs für ſehr wichtig, einmal zu erfahren, welches die Namen der Charlottenburger Stadtwerordneten ſind, die auch in dieſer Frage ſich wieder einmal auf den Standpunkt geſtellt haben: hier ſtehe ich, ich kann auch anders! (Bravo! bei den Sozialdemokraten. Ironiſches „Sehr gut!“ bei den Liberalen.) Vorſteher Roſenberg: Es iſt namentliche Ab⸗ ſtimmung in der von der Geſchäftsordnung vorge⸗ ſchriebenen Form beantragt, ich nehme an, über Ihren Antrag, die Poſition auf 120 000 ℳ zu erhöhen. (Stadtv. Hirſch: Nein, gerade über den Eventualantrag!) Alſo über den Antrag, 7500 ℳ in den Etat ein⸗ zuſetzen. (Zuſtimmung des Stadtv. Hirſch.) Oberbürgermeiſter Schuſtehrus: Ohne auf die Sache ſelbſt eingehen zu wollen, muß ich doch einige 404 über den Antrag des Herrn Stadtv. Dr. Spiegel agen: Der Antrag. meine Herren, kommt dem Magiſtrat überraſchend. Ich möchte mir erlauben, Sie hinzu⸗ weiſen auf die Entwicklung der Dinge im Etats⸗ ausſchuß. Im Etatsausſchuß war der Antrag geſtellt worden, 7500 ℳ einzuſetzen, um den Schülern und Schülerinnen der Gemeindeſchulen in der unterſten Klaſſe durchweg freie Lernmittel zu gewähren, ob die Eltern bemittelt ſind oder nicht. Gegen dieſen Antrag hat ſich der Magiſtrat ſehr energiſch gewendet, wie er dies ſchon bei den verſchiedenſten Gelegen⸗ heiten im Laufe der letzten 6 oder 7 Jahre auch in der öffentlichen Stadwverordnetenverſammlung und in früheren Etatsausſchüſſen immer getan hat. Es wurde nun der Wunſch ausgeſprochen, der Magiſtrat möge mit der Hevung der Volksſchulen raſch vorgehen, und zwar ſo, daß ſie im nächſten Jahre noch berückſichtigt werden können, und da die Mittel noch in den nächſten Etat eingeietzt werden können. Dieſem Wunſche ſind wir nachgekommen: wir haben ſofort in der nächſten Magiſtratsſitzung die Angelegenheit — ich glaube, in einer vierſtündigen Debatte erledigt, und der Magiſtrat hat ein⸗ ſtimmig die Beſchlüſſe der Kommiſſion über die Hebung der Volksſchulen angenommen und beſchloſſen, daß die dazu zunächſt erforderlichen Mittel in Höhe von 2000 ℳ in den Etat 1906 eingeſetzt werden ſollen. Aber, meine Herren, bei der Erwägung dieſes ß ungeheuer, daß von Ihnen ausgehenden Wunſches, ſchon im nächſten Jahre mit der Angelegenheit, zu beginnen, hat der Magiſtrat ſich nicht der Erwägung verſchließen können, daß es dringend geboten iſt, bei dieſem großen Werke, das wir nun vorhaben, uns gleich⸗ zeitig zu überlegen: was wird das Werk koſten? Und das ſind wir heute noch nicht in der Lage zu überſehen. Wir werden erſt allmählich beim weiteren Aufbau und bei der weiteren Durchführung dieſer Reform, die eine ſehr große Reihe von Jahren — wir haben gemeint: 8 Jahre — dauern wird, über⸗ ſehen können, mit welchen Mitteln wir jeden Etat belaſten müſſen. Wir haben uns geſagt, daß wir dann jedenfalls ſehr vorſichtig ſein müſſen mit neuen Verſuchen, die uns ebenfalls Geld koſten, und bei % denen wir ebenfalls nicht überſehen können, wieviel ſie koſten. So müſſen wir handeln, um die Stabilität unſeres Etats für die Zukunft von 8 Jahren, auf die wir uns jetzt ja binden durch den Beſchluß, die Hebung der Volksſchulen vorzunehmen, nicht über den Haufen zu werfen. Es liegt in finanzieller Beziehung, namentlich wenn wir unſern Schulden⸗ dienſt in Betracht ziehen, der in den nächſten Jahren auf das äußerſte angeſpannt wird, die Notwendigkeit, die Pflicht für den Magiſtrat vor, die finanziellen Dinge der Stadt ſo zu geſtalten, daß die Stadt nicht in Schwierigkeit gerät. Der Magiſtrat hat es abgelehnt, einen grund⸗ ſätzlichen Beſchluß über die Frage der Gewährung der freien Lernmittel auch an Bemittelte zu faſſen. Er ſagt, daß auch die finanzielle Erwägung allein uns zwingt, zu ſagen: wir müſſen für die Dauer der Durchführung unſerer Schulreform, die uns finanziell ſehr erheblich belaſtet, befreit ſein von anderen großen Aufgaben auf dieſem Gebiete, die uns ebenfalls ſchwer belaſten und ſo, daß wir es nicht überſehen können, in welchem Maße. In⸗ folgedeſſen habe ich im Namen des Magiſtrats in der letzten Etatsauscchußſitzung erklärt, daß eine Vor⸗ lage an die Stadtverordnetenverſammlung kommen würde: a) auf Hebung der Volksſchulen, b) auf Vertagung der Erörterung der Angelegenheit der freien Lernmittel bis zur Durchführung dieſer Reform zu a, d. i. alſo auf § Jahre. Wir haben mit dem Etatsausſchuß nun gewiſſer⸗ maßen ein Kompromiß geſchloſſen; der Etatsausſchuß hat ſich damit einverſtanden erklärt. Teilweiſe haben ſich die Herren geſagt: wir ſehen ein, eine ſolche Beunruhigung des Etats muß für die Zeit der Durchführung dieſer bedeutenden und große Mittel erfordernden Reform hinausgeſchoben werden. Die andern haben ſich geſagt: wir nehmen das Größere lieber als das Kleinere, unſere Zeit kommt auch ſpäter. Aber, meine Herren wie auch die Mo⸗ tive bei den einzelnen geweſen ſein mögen —, wir haben ein Kompromiß geſchloſſen, und von dieſem Kompromiß will Herr Stadtv. Dr. Spiegel jetzt abgehen. Das verändert die Situation doch ſo ich mir die Stellungnahme und Er⸗ klärung des Magiſtrats zu dieſer veränderten Sach⸗ lage vorbehalten muß. Ich weiß nicht, wie der Magiſtrat in der Sache entſcheiden wird, ob er bereit ſein wird, die 2000 ℳ, die Sie um 3000 %. auf 5000 ℳ erhöhen wollen, ob dieſe Poſition vom Magiſtrat dann unter den veränderten Bedin⸗ gungen angenommen werden wird oder nicht. Ich weiß es nicht. Wenn der Antrag Spiegel angenommen wird, iſt jedenfalls die Situation äußerſt zweifelhaft, während ſie bei der Reſolution des Etatsausſchuſſes völlig klar war. Da wußten wir alle, es geſchieht