Wir beginnen heute mit Kapitel V. Armenweſen. Berichterſtatter Stadtv. Hirſch: Meine Herren, im Etatsausſchuß fand zunächſt eine allgemeine Be⸗ ſprechung über unſer Armenweſen ſtatt. Es handelte ſich darum, die Steigerung der Ausgaben für die Armenpflege zu beſprechen und die Gründe der wachſenden Ausgaben zu erforſchen. Ich glaube, mit Rückſicht auf die Geſchäftslage der Verſammlung auf eine ausführliche Wiedergabe der Verhandlungen des Ausſchuſſes verzichten zu können; ich verweiſe die Herren, die Intereſſe daran haben, auf den Ihnen zugegangenen Verwaltungsbericht über die Armen⸗ und Waiſenpflege Charlottenburgs im Jahre 1904; ſie werden dort alles verzeichnet finden, was im Etatsausſchuß beſprochen worden iſt. Des weiteren hat der Ausſchuß ſich mit der Frage der Errichtung eines ſtädtiſchen Waiſenhauſes beſchäftigt. Von einem beſtimmten Antrage wurde Abſtand genommen mit Rückſicht darauf, daß der Magiſtrat uns demnächſt eine entſprechende Vorlage unterbreiten wird. Wir werden, wenn dieſe Vorlage an uns gelangt, Gelegenheit haben, darüber zu reden. Eine andere Frage, die in der Generaldebatte beſprochen war, iſt die der Generalvormundſchaft. Die Deputation für die Waiſenpflege hat ſich mit dieſer wichtigen Angelegenheit beſchäftigt und hat auch bereits einen beſtimmten Beſchluß nach der Richtung hin gefaßt. Der Magiſtrat hat zu dieſem Beſchluß noch keine Stellung genommen; das wird aber vorausſichtlich ja auch in abſehbarer Zeit ge⸗ ſchehen, und die Stadtverordnetenverſammlung wird dann Gelegenheit haben, ſich auch über dieſe Frage zu unterhalten. Im einzelnen, meine Herren, hat der Etats⸗ ausſchuß die baren Unterſtützungen in Abſchnitt 1 Nr. 1 im allgemeinen von 430000 ℳ auf 470000 ℳ erhöht. Es wurde gleich bei der erſten Beſprechung des Armenetats im Ausſchuß darauf hingewieſen, daß wir mit der vom Magiſtrat urſprünglich ein⸗ geſtellten Summe von 430 000 ℳ vorausſichtlich nicht auskommen würden; wenigſtens iſt nach dem Ergebnis des letzten Jahres das nicht zu erwarten. Da nun die Stadtverordnetenverſammlung wieder⸗ holt den Wunſch ausgeſprochen hat, daß der Etat der Armenverwaltung von vornherein ſo bemeſſen wird, daß wir vor Anträgen auf Nachbewilligungen möglichſt verſchont bleiben, ſo hat der Etatsausſchuß beſchloſſen, die Beratung dieſer Poſition auszuſetzen, um dem Magiſtrat noch einmal Gelegenheit zu geben, hierzu Stellung zu nehmen. Der Magiſtrat hat dann in einer ſpäteren Sitzung die Summe um 40 000 ℳ erhöht. Der Etatsausſchuß iſt dieſem Antrage beigetreten, und ich bitte auch Sie, dem Lukr 9e Ihre Zuſtimmung zu geben. eim Abſchnitt 3 ſind Veränderungen nicht eingetreten. Doch hat der Etatsausſchuß beſchloſſen, Ihnen zu empfehlen: Der Magiſtrat wird erſucht, in Erwägung zu ziehen, ob ſich die Einführung der freien Arzt⸗ wahl für die Armenkrankenpflege empfiehlt. Eine beſtimmte Stellung für oder gegen die freie Arztwahl für die Armenkrankenpflege hat der Etats⸗ § ausſchuß nicht genommen und konnte er auch natur⸗ gemäß nicht nehmen. Es handelt ſich nur darum, den Magiſtrat zu erſuchen, in Erwägungen über dieſe Frage einzutreten. In Abſchnitt 5 iſt die Poſition Nr. 8 — Zur Erſtattung für bare Auslagen an die Armen⸗ kommiffions⸗Vorſteher uſw. — auf 7200 ℳ erhöht. Dieſe Erhöhung iſt eine Folge der von uns ge⸗ nehmigten Teilung eines Armenkommiſſionsbezirks. Schließlich ſind noch in Abſch nitt 8 einige Anderungen getroffen, die aber unweſentlicher Natur ſind. Es handelt ſich nur darum, daß einige Poſitionen anders benannt werden; aber die Ge⸗ ſamtſumme bleibt die gleiche. Der Aus⸗ ſchuß beantragt, die Poſition Nr. 5 folgendermaßen zu faſſen: Nr. 5 — Unterhaltung 2) der Gebäude — herabgeſetzt von 5000 ℳ auf 4000 ℳ, b) der Keſſel und Maſchinen — erhöht von 3000 ℳ auf 3400 ℳ. Endlich beantragt der Ausſchuß, die Poſition Nr. 20 in Abſchnitt 8 — Waſſerverbrauch — von 750 ℳ auf 1350 ℳℳ zu erhöhen. Ich bitte Sie namens des Etatsausſchuſſes, den getroffenen Anderungen Ihre Zuſtimmung zu geben. Schließlich habe ich noch mitzuteilen, daß der Ausſchuß ſich auch mit der Frage der Errichtung eines Aſyls für Obdachloſe beſchäftigt hat, daß aber ein diesbezüglicher Antrag im Ausſchuß abgelehnt iſt. Ich verrate hier kein Geheimnis, wenn ich er⸗ kläre, daß dieſer Antrag von meinen Freunden aus⸗ gegangen iſt. Ich habe aber als Referent nicht das Recht, jetzt zu dem Antrage Stellung zu nehmen; ich behalte mir das für nachher vor, wenn ich in der Diskuſſion das Wort ergreife. Vorſteher⸗Stellv. Kaufmann: Meine Herren, ich bemerke, daß zu Kapitel V ein Antrag vorliegt: Der Magiſtrat wird erſucht, den Bau eines Aſyls für Obdachloſe noch in dieſem Etatsjahre in Angriff zu nehmen. Stadtv. Hirſch: Meine Herren, auch dieſer An⸗ trag iſt ja ein alter Bekannter. Es handelt ſich lediglich darum, einen Beſchluß auszuführen, den die Stadtverordnetenverſammlung bereits früher gefaßt hat. Wir haben uns am 4. Dezember 1901 mit der Frage beſchäftigt, und zwar aus Anlaß eines Antrages des Herrn Kollegen Buka. Der Magiſtrat wurde erſucht, der Stadtverordnetenverſammlung eine Vorlage betr. Errichtung eines Aſyls für Obdachloſe zugehen zu laſſen. Am 5. April 1903 teilte uns der Magiſtrat vorläufig mit, daß er an ſich das Bedürfnis zum Bau eines Aſyls für Obdachloſe anerkennt; er behielt ſich aber eine endgiltige Be⸗ ſchlußfaſſung insbeſondere über den Zeitpunkt der Inangriffnahme des Baues vor. Die Vorlage, die uns damals zuging, enthielt auch gleichzeitig eine Grundzeichnung, einen Erläuterungsbericht und Grund⸗ ſätze für die Aufnahme in das Aſyl, die wir nach Vorberatung in einem Ausſchuß genehmigt haben. Am 19. Dezember 1903 wurde uns mitgeteilt, daß ein Projekt zur Erbauung eines Obdachloſenaſyls auf dem Familienhausgrundſtück fertiggeſtellt iſt und demnächſt zur Beratung gelangt. Wenige Monate ſpäter, im Februar 1904, ging uns ein Antrag des Magiſtrats betr. Genehmigung des vom Hochbauamt aufgeſtellten Bauentwurfs für den Ausbau des amilienhauſes zu einem Aſyl für Obdachloſe zu; über den Zeitpunkt der Inangriffnahme des Baues behielt ſich auch damals der Magiſtrat die Beſchluß⸗ faſſung vor; die erforderlichen Baukoſten in Höhe von 162 000 ℳ ſollten in der nächſten Anleihe vor⸗ geſehen werden. Dieſe Vorlage des Magiſtrats