——— — 4 139 —— braucht ſich keine Mühe zu machen, eine umfaſſende Begründung dem Antrage zu geben, denn die maß⸗ gebenden Parteien im Abgeor dnetenhauſe ſind fich ſehr wohl bewußt, daß ſie ſich im Unrecht befinden — mit ganz kurzer Begründung unſere Petition dem Abgeordnetenhauſe übermittelt. Freilich müßte das unverzüglich geſchehen; denn nach den Zeitungs⸗ berichten findet bereits am nächſten Montag die zweite Leſung der Wahlrechtsvorlage im Abgeordnetenhauſe ſtatt, und es wäre wünſchenswert, wenn die Petition nicht post festum eingereicht wird. Ich möchte bei dieſer Gelegenheit noch auf den Beſchluß unſerer Nachbarſtadt Schöneberg hinweiſen. Am letzten Dienſtag hat ein ähnlicher Antrag der Stadtverordnetenverſammlung in Schöneberg vorge⸗ legen, und dort iſt einmütig von der Rechten bis zur Linken einſchließlich — in der Schöneberger Stadt⸗ verordnetenverſammlung befinden ſich zahlreiche aus⸗ geprägt konſervative Herren — einſtimmig der An⸗ trag angenommen; der Magiſtrat iſt dieſem Antrage beigetreten, und die Petition befindet ſich bereits im Abgeordnetenhauſe. Es würde mich freuen, wenn auch in dieſer Verſammlung ein einmütiger Beſchluß zuſtande käme; ich glaube, dann würde er Eindruck machen, und wir würden uns weit über die Grenzen Charlottenburgs hinaus verdient machen. Stadtv. Hirſch: Meine Herren, meine Freunde ſind nicht in der Lage, dem Antrage des Herrn Kollegen Dzialoszynsti zuzuſtimmen. Gewiß empfinden auch wir es als ein Unrecht, daß einer Stadt wie Charlottenburg nur ein Vertreter in der geſetzgebenden Körperſchaft Preußens eingeräumt iſt. Aber, meine Herren, wenn wir dem Antrage zu⸗ ſtimmen würden, ſo könnte das ſo aufgefaßt werden, als ob wir dem Dreiklaſſenwahlſyſtem eine Konzeſſion machen. Dieſen Eindruck wollen wir unter allen Umſtänden vermeiden. Wir ſind ſehr gern bereit, mit Ihnen gemeinſam zu kämpfen für die Beſeitigung dieſes Wahlſyſtems und für ſeinen Erſatz durch das allgemeine, gleiche, direkte und geheime Wahlrecht; wir können aber keinen Schritt mitmachen, der ſo edeutet werden könnte, als wenn wir uns mit einer erewigung oder auch nur mit einer Verlängerung des jetzigen unrechtmäßigen und geſetzwidrigen Zu⸗ ſtandes in Preußen einverſtanden erklären. Herr Kollege Dzialoszynsky hat auch erwähnt, daß im Herrenhauſe der Vertreter der Stadt Char⸗ lottenburg, Herr Oberbürgermeiſter Schuſtehrus, unſere Intereſſen wahrnehmen wird. Meine Herren, ich zweifle daran keinen Augenblick. Aber ebenſo⸗ wenig zweifle ich daran, daß dort ein etwaiger An⸗ trag des Herrn Oberbürgermeiſters auf Vermehrung der Zahl der Abgeordneten für Charlottenburg das⸗ ſelbe Schickſal haben würde, wie unſere Anträge hier in der Stadtverordnetenverſammlung zu haben pflegen. Der Herr Oberbürgermeiſter wird dann vielleicht auch einmal ſehen, wie jemand zu Mute iſt, deſſen Anträge dauernd abgelehnt werden. (Heiterkeit.) Stadtv. Dr. Stadthagen: Meine Herren, das Gebiet der hohen Politik braucht, glaube ich, bei dieſem Antrage in keiner Weiſe berührt zu werden, ohne daß man verhindert iſt, zu dem Antrage Stellung zu nehmen. Ich meine, wir können dieſen Antrag rein von dem Standpunkt der Stadt Char⸗ lottenburg beurteilen, die ein gewiſſes Anrecht hat, ebenſo wie die Nachbarſtädte, wie die anderen Teile Groß⸗Berlins berückſichtigt zu werden. Es iſt jetzt oft davon die Rede geweſen, daß Groß⸗Berlin ein gewiſſes gemeinſchaftliches Wirtſchaftsgebiet bildet; nur von dieſem Geſichtspunkt aus möchte ich bitten, zu dem Antrage hier in dieſer Verſammlung Stellung zu nehmen. Meine Herren, Berlin ſtellt nach dem neuen Geſetzentwurf 12 Abgeordnete bei einer Einwohner⸗ zahl von rund 2 Millionen. Charlottenburg hat ungefähr 250000 Einwohner und dürfte darüber, glaube ich, werden wir einig ſein — eine größere Bedeutung beanſpruchen als der achte Teil von Berlin, als 250000 Einwohner Berlins. Denn wir legen ein ganz anderes Gewicht in die Wagſchale bei vielen ſchwerwiegenden politiſchen, kommunalen, wirtſchaftlichen Fragen. Ich erinnere nur daran, daß wir in vielen Fragen bahnbrechend vorangegangen ſind, wo Berlin nicht vorangegangen war. Meine Herren, aus allen dieſen Geſichtspunkten heraus komme ich dazu, daß wir ein Recht haben, mindeſtens ſo berückſichtigt zu werden wie Berlin. Im Verhältnis mit Berlin müßten wir jetzt bereits 19ẽ Abgeordnete haben. (Heiterkeit.) Da ein derartiges Wahlrecht nicht für den augenblicklichen Moment gemacht wird, ſondern für eine Reihe von Jahren — ſagen wir mal: für 10 Jahre —, ſo können wir ohne weiteres darauf rechnen, daß das Wachstum Charlottenburgs bedingt, daß wir, entſprechend den Berliner Verhältniſſen, zwei Abgeordnete zu wählen haben müſſen. Meine Herren, aus allen dieſen Gründen möchte ich auch meine Freunde bitten, dem Antrage, den Herr Kollege Dzialoszynski geſtellt hat, die Zu⸗ ſtimmung zu geben. Ich glaube, eine gewiſſe Gerechtigkeit verlangt es, daß man dieſem Antrage ſtattgibt. Im übrigen möchte ich auf die ganzen politiſchen Fragen, die ſich an dieſen Antrag knüpfen, nicht eingehen. Ich möchte nur in einer Beziehung, wo die Vorlage einen rein techniſchen Charakter trägt, und wo ſie vielen Perſonen eine Befriedigung ge⸗ währt hat, dieſer Befriedigung auch hier Ausdruck geben, nämlich in der rein techniſchen Beziehung, daß man künftig nicht mehr 24 Stunden in Rixdorf zu ſitzen braucht, ſondern daß man in kürzerer Zeit die Wahl hier in Charlottenburg abmachen kann. (Stadtv. Hirſch: Schade!) (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Ver⸗ ſammlung ſtimmt dem dringlichen Antrag des Stadtv. Dzialoszynski und Gen. zu.) Vorſteher⸗Stellv. Kaufmaun: Wir kommen nun zur Berichterſtattung des Etatsausſchuſſes über den Etat für 1906 zurück, und zwar zu Kapitel VI. Berichterſtatter Stadtu. Dr. Roſe: Meine Herren, der Etat für die Krankenanſtalten iſt in der Kranken⸗ hausdeputation durchgegangen worden, und die leiſen Bedenken, die ſich zum Teil im Etatsausſchuß noch eingeſtellt haben, ſind zerſtreut worden. Ich würde Sie alſo kurzweg bitten, den Etat ſo, wie er hier liegt, ohne weitere Anderungen anzunehmen, will jedoch noch in Ihrem Intereſſe und im Intereſſe Krankenanſtalten.