—— 147 — Meine Herren, iſt das eigentlich eine produktive Tätigkeit? Doch höchſtens in ganz begrenztem Maße! Warum ſollen wir nicht auch hier mit einer Wertzuwachsſteuer kommen! Und endlich, meine Herren, ſehen wir doch die Apotheken (Stadtv. Vogel: Oho! — Heiterkeit) ganz erheblich im Preiſe ſteigen — alſo auch da überall die Wertzuwachsſteuer! Wenn — dann doch konſequent! Nun möchte ich aber wirklich nicht dem Magiſtrat, der nach meinem Dafürhalten mit Arbeiten gerade genügend bepackt iſt, auch noch die Arbeit zumuten, uns eine wertvolle intereſſante Abhandlung über die Wertzuwachsſteuer in Jahresfriſt zu liefern. Wir werden ja ſpäter noch bei einem anderen Punkte uns über eine ſehr gediegene Arbeit des Magiſtrats zu unterhalten haben, die wir meines Erachtens auch dem Magiſtrat hätten erſparen können. Nun wollen wir ihm noch zumuten, daß er ſich auch mit der Wertzuwachsſteuer. und zwar gründlich, beſchäſtige und uns darüber eine Abhandlung ausarbeite! Vor allen Dingen aber, meine Herren, und damit komme ich zum Schluſſe meiner Ausführungen, bin ich ent⸗ ſchieden gegen den Antrag des Herrn Kollegen Dr. Borchardt, weil ich wünſche, daß die Stadtverordneten⸗ verſammlung klar zu erkennen gibt, daß wir für eine derartige Wertzuwachsſteuer nicht zu haben ſind. Sobald wir aber an den Magiſtrat die Aufforderung richten, Erwägungen anzuſtellen, geben wir ſchon unſere allgemeine prinzipielle Zuneigung zu dieſer Stener zu erkennen, und ich würde es im Intereſſe der Entwicklung Charlottenburgs für im höchſten Grade bedenklich halten, wenn wir auch nur einen ſolchen prinzipiell zuneigenden Standpunkt zu einem derartigen Antrage hier zu erkennen gäben. Infolge⸗ deſſen bitte ich Sie, den Antrag abzulehnen. (Bravo!) Stadtv. Ir. Zepler: Der Herr Vorredner hat von der Beunruhigung geſprochen, welche in der Bevölkerung Charlottenburgs platzgreifen könnte, wenn hier dieſe Steuerfrage diskutiert wird. Ich möchte dem gegenüber die Frage aufwerfen, in welchen Kreiſen denn die Beunruhigung ſtattfinden wird? In Arbeiter⸗ kreiſen jedenfalls nicht, ebenſowenig in anderen Kreiſen welche mit Bodenſpekulation uſw. nichts zu tun haben. Beunruhigt werden lediglich die Speku⸗ lanten, welche zum Teil gar nicht mal Charlotten⸗ burger Bürger ſind, und der Spekulanten wegen ſind wir doch nicht hier; wir haben in keinem Falle die Geſchäfte der Spekulanten zu beſorgen. Wenn man aber die Ausführungen hört, wie ſie eben Herr Kollege Dr. Crüger gemacht hat und wie ſie auch ſonſt hier häufig fallen, dann hat man den Eindruck, daß die Stadtvertretung dazu da iſt, die Geſchäfte der beſitzenden Klaſſen zu beſorgen. Das iſt das, was gerade unſere Partei immer am meiſten zu verhindern bemüht iſt. Es wird von anderen Seiten auch geſagt, durch eine derartige Steuer würde die Bautätigkeit leiden. Nach einer richtigen Erwägung iſt das meiner Meinung nach keineswegs der Fall; gerade das Gegenteil könnte, glaube ich, dabei heraus⸗ kommen. Die Wertzuwachsſteuer wird ſicher einen günſtigen Einfluß gegen die ungeſunde Bodenſpeku⸗ lation, gegen den Bodenwucher ausüben Wenn die Steuer ſo gehandhabt wird, daß nicht bloß beim Verkauf der Wertzuwachs erfaßt wird, ſondern wenn nach erfolgter Abſchätzung in beſtimmten Friſten die Steuer gezahlt werden muß alſo auch in der Zeit, wo ein Verkauf nicht ſtattfindet, ſo wird mancher Beſitzer, der auf ſein angelegtes Kapital, das momentan keine Zinſen trägt, noch immer Geld hinaufzahlen ſoll, eher geneigt ſein. ſich des Beſitzes zu entäußern und das Kapital flüſſig zu machen, anſtatt immer wieder noch Geld hineinzuſtecken. Daraus könnte alſo wohl reſultieren, daß mancher Unternehmer geneigt ſein wird, nicht zu warten, bis der Boden einen wer weiß wie hohen Wert erzielt hat — alſo um die Bevölkerung recht auszuwuchern —, ſondern bald zu verkaufen und ſelbſt dann zu ver⸗ kaufen, wenn er nur einen niedrigen Preis erzielt. Die Folge davon kann gerade unter Umſtänden ſein, daß das ſchroffe Indiehöheſteigen der Preiſe ver⸗ hindert wird. Es werden dann vielleicht Leute, welche wirklich bauen, nicht bloß den Beſitz feſthalten wollen, um zu warten, was er ihnen durch das bloße Daliegen mehr einbringt, ſchneller kaufen können. Durch dieſe vermehrte Bautätigkeit, welche hieraus entſtehen kann — meine ich im Gegenſatz zu der Annahme anderer Beurteiler —, können nachher eventuell die Wohnungen infolge des größeren Angebots auch unter Umſtänden billiger werden. Ich komme nun auf das, was Herr Kollege Dr. Stadthagen ausführte, nämlich auf die Frage, wie es denn ſein würde, wenn der Wert, anſtatt zu ſteigen, ſinkt. Ein Herauszahlen der Steuer dürfte natürlich in keinem Falle ſtattfinden, (Widerſpruch des Stadtv Ur. Borchardt — Heiterkeit) und das wäre auch abſolut nicht notwendig. Was iſt denn eine derartige Steuer anders als ein Zu⸗ ſchlag zum Kaufpreis. Jeder, der etwas beſitzt oder etwas kauft, trägt das Riſiko, das er unter Um⸗ ſtänden Verluſte hat. Das Riſiko wird allerdings um den Wert dieſer Wertzuwachsſteuer erhöht, das iſt richtig. Aber daraus folgt doch nicht, daß unter Umſtänden etwas herausgezahlt werden müſſe, oder daß überhaupt in dieſer Steuer eine Ungerechtigkeit liege. Dieſe Steuer würde den Wert und auch das Riſiko etwas vergrößern. Damit muß aber jeder Befitzer, jeder Käufer rechnen. Das iſt ja noch der einzige Lichtpunkt in unſerer Inſtitution des Beſitzes, daß man nicht feſt darauf rechnen kann, daß einem der Beſitz unter allen Umſtänden verbleibt. Es wäre ja noch ſchöner, wenn man nur den feſten Beſitz und nicht mal das Riſiko hätte. Dann würde ſich dieſe Geſellſchaft ja noch viel wohler fühlen. (Heiterkeit.) Dieſe Geſichtspunkte möchte ich doch auch zur Er⸗ wägung ſtellen. Sie ſind wohl noch nicht geäußert worden, aber ſie ſind gewiß wert, beim Studium dieſer Frage berückſichtigt zu werden. Stadtu. Dr. Crüger: Meine Herren, nur noch ein Wort. Ich hatte vorhin vergeſſen hinzuzufügen, daß ich es für zweifellos hielte, daß mir nun von linker Seite entgegengehalten werden würde, ich habe die Intereſſen der Spekulanten und Kapitaliſten wahrgenommen. (Stadtv. Hirſch: Sehr richtig!) Herr Kollege Dr. Zepler hat dann dieſes 1— meinerſeits wieder gut gemacht und hat gefragt, wen denn ſonſt ich hier noch geſprochen haben könnte. Ich möchte ihm darauf erwidern: für die Allgemein⸗ heit, die Allgemeinheit, die in lebhafteſter Weiſe an der Entwicklung der privaten Bautätigkeit intereſſiert iſt. Ich bin der Überzeugung, daß die Entwicklung der privaten Bautätigkeit in Charlottenburg ganz weſentlich durch eine derartige drohende Wertzuwachs⸗ ſteuer beeinflußt werden würde. (Sehr richtig!)