4¹ es in dem Verwaltungsbericht weiter — hat den hier vertretenen Standpunkt beſtätigt, daß die er⸗ wähnten Anſichten zum großen Teil über⸗ trieben ſind, für hieſige Verhältniſſe jedenfalls nicht zutreffen.“ — Sie ſehen alſo, dieſe Anſicht iſt durchaus keine allgemeine, ſie iſt ziemlich vereinzelt. — Herr Schmidt hebt unter anderem hervor, daß in Mainz und anderwärts vielfach ſogenannte Wochenpfänder aufs Leihhaus gebracht würden, die am Anfang der Woche verpfändet und am Ende der Woche wieder eingelöſt würden, um dann anfangs der neuen Woche wieder verſetzt zu werden. Das mag ja vorkommen; aber ganz ännliche Dinge finden ſich auch in anderen Einrichtungen. Fragen Sie nur einmal den Herrn Rendanten Müller von unſerer Sparkaſſe, der wird Ihnen beſtätigen auch der Herr Kämmerer wird das wiſſen — daß wir eine Anzahl Monatsſparer haben, die am 1, wenn ſie Gehalt bekommen oder ſonſt eine Einnahme gemacht haben, einen Betrag davon auf der Sparkaſſe hinter⸗ legen, am 20., 25. das Geld wieder abheben, um es am nächſten 1. wieder einzuzahlen. Ja, m. H., wirtſchaftlich iſt beides nicht, aber das iſt doch kein Grund, die Sparkaſſen abzuſchaffen und von der Errichtung von Leihhäuſern abzuſehen. Die Magiſtratsvorlage führt dann aus den An⸗ aben des Herrn Schmidt noch weiter einige Miß⸗ bräuche an, z. B daß größere Poſten verſetzt werden und andere Geſchäfte dadurch Schaden haben. Ja, mein Gott, das paſſiert im geſchäftlichen Leben öfter, Mißbräuche kommen auch bei anderen gemeinnützigen Anſtalten vor. Die Krankenkaſſen werden nie ver⸗ hüten können, daß es Simulanten gibt. Die Feuerverſicherungen werden es nie verhindern können, daß zuweilen einer ſein Haus ſelbſt anſteckt. Aber weil ſolche Mißbräuche vorkommen, wird doch niemand egen die Krankenkaſſen und gegen die Feuerver⸗ ſccerungsanſtalten ſich erheben! Die Magiſtratsvorlage bringt auch einige Mit⸗ teilungen über den Betrieb des Berliner Leihhauſes, das kein ſtädtiſches iſt, ſondern 1834 laut Kabinetts⸗ order von der Seehandlung errichtet worden iſt. Es ſind dann noch zwei Filialen errichtet worden. Daß die aber den Pfandgebern nicht genügten, kann man daraus erſehen, daß die Privatpfandleihen ſtark zu⸗ genommen haben. Im Jahre 1892 gab es 127 Privatpfandleihen, ihre Zahl ſtieg bis 1894 auf 138, bis 1899 auf 148, bis 1904 auf 176. Auch von der Verwaltung des Berliner Leihhauſes wird über das Überwuchern der Privatpfandleihen geklagt. Aber zwei Filialen genügen eben nicht mehr bei der Aue dehnung, die die Stadt Berlin ſeit 1834 ge⸗ nommen hat. Andere öffentliche Leihhäuſer haben viel mehr Filialen, ſo Frankfurt a M. 7, Mann⸗ heim 9, Nürnberg 11. Dort ſind die Privatpfand⸗ leihen nicht in dem Maße geſtiegen. Auch in anderen Städten haben die Privatleihämter nicht ſo zuge⸗ nommen, obgleich die Städte ſich ausgedehnt haben, z. B. in Köln und Hamburg. In Dresden haben ſogar die Privatleihanſtalten abgenommen; 1893 waren dort 18, 1894 beſtanden nur noch 16 und ſeit 1896 nur noch 14. Sie ſehen, es kommt auf das Verhalten der öffentlichen Leihanſtalten dafür an, ob die Privatleihanſtalten die kommunalen über⸗ wuchern. In der Tabelle IIa macht der Magiſtrat Mit⸗ teilung über den Stand und Beruf der Perſonen. die im letzten Jahrzehnte Pfandgeſchäfte mit dem Berliner Leihhaus abgeſchloſſen haben. Daraus ergibt ſich, daß im zehnjährigen Durchſchnitt 61 % 9 aller Pfandgeber Handwerker, Gewerbe⸗ und Handel⸗ treibende einſchließlich Gehilfen und 20,4% Witwen und unverheiratete weibliche Perſonen waren. Das ſind alſo mehr als 80/% aller Pfandgeber. Unter dieſen dürften doch wohl recht wenige ſein, die aus Leichtſinn, aus Vergnügungsſucht Pfänder aufs Leih⸗ amt tragen, ſondern ſie werden ſich in einem wirk⸗ lichen Notſtande befunden haben. Auch bei den Angehörigen anderer Berufe, die Pfänder verſetzt haben, liegt kein Grund zu der Annahme vor, daß ſie das aus Leichtſinn getan. Nach der Tabelle 11b ſoll ein Rückgang der kleineren Verpfändungen eingetreten ſein. Wenn Sie ſich die Tabelle anſehen, werden Sie finden, daß das nicht immer zutrifft. Gerade bei den Tage⸗ und Fabrikarbeitern, bei den ſtädtiſchen und Staats⸗ beamten und bei den Wittwen trifft es nicht zu, bei den Handel⸗ und Gewerbetreibenden nur ganz unbe⸗ deutend. Für im geſchäftlichen Verkeyr weniner bewanderte Perſonen iſt eine Geldleihſtelle notwendig, von der ſie gewiß ſind, daß ſie ihre Notlage nicht ausbeutet. In dem Düſſeldorfer Leinhausſtatut iſt denn auch ausdrücklich geſagt, daß man zur Be⸗ friedigung eines augenblicklichen Bedürfniſſes Mobiliar⸗ gegenſtände gegen einen Geldvorſchuß bei dem Leih⸗ naus verpfänden kann, um durch das Leihhaus vor Übervorteilung, Betrug und Wucher geſchützt zu ſein.“ Die Mitteilung des Magiſtrats kommt dann 1 ſprechen. auf die Rentabilität der Leihhäuſer Hier möchte ich zu bedenken bitten, daß das Leih⸗ haus ein Erwerbsinſtitut nicht ſein ſoll. Allerdings haben Leihhäuſer ganz bedeutende Überſchüſſe ge⸗ bracht; das iſt aber meiner IIberzeugung nach Unrecht. Ein Leihhaus ſoll wohl die Ausgaben⸗ die es verurſacht, aufbringen, aber nicht große Über, ſchüſſe, denn die werden doch auf Koſten der be⸗ dürftigen Pfandgeber erzielt, indem ihnen zu hohe Zinſen angerechnet werden uſw. 1899 hatte z B. das ſtädtiſche Pfandleihhaus in München einen Uberſchuß von 77 735 ℳ Das iſt viel zu viel meiner Anſicht nach. Andere Leihhäuſer, die früher auch große Überſchüſſe erzielt haben, haben in letzter Zeit ihren Zineſatz entſprechend geregelt, ſo daß der Überſchuß verringert worden ift. Im Frankfurter Leihhaus wurde in den Jahren 1792 bis 1845 ein Iberſchuß von 470 000 ℳ gemacht, in den folgenden 50 Jahren von 1845 bis 1895 nur ein ſolcher von 85 000 ℳ. alſo nur der ſechſte Teil ungefähr. Auch das Berliner Leihhaus hat. wie aus den Angaben des Magiſtrats erſichtlich iſt, noch im Jahre 1891¾92 einen Überſchuß von 69 106 ℳ erzielt, dagegen im letzten Jahrzehnt im ganzen nur einen Überſchuß von 71 400 ℳ, alſo in 10 Jahren nicht viel mehr als früher in einem. Das iſt nicht ein Zeichen, daß die Leihhäuſer weniger Bedürfnis wären, ſondern nur. daß ſie richtigere Einrichtungen getroffen haben. Die Zahlen ſchwanken bei den einzelnen Leihhäuſern ſehr, ſowohl nach Zeit wie nach Ort, und das iſt ja auch begreiflich. Auch die Wirkung ict nach den Zeitverhältniſſen verſchieden In manchen Orten werden bei guter Konjunktur mehr Pfänder aufs. Leihamt gebracht als bei ſchlechter Konjunktur, bei Notſtand. Ob die Leute da nichts menr zu verſetzen haben, weiß ich nicht, denn in anderen Orten wieder wird das Leih⸗ haus in ſchlechten Zeiten mehr frequentiert. Die Magiſtratsmitteilung weiſt ſodann darauf hin, daß das Berliner Leihhars ein Betriebskapital von ca. 4 000 000 ℳm erfordert hat und nimmt an,