einer größeren —— 163 daß es in Charlottenburg ungefähr ebenſo viel koſten wird. Das möchte ich doch ganz entſchieden in Abrede ſtellen. Am 3. Juli 1738 wurde z. B in Frankfurt a. M. von dem Großvater Goethes, dem Stadtſchulttheiß Dr. Joh Wolfgang Tertor, der An⸗ trag auf Gründung eines Leihhauſes geſtellt und, nachdem dieſer Antrag vom Rat einſtimmig ange⸗ nommen war, wurde am 13. April 1739 mit einem Betriebskapital von 10 000 Gulden dieſes Leihhaus in einem kleinen Kloſtergebäude eröffnet und eine ganze Reihe von Jahren dort betrieben. Erſt ſpäter wurde es in ein größeres Gebäude verlegt und das Betriebskapital erhöht. Ich will damit nur ſagen, daß man dort mit einem ſo geringen Kapital ange⸗ fangen hat. Wir brauchten daher auch nicht gleich in die Millionen zu gehen, wenn wir auch vielleicht, wie ich meinen möchte, mit dem Zehnfachen an⸗ fangen müßten. Der Charlottenburger Magiſtrat hegt Befürch⸗ tungen nach allen Seiten. Einmal glaubt er, daß ein ſtädtiſches Leihhaus „nur einen beſchränkten Kundenkreis finden würde“, dann befürchtet er wieder, daß es „nicht auf die Charlottenvurger Bürgerſchaft beſchränkt werden und unter Umſtänden ins Ungemeſſene wachſen würde“. Das ſind doch Widerſprüche. Übrigens glaubt er, daß unſere Einwohner ein ſtädtiſches Leihhaus ſehr wohl ent⸗ behren können; er ſagt wörtlich: Es gibt in unſerm ſozial fortgeſchrittenen Ge⸗ ſellſchaftsleben zahlreiche — wenn auch natür⸗ lich nicht erſchöpfende — Methoden einer gerechteren und menſchenfreundlicheren Hilfs⸗ bereitſchaft für Staat und Gemeinde. Warum hat uns der Magiſtrat dieſe ſo gelobten Methoden der Hilfsbereitſchaft nicht angegeben? Ich habe mir den Kopf zerbrochen, um zu ergründen, worin ſie beſtehen. (Rufe: Ol ol) Ich fürchte, es werden viele gleich mir vergebens danach geſucht haben, was der Magiſtrat damit ge⸗ meint hat, ob er Dahrlehnstaſſen meint oder Stif⸗ tungsmittel, wie die der Münchhoff⸗, Chriſtian Otto⸗, Platen⸗, Wilhelm⸗Auguſta⸗Stiftung oder Freimaurer⸗ fonds oder was ſonſt. Wie geſagt. es wäre ſehr gut, wenn dieſe Methoden angegeben würden. Aber, meine Herren, glauben Sie denn, daß, wenn man von der Errichtung eines ſtädtiſchen Leihhauſes ab⸗ ſieht, in Charlottenburg weniger Pfänder auf die Privatpfandleihen werden gebracht werden? Ich glaube es kaum. Sie werden eben die Leute weiter wingen, ſich an Privatpfandleihen zu wenden und ſic den Gefahren und Unſicherheiten auszuſetzen, die der Magiſtrat im Anfang ſeiner Mitteilung er⸗ wähnt. Es iſt doch nicht allein unſere Aufgabe, auf einen ſteuerkräftigen Bevölkerungszuwachs be⸗ dacht zu ſein und durch Einrichtungen, Bankneben⸗ ſtellen uſw. für dieſen zu ſorgen, ſondern es iſt ebenſo unſere Pflicht, für die Bedürfniſſe und damit auch für das Kreditbedürfnis der ärmeren Bevöl⸗ kerung Sorge zu tragen. Wenn ich die Gründe, die der Magiſtrat angibt, im ganzen überſehe, ſo kann ich, offen geſtanden, dieſe nicht als ausſchlaggebend für den⸗ Entſchluß des Magiſtrats anerkennen. Ich kann mir nicht helfen, ich vermute, daß ein anderer Grund vorliegt, und zwar der, daß man den Etat gegenwärtig mit Ausgabe für einen ſolchen Zweck nicht belaten kann und will. Es mag das ja unangenehm ſein, aber es liegt do h, wie ich glaube, im Intereſſe der unbemittelten Mitbürger, eine ſolche Einrichtung zu treffen, denen ſind wir es ſchuldig, und die haben doch auch ein Anrecht auf Wahrung ihrer Intereſſen. Ich will hoffen, daß, wenn auch momentan der Etat es nicht geſtattet, wir ſpäter darauf zurückkommen und die nicht ſo bedeutenden Mittel, die dazu notwendig ſind, in den Etat ein⸗ ſtellen werden. Das iſt der Zweck meiner Aus⸗ führungen geweſen, ich möchte nicht. daß wir die Sache ad calendas Graecas vertagen, ſondern daß wir darauf ſpäter zurückkommen. Deshalb will ich auch heute von einem weiteren Antrage hier abſehen. Stadtv. Dr. Crüger: Meine Herren, es iſt mir eigentlich ziemlich unklar geblieben, was der verehrte Herr Kollege Vogel gewollt hat. Er wünſcht nicht, daß wir die Sache ad calendas Graecas vertagen, wir ſollen gelegentlich darauf zurückkommen. Ich weiß nicht, ob er die Abſicht hat, den Magiſtrat auf⸗ zufordern, die Arbeit, der er ſich unterzogen hat, noch etwas gründlicher durchzuführen. Ich muß ge⸗ ſtehen, daß der Magiſtrat wirklich eine ſehr fleißige, gute volkswirtſchaftliche Abhandlung über die Leihhäuſer uns geliefert hat. Ich habe aber bereits in einer früheren Sitzung darauf hingewieſen, ich habe das Gefühl, daß wir gut täten, den Magiſtrat, der ja an und für ſich doch recht ſtark beſchäftigt iſt, nicht mit der Bearbeitung volkswirtſchaftlicher Fragen un⸗ nötigerweiſe zu beläſtigen. Meine Herren, meine Freunde und ich ſtehen noch heute auf dem gleichen Standpunkte, den im großen und ganzen ſchon ſehr zutreffend der Herr Kollege Marcus — den wir leider auch heute immer noch nicht unter uns ſehen können — damals hier vertreten hat, und die Umterſuchungen des eRane haben ergeben, daß die Bedenken, die der Kollege Marcus damals vorgetragen hat, vollkommen gerecht⸗ fertigt ſind. Ich habe nicht das Empfinden, daß ſich etwa der Magiſtrat der Sache gegenüber ablehnend verhält, weil ſie zu koſtſpielig für die Stadt Char⸗ lottenburg ſein könnte, ſondern daß er es deshalb tut, weil gar kein Bedürfnis in Charlottenburg für eine ſolche Einrichtung vorhanden iſt. Herr Kollege Vogel hat betont, das Leihhaus wäre keine Wohl⸗ tätigkeitsanſtalt, denn es wäre ja für jedermann beſtimmt. Da bin ich denn doch gan anderer Anſicht. Ich meine, daß, wenn wir eine eihanſtalt haben wollen, auch eine Wohltätigkeitsanſtalt in Frage kommen kann. Er hat die Behauptung nach⸗ her eingeſchränkt und hat gemeint. es ſolle eine ge⸗ meinnützige Anſtalt ſein. Nun, zwiſchen gemein⸗ nützigen und Wohltätigkeitsanſtalten ſind die Grenzen ſehr flüſſig. Wenn Herr Kollege Vogel auf die Ver⸗ ſicherungen, auf die Krankenkaſſen uſw. hingewieſen hat, — meine Herren, Vergleiche hinken für ge⸗ wöhnlich, aber der Vergleich paßt hier ganz und gar nicht. Man kann nicht ein ſtädtiſches Pfandieighans etwa auf eine Stufe ſtellen mit Krankenkaſſen oder der Invaliditätsverſicherung. Und was die Inanſpruch⸗ nahme durch jedermann anbelangt, ſo ſage ich: ent⸗ weder haben wir es mit jemand zu tun, der Geld gegen wirklich lombardfähige Waren braucht, — nun dafür haben wir die Privatinſtitute, die jedenfalls das Geſchäft billiger und beſſer beſorgen werden, als eine mit dem ganzen ſchwerfälligen bureaukra⸗ tiſchen Apparat arbeitende kommunale Einrichtung: oder wir haben jene Klaſſe der Bevölkerung, die nicht in der Lage iſt, auf geſchäftsmäßigem Wege ſich Kredit zu verſchaffen und ein Darlehn aufzu⸗ nehmen, — nun die können wir auf die benachbarte Anſtalt in Berlin hinweiſen, die können die König⸗