—— 164 liche Leihanſtalt in Anſpruch nehmen. Ein Be⸗ dürfnis für Charlottenburg liegt meines Erachtens nicht vor. Der Magiſtrat hat in ſeinen Ausführungen im übrigen den Nachweis erbracht, daß wir es mit einer vollkommen veralteten Einrichtung zu tun haben. Wenn heute vom Herrn Kollegen Vogel darauf auf⸗ merkſam gemacht wird, daß Anfang des vorigen Jahrhunderts ſelbſt durch das Staatsminiſterium die Kommunen aufgefordert worden ſind, derartige Anſtalten einzurichten, ſo ſind ſeidem doch auch faſt hundert Jahre wieder ins Land gegangen, die ganzen geſchäftlichen und wirtſchaftlichen Verhältniſſe haben ſich weſentlich geändert, und die Einrichtungen, für die damals ein notwendiges Bedürfnis vorlag, ſind heute nicht mehr an der Tagesordnung. Ich glaube, daß es dem Magiſtrat auch gelungen iſt, uns in ſeinen ausführlichen Darlegungen das des Näheren nachzuweiſen. Im übrigen war es mir beim beſten Willen nicht möglich, der Entgegnung des Herrn Kollegen Vogel in allen Punkten zu folgen. Wir werden ja Gelegenheit haben, in dem gedruckten Be⸗ richt die Rede noch nachzuleſen und da uns Herr Kollege Vogel in Ausſicht geſtellt hat, zu gelegener Zeit auf die Angelegenheit wiederum zurückzukommen, dehalte ich auch mir für dieſen Zeitpunkt die weitere Entgegnung auf die Darlegungen des Kollegen Vogel vor. Bürgermeiſter Matting: Meine Herren, ich möchte doch ein paar Bemerkungen zu den Aus⸗ führungen des Herrn Stadtv. Vogel mir erlauben. Herr Stadtv. Vogel hat zunächſt den erſten Teil unſerer Vorlage, die nicht aus Eigenem ſchöpft, ſondern vor allen Dingen auf die Statiſtik zurück⸗ greift, die die Stadt Mainz aufgeſtellt hat, dadurch herabzuſetzen gemeint, daß er von einem „gewiſſen G. Schmidt“ ſpricht, der in der „Sozialen Praris“ dieſen Artikel geſchrieben habe. Meine Herren, dieſer gewiſſe G. Schmidt iſt eine im kommunalen Leben und gerade auf dem Gebiete ſozialer Tätig⸗ keit durchaus anerkannte Perſönlichkeit. Es iſt der Beigeordnete Schmidt in Frankfurt a/M., früher in Worms, der eigentlich allen Herren, die mit ſozialen kommunalen Aufgaben fich befaßt haben, bekannt ſein ſollte. Wenigſtens iſt er mir ſchon ſeit langer Zeit als eine Autorität bekannt, und deshalb habe ich kein Bedenken getragen, die Ausführungen, die in der „Sozialen Praxis“ unter ſeinem Namen er⸗ ſchienen ſind, als unbedingt verbürgt anzuſehen. Im übrigen, meine Herren, habe ich auch bei dem weiteren Studium der Frage durchaus eine Be⸗ ſtätigung alles deſſen, was der Herr Beigeordnete Schmidt ſeinerſeits an dem Mainzer Inſtitut an Erfahrungen geſammelt hat, gefunden. Allerdings iſt die Frage, in welchem Maße die Leihhäuſer unter Umſtänden zu Leichtſinn uſw. mißbraucht werden, eine umſtrittene. Aber Herr Stadtv. Vogel hat auch nach ſeinem eigenen Material nur von einer ge⸗ wiſſen Übertreibung ſprechen können. Ich erblicke darin doch ein gewiſſes Zugeſtändnis. Wenn man das Mainzer Material zur Hand nimmt und ſich die Tabelle vergegenwärtigt, kann mann nicht daran zweifeln, daß das, was in dieſen Tabellen und den Ausführungen dazu niedergelegt iſt, unbedingt zu⸗ verläſſig iſt. Ich habe die Tabellen nicht auch noch anführen wollen, um Sie nicht mit allzu vielen Zahlen zu beläſtigen; wenn man aber ſieht, daß in den drei Jahren, um die es ſich handelt, in den Monaten Juni, Juli, Auguſt z. B. die Zahl der Pfänder 1600, 1700, 1800 und darüber beträgt, dagegen in den Monaten November, Dezember 1100, 1200, gelegentlich einmal 1400, kurz und gut alſo in den Wintermonaten regelmäßig gegenüber den Sommermonaten zurückgeht, ſo werden Sie eine andere Löſung gar nicht finden können als die, die in jenem Bericht und in unſerer Vorlage nieder⸗ gelegt iſt. Nun hat der Herr Stadtv. Vogel auf das Wort „Wohltätigkeitsanſtalt“ ungeheuer viel Gewicht ge⸗ legt und geſagt: eine Wohltätigkeitsanſtalt ſoll natür⸗ lich das Leihhaus nicht ſein. Er hat unter Wohl⸗ tätigkeitsanſtalt immer eine Anſtalt verſtanden, die mit dem Armenrecht in Beziehung ſteht, er hat das wörtlich zum Ausdruck gebracht. Meine Herren, das iſt natürlich abſolut nicht gemeint. Eine Wohl⸗ tätigkeitsanſtalt iſt eine gemeinnützige Inſtitution auf rein ſozialer Grundlage, die allerdings in der Haupt⸗ ſache der minderbemittelten Bevölkerung zugute kommt. Mit dem Armenrecht hat das nichts zu tun. Herr Stadtv. Vogel hat dann auch — ich muß zugeben, ganz habe auch ich nicht ſeinen Gründen ſolgen können, weil ſie teilweiſe nicht recht verſtänd⸗ lich, jedenfalls nicht ganz logiſch aufgebaut waren er hat z. B. verglichen die Wochenpfänder auf den Leihämtern mit den Monatsſparern an der Spar⸗ kaſſe. Meine Herren, es liegt doch auf der Hand, daß das gar nicht zu vergleichen iſt Der Monats⸗ ſparer an der Sparkaſſe handelt vielleicht unwirt⸗ ſchaftlich, indem er nicht doch noch ein paar Pfennige Zinſen dadurch herausarbeitet, daß er ſein Geld wo anders tageweiſe zinsbar anlegt, was er bei unſerer Sparkaſſe nicht kann. Der Wochenverpfänder beim Leihamt zahlt aber, wie Ihnen nachgewieſen worden iſt, ungefähr 500% Zinſen im Jahre bar auf den Tiſch; felbſt wenn ſich aber ſo eklatante Fälle ſelten creignen ſollten, jedenfalls zahlt er unverant⸗ wortliche Zinſen für die geringen Beträge, die er vom Leihamt entnimmt. Daß das etwas ganz anderes iſt als das, was der Monatsſparer tut, liegt doch auf der Hand. — Ebenſo ſind die Ver⸗ gleiche, die Herr Stadtv. Vogel mit den Kranken⸗ kaſſen und Feuerverficherungen gezogen hat, gar nicht ſtichhaltig. Daß hin und wieder bei den Krankenkaſſen ein Simulant vorkommt oder bei Feuerverſicherungen ein unredlicher Mann ſich eine Prämie verſchafft, iſt doch gewiſſermaßen eine Ausnahme. Die Wochenpfänder aber bilden eine regelmäßige Erſcheinung im Leihamtsverkehr. Auch ſonſt hinkt übrigens der Vergleich nach allen Rich⸗ tungen. Ich will dann nur noch ein paar Bemerkungen auf die vom Herrn Stadtv. Vogel gegen unſere Vorlage gemachten Ausführungen mir erlauben. Er hat gemeint, der Magiſtrat habe ſich in einen gewiſſen Widerſpruch verwickelt, indem er zuerſt ſagte, die Benutzung unſeres Leihamtes würde wahrſcheinlich verhältnismäßig gering ſein, und dann ausführte, wir würden ein Kapital von 4 Millionen Mark auf⸗ wenden müſſen, und es ſei unter Umſtänden eine Grenze gar nicht abzuſehen. Da hat der Herr Stadto. Vogel den Zwiſchenſatz in der Vorlage über⸗ leſen oder ausgelaſſen, wo geſagt worden iſt: wenn wir nach den Normen, die bei allen anderen Leih⸗ ämtern üblich ſind, verfahren und der Konkurrenz der Privatleihämter nicht anders begegnen. dann werden allerdings auch wir nicht viel mit unſerem Leihamt hier ſchaffen, dann hat es dieſelbe Konkurrenz der Privatleihämter auszuſtehen, und dieſer wird es wahrſcheinlich unterliegen wie überall; wenn wir