aber in wirklich ſozialer Weiſe arbeiten, wenn wir vor allen Dingen den bedürftigen Pfandſchuldnern in einer Weiſe entgegenkommen wollten, daß das Leihaus eine kommunale wohltätige Inſtitution im modernen Sinne ſein würde, dann würden wir ſehr beträchtliche Mittel aufwenden müſſen. Und daß dann die Summe von 4 Millionen Mark nicht zu hoch gegriffen iſt, iſt ohne weiteres zu überſchlagen. Wenn wir jetzt ſchon bei unſeren Charlottenburger Pfandämtern einen Pfänderbeſtand von ungefähr 50 000 haben, und ungefähr den gleichen Betrag als in Berlin untergebracht annehmen, alſo mit wenigſtens 100 000 Pfändern rechnen, die wir an uns heran⸗ ziehen wollen, ſo iſt es doch ganz klar, daß wir einen Benieb einrichten müſſen wie etwa das König⸗ liche Leihamt in Berlin und außer den entſprechenden Baulichkeiten auch ein Kapital von 4 Millionen zur Verfügung haben müßten Nun noch ein Wort über die anderen modernen Methoden ſozialer Fürſorge, nach denen Herr Stadtv. Vogel, wie er ausführte, ſo vergeblich geſucht hat. Meine Herren, ich meine, ſo ſehr ſchwierig ſind die doch wohl nicht zu finden. Ich möchte zunächſt auf die ganze ſoziale Geſetzgebung hinweiſen, die Kranken⸗ verſicherung, Invaliditäte verſicherung, Unfallverſiche⸗ rung; das ſind die Methoden z. B., die der Staat im Großen anwendet. Dann möchte ich hinweiſen auf die kommunale Tätigkeit des Arbeitsnachweiſes, z die Politik der Notſtandsarbeiten der armenrechtlichen Prophylare, der Fürſorge für Lungenkranke, für Waiſen, der Fürſorgeerziehung, der Fürſorge für obdachloſe Familien, der Familienhäuſer uſw.; natürlich auch der Stiftungen, von denen wir ja Gott ſei Dank neuerdings einige umfangreichere zur Verfügung erhalten haben, mit denen man arbeiten kann. Das ſind allerdings Methoden, die nach meiner und nach der Anſicht des Magiſtrats der modernen ſozialen Auffaſſung entſprechen, nicht aber die Methode des Leihamtes, das in der Tat von einem Bedürftigen Zinſen in Anſpruch nimmt, die eben dieſem Bedürf⸗ tigen gegenüber nach unſerem Empfinden etwas Wucheriſches an ſich haben. amt im alten Stil keine moderne Einrichtung mehr. Wenn aber Herr Stadtv. Vogel es moderniſieren will, dann iſt das eine Aufgabe, die mit den Mitteln, die er aufzuwenden ſich vorgenommen hat, auch nicht annähernd zu leiſten iſt. Stadtu. Vogel: Mit den Ausführungen des Herrn Dr. Crüger will ich mich nicht aufhalten, er kennt eben kein Bedürfnis, und da iſt mit ihm nicht zu ſprechen. Was die Ausführungen des Herrn Bürgermeiſters betrifft, ſo möchte ich ihm eine Erklärung, die mir gemacht worden iſt, für den Grund geben, daß in den Monaten Juni, Juli mehr Pfänder als November, Dezember auf das Leihamt gegeben worden ſind. Man iſt vielfach der Meinung, im Winter ſei eigent⸗ lich das Bedürfnis größer, es müßten dann mehr Pfänder ausgegeben werden. Das iſt ganz ſchön, das Bedürfnis mag wohl da ſein, aber die Pfänder ſind vielfach im Winter nicht da. Für die Sommer⸗ ſachen, die man im Winter nicht braucht, Sommer⸗ jacket uſw., wird nicht viel gegeben; dagegen bringen die Wintermäntel, Paletots, Pelze uſw., die im Juni nicht mehr gebraucht werden, ein anſtändiges Pfand. Das habe ich nicht gefunden, das hat mir der leider verſtorbene frühere Direktor Edelmann vom Dresdener Statiſtiſchen Amt geſagt. Das hat man in Dresden beobachtet. — Da ich gerade bei Dresden bin, will 165 Inſofern iſt das Leih⸗ ich auch noch etwas erwähnen. In Dresden befindet ſich bekanntlich die Vogelwieſe und man ſagt, in Dresden ſei ein bischen leichtes Leben, und ein Kluger hat ausgetiftelt und die Redensart aufgebracht: der Dresdener muß auf die Vogelwieſe gehen, und wenn er das letzte Bettſtück verſetzen ſoll. Ich habe Herrn Direktor Edelmann, den ich ſehr gut kannte, auch danach gefragt, und der hat mir erwidert: Be⸗ wahre, auf die Pfänderverſetzungen hat die Vogel⸗ wieſe nicht den geringſten Einfluß, das iſt leeres Geſchwätz, das redet einer dem andern nach. Dann meint der Herr Bürgermeiſter, die Privat⸗ leihämter könnten nur dann beſeitigt werden, wenn beſonders große Mittel für Errichtung öffentlicher Leihämter aufgewendet werden. Ich glanbe, auch damit werden ſich die Privatämter nicht ganz beſeitigen laſſen. Es gibt immer einige Leute und wird es ſtets geben, die durchaus nicht in ein öffentliches Leihhaus gehen wollen; die gehen immer hintenherum in die Privatleihhäuſer, wo ſie unbemerkt ſind; die denken immer, wenn ſie nach dem ſtädtiſchen Leih⸗ amt gehen, wird es zu ſehr bekannt, daß ſie etwas verſetzen. Was die modernen ſozialen Methoden betrifft, die die Leihhäuſer erſetzen ſollen, ſo hat Herr Bürger⸗ meiſter Matting ja eine ganze Reihe davon angeführt. Ich wüßte zwar nicht, was die größte Anzahl damit u tun haben ſoll. wenn man Geld und Kredit braucht. Die Fürſorgeſtellen für Lungenkranke uſw. ſind ja ſehr nützlich, aber jemand, der Geld nötig braucht, können doch die Fürſorgeſtellen nichts nützen⸗ Was noch am erſten für einen in Not befindlichen von Nutzen ſein kann, das ſind die Aſyle für Obdach⸗ loſe. Ja, aber Herr Bürgermeiſter, eine ſolche Ein⸗ richtung haben wir doch gar nicht, die iſt doch in dieſem Jahre abgelehnt worden! Das wäre aller⸗ dings beſonders wichtig. Die anderen Fürſorge⸗ methoden verkenne ich durchaus nicht in ihrer Wirk⸗ ſamkeit, bin aber der Meinung, daß ſie ein Leihhaus nicht zu erſetzen vermögen. (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Verſamm⸗ lung nimmt von der Mitteilung des Magiſtrats Kenntnis.) Vorſteher Roſenberg: Zu Punkt 9 der Tages⸗ ordnung habe ich die Liſte derjenigen Herren zu verleſen, die in den Ausſchuß gewählt werden ſollen; es ſind das die Herren Stadtverordneten Blanck, Döbler, Heiſe, Klick, Lingner, Mittag, Protze, Schmidt, Sellin. — Ein Widerſpruch erhebt ſich nicht, ich erkläre die Herren für gewählt. Punkt 13 der Tagesordnung. Vorlage betr. Erweiterung des ſtädtiſchen Elektrizitätswerkes im Jahre 1907. — Druckſache 152. Berichterſtatter Stadtv. Wöllmer: Meine Herren, um der vorausfichtlichen des Bedarfs an elektriſcher Kraft und elektriſchem Licht gerecht zu werden, hat der Magiſtrat jetzt ſchon dieſe Vorlage eingebracht mit dem Antrage, zu beſchließen, die Kraft⸗ anlagen des Elektrizitätswerkes nach dem vorliegenden Projelte zu erweitern und die Koſten für dieſe Er⸗ weiterung pro 1907 auf 1 Million Mark nach den vorgelegten Koſtenanſchlägen feſtzuſetzen. Der Betrag iſt bekanntlich aus Anleihemitteln zu entnehmen und dem Anlagekapital des Elektrizitätswerkes hinzuzu⸗