Wir kommen zu Punkt 11 der Tagesordnung: Vorlage betr. Neuban der Röntgenbrücke. Druckſache 176. Berichterſtatter Stadtu. Blanck: Meine Herren, ich freue mich, daß ich über ein Projekt Bericht erſtatten darf, das ich in jeder Beziehung als ein außerordentlich günſtiges, ſorgfältig durchgearbeitetes bezeichnen kann; es iſt meiner Anſicht nach tadellos. Ich könnte hiermit ſchließen, zumal die nötigen An⸗ gaben in der Vorlage enthalten ſind; ich möchte aber noch einen kleinen Beweis für meine Be⸗ hauptungen beibringen. Die alte Brücke in der Röntgenſtraße iſt ſchadhaft und ein gefährliches Hindernis für die Schiffahrt. Es iſt wiederholentlich vorgekommen, daß Schiffe an die Prellböcke gefahren und beſchädigt worden ſind: es iſt auch nicht ausgeſchloſſen, daß etwa bei großem Sturm ein Kahn dagegenfährt und verſinkt, ſo daß die ganze Schiffahrt gefährdet würde. Wie groß dann der Schaden ſein könnte, läßt ſich ermeſſen aus der Tatſache, daß gerade dieſer Punkt der für die Schiffahrt frequenteſte in ganz Berlin iſt. Es iſt auch bekannt, daß die Schiffahrt auf den Waſſerſtraßen nach Berlin den größten Umfang auf allen Waſſerſtraßen Deutſch⸗ lands hat. Die Lage der Brücke iſt ſehr günſtig; ſie kann gebaut werden, ohne den jetzigen Verkehr zu be⸗ hindern; auch genügt ſie allen Anforderungen des Verkehrs. Die Fahrvahn hat eine Breite von 9 m; es würden daher 3 große Frachtwagen ſie gleich⸗ zeitig neben einander paſſieren können. Etwas anderes iſt es, wenn vielleicht ſpäterhin eine elektriſche Straßenbahn darüber gehen ſollte: dann könnte allerdings dieſe Fahrt nur eingleiſig erfolgen. Dies geht, weil es ja jahrelang auf der Brücke im Zuge der Berlin⸗Charlottenburger Straße gegangen iſt. Für die Eiſenkonſtruktion iſt das ſogen. Sichel⸗ ſyſtem gewählt worden. Das Sichelſyſtem ſieht in ſeiner nackten Konſtruktion aus wie etwa der Viertelmond, d. h. es wird eine weitgeſtreckte und eine engere Parabel über einander gelegt, und zwar ſo, daß die Entfernung der Schnittpunkte genau 71 m beträgt. Die Schiffahrt hat genügend Raum; die freie Durchfahrt iſt, entſprechend den An⸗ forderungen der Waſſerbauverwaltung, 5 m breit und liegt 4 m über Hochwaſſer. Die weite Spannung der Brücke von 71 m bietet außerdem den Vorteil, 3 zu beiden Seiten etwa 9 bis 10 m breite Lade⸗ ſtraßen anzulegen, an denen Kähne anlegen und entladen werden können. Hinſichtlich der äſthetiſchen Ausbildung kenne ich keine Brücke in Berlin, die ſo leicht erſcheint, wie dieſe, ſelbſt nicht der nahe gelegene Siemens⸗ ſteg und noch weniger die Schloßbrücke. In Berlin har man ſich meines Wiſſens bis dahin zu dieſer Konſtruktion nicht entſchließen können. In Oſter⸗ reich⸗Ungarn und in der Schweiz wird die Parabel⸗ form öfter angewandt, und wer einmal dort reiſt und eine derartige Brücke ſieht, wird ſich freuen über deren leichte Wirkung. Deshalb halte ich die Wahl dieſes Syſtems für eine ſehr vorteilhafte. Auf die Fundierung der Brücke uſw. brauche ich wohl nicht einzugehen; ſie iſt meiner Anſicht nach bombenſicher. Im Auftrage meiner Freunde und mit Rückſicht auf die Koſten des Baues, die ja 618 000 ℳ be⸗ tragen werden, beantrage ich die Wahl eines Aus⸗ 173 von neun Mitgliedern. Ich bemerke gleich⸗ ſehr dringt, ſowohl im der alten Brücke, die als ſtändiges Hindernis droht, und anch mit Rückſicht auf die Koſten. Denn wir wiſſen, daß die Eiſen⸗ konjunktur und alle andern Arbeiten in rapidem Steigen begriffen ſind. und wenn wir mit der Ver⸗ gebung der Eiſenteile noch zwei bis drei Monate zögern, ſo werden wir leicht bis 10% höhere Preiſe zahlen müſſen, was immerhin einen Mehrbetrag von 40⸗ bis 50 000 ℳ ausmachen dürfte. (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Verſamm⸗ lung beſchließt nach dem Antrage des Berichterſtatters die Einſetzung eines Ausſchuſſes und wählt zu Mit⸗ gliedern des Ausſchuſſes die Stadtverordneten Bartſch, Blanck, Callam, Klick, Münch, Rackwitz, Ring, Schmidt und Schwaß.) Vorſteher Roſenberg: ordnung: ſchuſſes zeitig, daß die Sache Intereſſe des Abbruchs Punft 12 der Tages⸗ Vorlage betr. Entſendung von Vertretern zu einer Studienreiſe nach England. Druckſache 177. Stadtv. Otto: Meine Herren, meine Freunde haben der Magiſtratsvorlage ſehr gern zugeſtimmt. Wir halten es im ſachlichen Intereſſe für durchaus erwünſcht, daß unſeren beiden Herren Bürgermeiſtern unter ſachverſtändiger Leitung Gelegenheit gegeben werde, die Einrichtungen Londons kennen zu lernen, und wir meinen. daß es weiter eine Pflicht der Stadt Charlottenburg iſt, bei dem Gegenbeſuch, der in England gemacht wird, ihrerſeits vertreten zu ſein. Wir glauben allerdings, daß es dem Weſen unſerer ſtädtiſchen Verwaltung nicht ganz entſpricht, wenn nur zwei Vertreter des Magiſtrats die Reiſe nach England unternehmen. Meine Freunde ſtellen deshalb zu der Magiſtratsvorlage den Zuſatzantrag, daß auch zwei Vertreter aus der Stadtverordneten⸗ verſammlung, und zwar unter denſelben finanziellen Vorausſetzungen wie die beiden Magiſtratsvertreter, an der Studienreiſe nach England teilnehmen. Es würde das Naturgemäße ſein. daß, falls Sie dieſem Antrage zuſtimmen, wir unſere beiden Vorſteher nach England entſenden. Ich bitte Sie alſo, neben der Genehmigung der Magiſtratsvorlage dem Zuſatzantrage zuzuſtimmen und unſere beiden Vorſteher ebenfalls u der Studienreiſe nach England zu entſenden; es dürfte das durchaus im ſtädtiſchen Intereſſe liegen. (Bravo!) (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Verſamm⸗ lung beſchließt mit großer Mehrheit nach dem Antrage des Magiſtrats und dem Zuſatzantrage des Stadtv. Otto, wie folgt: die beiden Bürgermeiſter und die beiden Vor⸗ ſteher der Stadtverordnetenverſammlung als Vertreter der Stadt zu Studienzwecken nach England zu entſenden, ihnen die bei Gelegen⸗ heit dieſer Reiſe tatſächlich aufgewendeten Koſten zu erſetzen und die dazu notwendigen Mittel aus dem Dispoſitionsfonds zu bewilligen.) Vorſteher Roſenberg: Gegen die Vorſchläge des Wahlausſchuſſes ſind Einwendungen nicht erhoben worden. Ich ſchließe die öffentliche Sitzung. (Schluß der Sitzung 6 Uhr 50 Minuten.) Oruc von Ad olf Gerz, Chartonenburg