— 192 — u befinden, ob er die Übertretung für hinreichend ſcncer erachtet, um ſie an die Polizeiverwaltung weiter zu geben. Was nun den Antrag des Herrn Stadtv. Dzialoszynski anbetrifft, die Sache nochmals in den Aneſchnß zu verweiſen, ſo muß ich wiederholen, was ich vorhin bereits geſagt habe: der Antrag erklärt ſich meines Erachtens nur daraus, daß Herr Rechts⸗ anwalt Dzialoszynski neu in die Verſammlung ein⸗ getreten iſt. Hätte er früher bereits dem Ausſchuß angehört, der über die Vorlage vom Juni 1905 be⸗ raten hat, ſo würde dieſer Antrag heute nicht ge⸗ ſtellt worden ſein. Wird dem Antrage entſprochen, ſo können wir die Angelegenheit perpetuieren: ſowie ein neues Mitglied in die Verſammlung eintritt, das nicht vollſtändig orientiert iſt, kann es dieſen Antrag immer wieder ſtellen, um ſelbſt aufgeklärt zu werden. Ich glaube, daß das zu weit geht. Stadtv. Jolenberg: Meine Herren, durch meine Abweſenheit von Charlottenburg konnte ich mich nicht ſo rechtzeitig mit der Sache befaſſen, wie ich das gewünſcht hätte, um mich mit meinen Parteifreunden über einzelne Bedenken, die ich noch habe, zu ver⸗ ſtändigen, ſodaß ich lediglich für meine eigene Perſon ſpreche. Ich komme über 2 Punkte der Vorlage nicht hinweg, erſtens über die Gebührenfrage und dann über die Polizeiverordnung. Ich kann nicht zugeben, daß der Nutzungswert eines Hauſes in irgend einem Verhältnis zu der Müllproduktion ſteht. Nun iſt allerdings durch Beſchluß der Ver⸗ ſammlung die Sache erledigt, alſo meine Be⸗ denken kommen hier post festum, ich kann nichts mehr machen. Aber die Polizeiverordnung habe ich mir noch⸗ mals durchgeſehen, und da ſcheinen mir doch noch einige Zuſätze nötig zu ſein. Im § 6 heißt es: Zuwiderhandlungen werden mit Geldſtrafe von 1 bis 30 ℳ, im Unvermögensfalle mit ent⸗ ſprechender Haft geahndet. Zuwiderhandlungen wogegen? — Gegen den § 2: Die Sammlung des Hausmülls muß nach den in der Ordnung der Stadtgemeinde Char⸗ lottenburg betr. die Erhebung von Gebühren für die Wegſchaffung des Hausmülls vom vorgeſchriebenen Grundſätzen und Beſtimmungen erfolgen. Und im § 3 dieſer Ordnung heißt es: Die Beſeitigung des Hausmülls erfolgt im Wege des ſogenannten Dreiteilungsverfahrens. Alſo wenn irgend jemand das Dreiteilungs⸗ verfahren nicht innehält, ſo wird der Haus⸗ wirt beſtraft. Ich meine, das kann doch zu außerordentlich unangenehmen Konſequeuzen führen. Ich kann mir z. B. den Fall konſtruieren, daß ein Hauswirt mit ſeinen Mietern nicht in den allerbeſten Beziehungen lebt — beſonders um den Quartals⸗ erſten herum ſind viele Mieter nervös ; (Unruhe) da kann ich mir wohl denken, daß ein Mieter, um den Hauswirt zu ärgern, ſein Mädchen beauftragt — oder das Mädchen tut es aus eigenem An⸗ triebe —, die Lumpen in das Eſſen zu werfen, die Aſche in das Sperrgut. Was erfolgt dann? Das Mädchen oder der Mieter geht zur Polizei und zeigt den Hauswirt an, der nun beſtraft wird, weil die Sachen durcheinander gekommen ſind! So kann ich mir noch ſehr viele Fälle konſtruieren, die zu unangenehmen Folgerungen für den Hauswirt führen. Ich meine alſo, kein Hausbeſitzer kann an dieſer Polizeiverordnung, wie ſie vorgeſchlagen iſt, mit⸗ wirken; denn Ungerechtigkeiten und Schikanen wird dadurch Tür und Tor geöffnet. Ich mache den Vor⸗ ſchlag, dem § 6 hinzuzuſetzen: Polizeiſtrafen, welche infolge Nichtinnehaltung des Dreiteilungsſyſtems verhängt werden, treffen nicht den Hausbeſitzer als ſolchen, ſondern diejenige Perſon, welche gegen § 3 der „Ordnung“ verſtößt. Hier macht ſich auch einmal, wie ich glaube, der Segen des Hausbeſitzerprivilegs, das mir ſonſt gar nicht ſympathiſch iſt, geltend, und ich wende mich in dieſer Frage nicht nur an meine Parteifreunde, ſondern an jeden Hausbeſitzer in dieſer Verſammlung und bitte ihn, dieſem Zuſatz zu der Polizei⸗ verordnung, der die Hausbeſitzer gegen unverdiente Beſtrafung ſichern ſoll, zuzuſtimmen. (Unruhe.) Vorſteher Roſenberg: Darf ich um ſchriftliche Firierung Ihres Antrages bitten? Stadtu. Dr. Spiegel: Meine Herren, die beiden letzten Redner haben bereits betont, daß ſie nur für ihre eigene Perſon ihre Ausführungen machten. Ich brauche wohl auch nicht erſt zu ſagen, daß meine Freunde in ihrer Geſamtheit ſich jedenfalls ſehr davor hüten würden, ſo an eine Intereſſenvertretung zu appellieren, wie es eben der Herr Vorredner getan hat. Wir haben gerade bei dieſer Frage uns mit einem ſehr wichtigen Intereſſe der Stadt zu be⸗ faſſen, das dahin geht, in der ganzen Stadt eine einheitlich gute Müllabfuhr zuwege zu bringen. Das bei einer ſolchen Maßregel die Intereſſen einzelner Privater und namentlich derjenigen, die die finan⸗ ziellen Laſten für eine ſolche Regelung zu tragen haben, und die auch eventuell für Unordnungen haftbar gemacht werden, hier und da leiden werden, darüber ſind wir uns von vornherein klar geweſen. Wir ſind uns wohl bewußt, daß es bei allen Fort⸗ ſchritten, welcher Art ſie auch ſeien, ohne größere oder geringere Härten nicht abgehen kann. Ich glaube aber allerdings, daß bei dieſer Gelegenheit die Hausbeſitzer eine Angſtlichkeit entwickeln, wie ſie mir bei einer für ſie verhältnismäßig ſo gering⸗ fügigen Angelegenheit noch nicht vorgekommen iſt. (Stadtv. Jolenberg: Wir haben Erfahrungen!) — Die Herren wollen Erfahrungen darin haben. Ich möchte einmal wiſſen, wie viele von den Char⸗ lottenburger Hausbeſitzern in den letzten Jahren mit Strafen belegt worden ſind, weil ſie die polizeilich längſt vorgeſchriebene Zweiteilung nicht durchgeführt haben! (Sehr richtig!) Meine Herren, das iſt ein Beiſpiel dafür, daß ſolche Vorſchriften notwendig ſind, daß ſie aber durchaus nicht ängſtlich beachtet werden, und daß die Polizei ſich nicht unnütz hineinmengt — ich hätte beinahe das ſchöne Bild gebraucht: nicht unnütz ihre Naſe in den Müll ſteckt —, (Heiterkeit) ſolange durch die Nichtbefolgung dieſer Vorſchriften nicht Unzuträglichkeiten entſtehen. Es iſt nun von ſeiten unſeres Magiſtrats in allen Ausſchußfitzungen immer wieder betont worden, daß ſehr darauf geſehen werden ſoll, daß die Haus⸗ beſitzer durch die neuen Beſtimmungen nicht unnötig ſchikaniert werden, daß man, ehe die Polizei damit befaßt wird, und ehe Strafen eintreten können, durch rechtzeitige Ermahnung, rechtzeitige Beſprechungen