wie er heute überall ſich entwickelt und bereits ge⸗ wiſſe feſte Formen angenommen hat. Die moderne Armenpflege iſt nur dem Namen nach noch dasſelbe wie die Armenpflege vor 50 Jahren und früher. Anſtelle des früheren gedankenloſen Almoſengebens, womit man ſeine Pflicht getan zu haben glaubte, iſt heute die werklätige Hilfe von Menſch zu Menſch getreten, ein Eingreifen zur rechten Zeit mit rechten Mitteln, ein Nachforſchen, wie es der Herr Ober⸗ bürgermeiſter ſchon erwähnt hat, nach den Urſachen der Verarmung und ein tatkräftiges Eingreifen, um dieſe Urſachen wirkſam zu beſeitigen und dem Nol⸗ ſtand abzuhelfen. Die heutige Armenpflege wartet nicht erſt ab — auch das hat der Herr Ober bürger⸗ meiſter bereits berührt —, bis jemand ihr anheim⸗ fällt; ſie hat als ihre Aufgabe erkannt, vorbeugend zur rechten Zeit mit rechten Mitteln einzugreifen, um zu verhüten, daß jemand der Armenpflege an⸗ heimfällt, um ihn in Stand zu ſetzen, ſich wieder ſelbſt zu ernähren. Ich habe die beſondere Freude gehabt, vor wenigen Wochen, als ich als Vertreter der Stadt Charlottenburg die Ehre hatte, auf dem internationalen Armenpflegekongreß in Mailand an⸗ weſend zu ſein, bei der Eröffnung des Kongreſſes gerade dies Charakteriſtiſche der modernen Armen⸗ pflege, das vorbeugende Moment von den Rednern 179 Nationen in voller ÜUbereinſtimmung betonen zu hören. Die moderne Armenpflege, das möchte ich noch weiter hinzufügen — auch das iſt von dem Herrn Oberbürgermeiſter ſchon geſtreift worden —, begnügt ſich aber nicht mit der eigentlichen Armenpflege. Sie hat als ihre Aufgabe erkannt, auch an den großen Fragen der Geſundheitspflege, ſpeziell der Tuber⸗ kuloſebekämpfung nicht vorüberzugehen. Ich darf es mit Stolz ausſprechen, daß Charlottenburg mit die erſte Stadt geweſen iſt, die dieſe Aufgabe der Armen⸗ pflege in Angriff genommen und ſich beſtrebt hat, auch ihrerſeits zur Bekämpfung der Volkskrankheiten beizutragen. Sie hat, nachdem ſie anfangs faſt allein geſtanden, Nachfolge bei allen deutſchen Groß⸗ ſtädten gefunden, zuerſt langſam und zögernd, und heute beſteht bei allen Großſtädten in Deutſchland darin allgemeine Übereinſtimmung, daß die Betätigung auf dieſem Gebiet zu den Aufgal en der Armenpflege gehört. Ich darf verſichern, daß, von einer kleinen Periode, die hinter uns liegt, abgeſehen, ich in meinem Beſtreben, dieſem ſozialen Geiſt in der Armenpflege und weiter auch in der allgemeinen Wohlfahrtspflege zum Durchbruch zu verhelfen, in unſerer Verwaltung immer tatkräftige Unterſtützung beim Magiſtrat wie bei der gegenwärtigen Stadtverordnetenverſammlung gefunden habe, und ich darf Ihnen allen für die Unterſtützung die Sie mir haben zu Teil werden laſſen, herzlich danken. Es verſteht ſich von ſelbſt, meine Herren — das ſei mir noch hinzuzufügen geſtattet —, daß die Aufgaben, die die moderne Armenpflege zu löſen hat, höhere Aufwendungen erfordern als die der früher geübten Armenpflege. Es verſteht ſich von ſelbſt, daß ganz andere Mittel erforderlich ſind, und naturgemäß mit der Vertiefung der Armenpflege die Ausgaben überall und auch bei uns weſentlich wachſen. Der Dezernent der Armenverwaltung iſt dabei in einer ſchwierigeren Lage als die Dezernenten anderer Verwaltungen, die gleichfalls keine Einnahmen ſondern nur Ausgaben haben, weil das, was er leiſten kann, nicht ſo augenfällig zu Tage tritt. Wenn beiſpielsweiſe das chee ein Schulge⸗ bäude errichtet, das Tiefbauamt eine neue Straße 212 anlegt, dann ſieht ein jeder, was geleiſtet worden iſt, und er kann es beurteilen, ob das den aufge⸗ wendeten Mitteln entſpricht. Die Tätigkeit bei der Armenverwaltung aber vollzieht ſich eigentlich hinter verſchloſſenen Türen; es iſt nur bei eingehendem Studium möglich, zu ſehen, in welcher Weiſe etwas zum Beſten der Armen geſchehen iſt. Und ſelbſt wenn das zu erlennen möglich iſt, dann kommt immer für den Dezernenten nech die Schwicrigkeit, daß er bei den Aufgaben, zu deren Erfüllung die Stadt geſetzlich verpflichtet iſt, niemals im Stande iſt, im voraus zu wiſſen, wieviel er gebrauchen wird, ſodaß er notgedrungen, gegen ſeinen Willen, oft gezwungen iſt, mehr zu verbrauchen, als im Etat zur Verfügung ſteht. Sie finden auch heute wieder eine ſolche Nachtragsforderung der Armenver⸗ waltung; die Verhälmiſſe ſind eben ſtärker als der beſte Wille der Menſchen. Ich darf aber auch hente feſtſtellen — der Herr Oberbürgermeiſter und der Herr Stadtverordnetenvorſteher haben das bereits be⸗ tont —, daß ich auch bei Bewilligung der Mittel ſtets volles Entgegenkommen bei Stadtverordneten⸗ verſammlung und Magifſtrat gefunden habe. Ich darf die Verſicherung abgeben, meine Herren, daß ich bemüht ſein werde, weiter in ſozialem Sinne die Armenpflege zu leiten, und bitte Sie, mir auch fernerhin Ihr Vertrauen zu ſchenken. (Bravol) Vorſteher Roſenberg: Ich bitte die Verſammlung, eine Vorſtellung entgegenzunehmen. Ich habe die Ehre, Herrn Aſſeſſor Schulze, der in unſerer Ver⸗ . . informatoriſch beſchäftigt wird, vorzu⸗ ſtellen. — Wir kommen zu Nr. 2 der Tagesordnung: Mitteilung betr. Prüfung der ſtädtiſchen Kaſſen im Monat Juni d. J (Die Beratung wird eröffnet und geſchloſſen. Die Verſammlung nimmt Kenntnis.) Punkt 3 der Tagesordnung: Mitteilung betr. die für Durchfeuchtungen von Grundſtücken in der Nähe des Rieſel⸗ feldes im Rechnungsjahre 1905 gezahlten Entſchädigungen. — Druckſache 247. (Die Beratung wird eröffnet und geſchloſſen. Die Verſammlung nimmt Kenntnis.) Punkt 4 der Tagesordnung: Vorlage betr. Austauſch von Grundſtücks⸗ flächen an der . 4 Druck⸗ ache 248. (Die Beratung wird eröffnet und geſchloſſen. Die Verſammlung nimmt Kenntnis von der vorge⸗ legten Skizze über die zukünftige Bebauung der Grundſtücke Fritſcheſtraße 92/04 und beſchließt mit großer Mehrheit: 1. Der Austauſch der auf dem vorgelegten Plan mit den Buchſtaben B b e B (4 qm) und e f h e (1 qm) umſchriebenen Flächen des zur Witteſchen Slftung gehörigen ſtädtiſchen Grundſtücks Fritſcheſtraße 94 — Band 136 Bl. Nr. 4881 des Grundbuchs — gegen die *