— 8226 — die Einrichtung eines Stadtſchuldbuches zu machen. Antragſteller Stadtv. Mann: Meine Herren, unſer Antrag bezweckt in erſter Reihe, unſere Stadt⸗ obligationen beliebter zu machen und ihren Kurs ſtabiler zu geſtalten. Ich verſtehe unter einem Stadt⸗ ſchuldbuch eine Depoſitenſtelle, bei welcher die In⸗ haber von Stadtanleihen ihre Papiere niederlegen können, um ſie teils vor Diebes⸗, teils vor Feuers⸗ gefahr zu ſchützen und die Vernachläſſigung der Ver⸗ lofung zu inhibieren. Derſelbe Antrag lag der Berliner Stadtverordnetenverſammlung im Mai dieſes Jahres vor; er wurde von dieſer mit großer Majorität angenommen. und der Herr Kämmerer hat ſich ſehr ſympathiſch zu dem Antrage geäußert. In Frank⸗ furt a. M. und Köln iſt dieſe Einrichtung bereits getroffen, in Frankfurt a. M. ſeit drei Jahren, und die Einrichtung hat ſich bisher ſehr gut bewährt. Von den 139 Millionen Obligationen Frankfurts ſind in den drei Jahren 19 Millionen deponiert worden, und es ſind 402 Konti errichtet worden. Meine Herren, wenn man ſich vergegenwärtigt, welche Unſummen von Stadtobligationen jetzt jedes Jahr an die Börſe kommen, ſo muß man ſich wundern, daß nicht ſchon längſt die Städte Stadtſchuldbücher errichtet haben, um den Kurs einigermaßen ſtabil zu erhalten. Es iſt Tatſache, daß man an der Börſe unſere Obligationen jeden Tag in großen Poſten kaufen kann; aber wehe dem, der in der Lage iſt, mal einen großen Poſten verkaufen zu laſſen! Es iſt unmöglich, einen großen Poſten zu dem Tages⸗ kurſe unterzubringen. Ich kann Ihnen einen Fall nennen, bei welchem jemand einen ſehr großen Poſten Obligationen an den Markt brachte und von dieſem großen Poſten nur den kleinen Poſten von 2000 ℳ os geworden iſt. Die Unkoſten eines ſolchen Stadtſchuldbuches ſind minimal; es gehören vielleicht zwei Beamte dazu. Ebenſo wie die Reichsbank ein Depoſitenkonto hat und die betreffenden Deponenten eine gewiſſe Ab⸗ gabe zu zahlen haben, iſt es in Frankfurt a. M.: die Betreffenden zahlen 1 ℳ für 1000 ℳ. Dieſe Depoſitenſtellen könnten dann auch dazu dienen, die Verloſungen nachzuſehen und für die verloſten Papiere neue Papiere, d. h. neue Obligationen, zu kaufen. Ich bitte, meinen Antrag anzunehmen. Oberbürgermeiſter Schuſtehrus: Meine Herren, daß der Vorſchlag des Herrn Stadtv. Mann nach manchen Richtungen Vorteile hat für diejenigen, welche Beſitzer von Stadtobligationen ſind, iſt un⸗ zweifelhaft. Ob aber durch die Einrichtung eines Stadtſchuldbuches, wie er es ſich wünſcht, die weit⸗ gehenden Vorteile erzielt werden, die er ſich verſpricht, iſt mir mehr als zweifelhaft. Namentlich glaube ich nicht, daß es möglich ſein wird, durch die Einrichtung eines Stadtſchuldbuches zu erreichen, daß diejenigen, welche größere Kapitalien an der Börſe an einem Tage verkaufen wollen, es dann auch zu dem Tages⸗ kurſe tun können; ich glaube nicht, daß die Wirkung dieſer Einrichtung ſo weit gehen wird. Auch die Koſten werden nicht ſo ganz unbedeutend ſein. Im⸗ merhin iſt der Gedanke erwägenswert, namentlich da bereits zwei große Städte, Frankfurt a. M. und Köln, damit vorgegangen ſind, und wir find gern bereit, in eine Prüfung dieſes Gedankens einzutreten, ob⸗ gleich auch hier wieder nicht zu verkennen iſt, daß die Verhältniſſe in Frankfurt a. M. und Köln, in ganz für ſich abgeſchloſſenen Städten, in für ſich ab⸗ geſchloſſenen Abſatzgebieten für die Stadtobligationen doch ganz anders ſind als bei uns in Charlotten⸗ burg. Aber wir werden uns erkundigen. Lange be⸗ ſtehen die Erfahrungen auch in Frankfurt a. M. und Köln noch nicht; dort ſind die Stadtſchuldbücher, ſoviel ich weiß, auch erſt ſeit kurzer Zeit eingerichtet. (Stadtv. Mann: Drei Jahre!) — Jawohl, in Frankfurt ſeit drei Jahren, in Köln erſt ganz vor kurzem. Aber vielleicht können dieſe Städte uns doch einige praktiſche Winke für die Ein⸗ richtungen geben. Wenn Sie dem Antrage zuſtimmen ſollten, ſo werden wir uns gern erkundigen und das Reſultat unſerer Erwägungen Ihnen mitteilen. Stadtv. Dr. Frentzel: Der Herr Oberbürger⸗ meiſter hat ſich etwas ſkeptiſch gegenüber der Wirkung eines Stadtſchuldbuches ausgedrückt. Ich möchte weiter gehen und behaupten, daß die Betrachtungen, die Herr Stadtv. Mann an den Anfang ſeiner Aus⸗ führungen ſtellte, und die die Motive zu ſeinem An⸗ trag abgeben ſollen, wahrſcheinlich nicht erfüllt werden, ja der Natur der Sache nach auch nicht erfüllt werden können. Herr Stadtv Mann ging von der Idee aus, daß man durch die Schaffung eines ſolchen Stadtſchuldbuches den Kurs ſtationärer machen und den Handel in unſeren Obligationen beleben und damit unſere Obligationen dem kapitalanlegenden Publikum gefäll iger machen würde. Das, was er ſich als Stadtſchuldbuch denkt, iſt genau nach dem Muſter des preußiſchen Staatsſchuldenbuches gebildet, welches auf dem Geſetz von 1883 beruht und dazu da iſt, daß man Papiere, die auf den Inhaber lauten, durch Eintragung in das Staatsſchuldenbuch zu einer Buchſchuld machen kann und — genau, wie Herr Stadtv. Mann ausführte — dann der Mühe des Nachſehens der Verloſung überhoben iſt. (Widerſpruch des Stadtv. Mann.) Tatſächlich iſt die Einrichtung des Staatsſchuldenbuchs in Preußen ſo, und ich habe auch Herrn Stadtv. Mann ſo verſtanden. Der Gläubiger kann nun ſeine Titres herausbekommen auf Antrag. Tatſächli 9 bleiben ſie nun — und das wird auch Herr Stadtv. Mann wollen — als Depoſit im Verſchluß des Schuldners. Im übrigen werden wir uns leicht einigen. Eines iſt ja klar: dieſe Einrichtungen werden im weſentlichen von Stiftungen, von Ver⸗ waltungen großer, mündelſicher anzulegender Ver⸗ mögen benutzt werden, bei denen es weniger auf einen beſonders hohen Zinsgenuß ankommt als viel⸗ mehr darauf, einen ſichern Zinsgenuß zu erzielen, bei denen die Vermögensverwalter ſich die Vermögens⸗ verwaltung ſehr leicht machen wollen, und bei denen vor allen Dingen niemals damit zu rechnen iſt, daß dieſe Papiere den Beſitzer wechſeln werden. In ſolchen Fällen hat das preußiſche Staatsſchuldenbuch ſich we⸗ nigſtens ſehr bewährt. Nun glaube ich kaum, daß irgend einer Stadt⸗ anleihe eine derartige Beliebtheit zugeſprochen wird, daß nur in ihren Papieren — um die kann es ſich doch nur handeln — große Vermögen angelegt werden. Jedenfalls, wie dem aber auch ſei, ſcheint es uns, iſt eines ganz ſicher: daß dem freien Markt eine große Reihe von Papieren entzogen wird; und dadurch wird nach meiner Meinung gerade das Umgekehrte don dem erreicht, was Herr Stadtv. Mann will: (ſehr richtig!) es wird die Zahl der zum Verkauf angebotenen und der zum Kauf verlangten Papiere geſchwächt. Denn