— 228 — groß iſt, daß er den Nachteil der Koſten rechtfertigt; zu dieſem Reſultat kann man ja kommen. Jedenfalls war ich früher für Charlottenburg — ich betone das: für die hieſigen Verhältniſſe — kein Anhänger dieſer Einrichtung, weil ich mir ſagte: für unſere Verhält⸗ niſſe paßt das nicht. Unſer Markt iſt auch nicht ſo groß, daß die Einführung eines Stadtſchuldbuches. in Frage kommen könnte, um ſo mehr, als es ſich um verloebare Anleihen handelt, ferner um die täg⸗ liche Abhebbarkeit und die Frage, daß, falls die Verloſung eintritt, für das verloſte Kapital andere Anleihen zu beſchaffen wären. Alles das bedingt eine ziemlich erhebliche Arbeit. Der Magiſtrat wird indeſſen, wie der Herr Oberbürgermeiſter bereits er⸗ klärt hat, prüfen und nachher der Stadtverordneten⸗ verſammlung eventuell eine Vorlage machen können. Stadtv. Kaufmann: Meine Herren, die Aus⸗ führungen des Herrn Kollegen Mann in ſeiner zweiten Rede ſind für mich gerade beſtimmend, mich nicht für ſeinen Antrag, wie er vorliegt, erklären zu können. Würde Herr Kollege Mann beantragt haben, ein Stadtſchuldbuch zu errichten, dann könnte ich mir die Frage unter Berückfichtigung der Koſten einmal kalkulieren. Nur durch ein Stadtſchulobuch, das ähnlich konſtruiert wäre wie das Staatsſchuldenbuch, iſt die Möglichkeit gegeben, die Anleihen dem offenen Markte zu entziehen. Wenn Sie eine Depotſtelle einrichten wollen, ſo eröffnen Sie ein Bankgeſchäft, und das iſt der erſte Schriti zu einer ſtädtiſchen Bank. Ob das rationell iſt, laſſe ich dahingeſtellt. Herr Kollege Mann, der ja zweifellos vom beſten Wollen für die Inhaber der Obligationen beſeelt iſt, verkennt auch, wo unſere Stadtobligationen haupt⸗ ſächlich ihren Sitz haben. Sie ſind hauptſächlich für Vermögensverwaltungen, für Verſicherungsgeſell⸗ ſchaften und ähnliche halböffentliche Anlagen beſtimmt, und dieſe Art Käufer von Obligationen haben bei ſich ſelbſt vollkommen die Einrichtungen für die Kontrolle der Verloſungen, die Fälligkeit der Zinſen uſw.; ſie würden ſich niemals einer Depotſtelle der Stadt zu bedienen brauchen. Aber auch der einzelne Sparer, der Stadtobligationen hat, pflegt ſich meiſt — und ich glaube, ich darf ſagen: zu allermeiſt — des Bankiers zu bedienen, der für ihn die Arbeit übernimmt. Jeder Bankier übernimmt für das, was er anſchafft reſp. in ſeinem Depot behält, die Kontrolle der Verlosbarkeit und Einziehung der Zinſen, ſchon aus dem einfachen geſchäftlichen Grunde, weil das Geld wieder in die Hände des Bankiers fließt und er mit der Neuanſchaffung wieder betraut wird. Ich glaube, ſo gut der Antrag gemeint iſt, daß er für die Verhältniſſe Charlottenburgs doch nicht paſſen wird, und daß jedenfalls durch ihn nicht das erreicht wird, was der Antragſteller bezweckt. Ich kann nach dem, was vorliegt, unmöglich den Magiſtrat erſuchen, eine Vorlage zu machen. Da der Magiſtrat erklärt hat, daß er die Sache prüfen will, glaube ich, würden wir den Antrag des Herrn Kollegen Mann dem Magiſtrat nicht in der Form überweiſen können, wie er geſtellt iſt, ſondern ſagen müſſen, der Magiſtrat möge erwägen, ob die Einrichtung einer ſolchen Anſtalt, wie ſie Herr Kollege Mann unſeren ſtädtiſchen Finanzanſtalten hinzufügen will, opportun iſt. Wenn in dieſer Form der Antrag geſtellt wird, (Widerſpruch des Antragſtellers Stadtw. Mann) ſo bin ich einverſtanden, ihn dem Magiſtrat, da er ſich die Mühe machen will, zu überweiſen. Heute aber den Magiſtrat um eine Vorlage zur Errichtung eines Stadtſchuldbuches zu erſuchen, von deſſen Un⸗ zweckmäßigkeit ich überzeugt bin, dafür kann ich mich nicht erklären. Stadtv. Dr. Frentzel: Ich muß zugeben, daß ich die Ausführungen des Herrn Stadtv. Mann in ſeiner erſten Rede nicht überall richtig aufgefaßt hatte. Hätte ich das getan, ſo würde ich mich wahr⸗ ſcheinlich noch ſchärfer gegen ſeinen Vorſchlag ge⸗ wendet haben. Es geht mir genau ſo wie Herrn Kollegen Kaufmann: ich hatte urſprünglich ange⸗ nommen, daß Herr Stadtv. Mann eine Schuldbuch⸗ ſtelle einführen wollte, wie der Staat es getan hat. Was Herr Stadtv. Mann will, iſt weiter nichts als ein kleines Bankgeſchäft, das lokal mit Charlotten⸗ burger Stadtobligationen handelt und dazu doch einen verhältnismäßig großen Apparat. in Szene ſetzen muß, den der Bankier und die Reichsbank für ſehr viele Papiere auszunutzen in der Lage ſind. Das würde ſehr viel mehr Sinn haben, wenn wir annehmen könnten, daß die Inhaber der Charlotten⸗ burger Stadtanleihen alle in Charlottenburg oder Berlin wohnen; das iſt aber doch nicht ſo, ſondern ſie ſind über ganz Deutſchland verſtreut und kommen gar nicht dazu, dieſe ſpeziell lokale Einrichtung zu gebrauchen. Für die kleinen Sparer in Charlottenburg, die Charlottenburger Stadtanleihe ankaufen wollen, ſcheint mir der Apparat etwas zu kompliziert und zu teuer, weil die Stadt unter einer beſonderen Kontrolle arbeiten muß. Im übrigen macht die Reichsbank dieſes Geſchäft für %o, und irgendetwas werden wir den Leuten doch auch ab⸗ nehmen müſſen; denn die Stadt kann doch nicht auf Koſten der Steuerzahler die Bankgeſchäfte der Kapitaliſten beſorgen! (Die Beratung wird geſchloſſen.) Antragſteller Stadtv. Mann (Schlußwort): Der Herr Kämmerer hat ganz beſonderen Wert darauf gelegt, zu betonen daß, ſo gut die Leute jeden Tag ihre Depots hinbringen können, ſie auch jeden Tag ihre Depots abheben können. Da möchte ich den Herrn Kämmerer darauf hinweiſen, daß das Gegen⸗ teil hiervon in Frankfurt a. M. ſich erwieſen hat. In Frankfurt a. M. ſind in den drei Jahren 402 Conti errichtet worden, und von dieſen 402 Conti ſind im ganzen in den drei Jahren 2 abgehoben worden, und unter dieſen 2 iſt wieder 1, das wegen Erbſchafts⸗ regulierung zurückgezogen werden mußte. Sonſt iſt alſo in Frankfurt a. M. von den 402 Conti nur ein einziges während der drei Jahre zurückgezogen worden. Ich bin auf den Antrag nur deshalb gekommen, weil ſeit dem Jahre 1900 Außerkursſetzungen nicht mehr ſtattfinden können. Bisher konnte man ſeine Papiere außer Kurs ſetzen laſſen und dadurch gegen Diebes⸗ und Feuersgefahr ſchützen; heute kann man das nicht mehr. Heute kann man nur mit Geneh⸗ migung des Ausſtellers die Papiere auf ſeinen Namen übertragen laſſen; dazu iſt der Ausſteller aber nicht einmal verpflichtet, und es macht koloſſale Umſtände. Wenn Herr Stadtv. Kaufmann ſagt: unſere Papiere werden nur von großen Leuten gekauft, ſo möchte ich ihm erwidern: Herr Kaufmann, Sie ſind auf einer ganz falſchen Fährte! Ich kenne eine Maſſe Charlottenburger kleiner Leute, die mit großer Vor⸗ liebe gerade unſere Anleihen kaufen, und dieſe Leute ſind für uns die ſtabilſten Gläubiger, die wir haben