— — 239 — beſtrebt iſt, wo ſich auch nur entfernt eine geegewan dazu bietet, die Selbſtverwaltung der Kommune zu beſchränken, ſoweit es ihm nur irgend möglich iſt. Meine Herren, ich möchte wirklich gerne wiſſen, ob der Miniſter — wir ſprechen ja hier immer von dem Miniſter, wir wiſſen aber, daß für alle dieſe Dinge nicht eigentlich der verantwortliche Teil der Miniſter iſt, ſondern der Miniſterialdirektor Schwartz⸗ kopff, dem wir ja auch das Volksſchulgeſetz zu verdanken haben und der auch hinter dieſer Verfügung ſteht — ich möchte wirklich wiſſen, ob der Miniſterial⸗ direktor Schwartzkopff jene Ausführungen des Kollegen Liszt über Gottesfurcht geleſen hat, und wie er ſich u denſelben ſtellt. Ich glaube, idealer kann man ſic überhaupt gar nicht den Gedanken vorſtellen, wie es in den Ausführungen des Kollegen von Liszt geſchehen iſt. Und darauf die Antwort, wie wir ſe hier in der Verfügung des Miniſters erhalten haben! Ein trauriges Zeichen der Zeit. Ich glaube auch deswegen, daß wir es hier mit einer Frage von prinzipieller Bedeutung zu tun haben, weil — und ſo weit ich mich erinnere, hat Herr Kollege von Liszt auch darauf hingewieſen — es ſich in den unausbleiblichen Kämpfen um das Volks⸗ ſchulgeſetz wahrſcheinlich auch um die Erörterung dieſes Gegenſtandes handeln wird. Gewiſſe Kreiſe waren freilich der Meinung, es würde, wenn wir das Volksſchulgeſetz bekommen, eine gewiſſe Ruhe eintreten, die Kommunen würden in ihrer Selbſt⸗ verwaltung allerdings gewiſſe Beſchränkungen über ſich ergehen laſſen müſſen, aber man würde doch wenigſtens wiſſen, was Rechtens iſt. Ja, meine Herren, der Beſcheid des Kultusminiſters, der jetzt gedruckt vor uns liegt, beweiſt uns ganz klar, daß auch unter dem neuen Volksſchul⸗ geſetz keineswegs Klarheit herrſchen wird, ſondern daß unter dem neuen Geſetz die Willkürherrſchaft des Kultusminiſteriums ebenſo Platz greifen wird, wie es bisher der Fall geweſen iſt. (Bravo!) Meine Herren, über die Perfönlichkeit des Herrn Kollegen Dr. Penzig hier weiter ein Wort zu verlieren, iſt zweifellos nicht nötig. Es iſt vom Kollegen von Liszt das ausgeſprochen, was not⸗ wendig war, und es hat im übrigen ja dann der Herr Oberbürgermeiſter noch die Erklärung ab⸗ gegeben, daß ihm gegenüber der Regierungs⸗ präſident geäußert habe: vor der Perſon des Kollegen Dr. Penzig alle Hochachtung, nur als Mitglied der Schuldeputation könne er ihn nicht beſtätigen — ja, ſo weit ging die Hochachtung nicht. Nun, meine Herren, gut, wir wollen zugeben, daß der Religionsunterricht nicht angetaſtet werden darf. Sind denn eigentlich alle Mitglieder der Schuldeputation Wächter des Religi onsun ter⸗ richts? Ich meine, wir wählen nicht die Mitglieder der Stadtverordnetenverſammlung zu Mitgliedern der Schuldeputation, damit ſie dort über den Religions⸗ unterricht wachen. Dafür hat ſchon die Regierung ihre Leute in der Schuldeputation, die Sorge tragen werden, daß der Religionsunterricht nicht zu kurz kommt. Wir haben den Kollegen Dr. Penzig nicht als Wächter des Religionsunterrichts in die Deputation geſchickt, und daher war ſchon aus dieſer Erwägung heraus jene Ablehnung des Regierungspräſidenten und ihre Beſtätigung durch den Miniſter nach meiner Auffaſſung vollſtändig unhaltbar. Meine Herren, wenn man ſich die Dinge ver⸗ gegenwärtigt, dann kommt man zu der Überzeugung, daß der Herr Kultusminiſter in jenem Falle ſich wieder einmal als einen Kirchenminiſter aufgeſpielt (ſehr richtig !) und vollſtändig vergeſſen hat, daß er daneben auch noch Kultusm i niſter und Schulmin iſter zu ſein verpflichtet iſt. (Sehr wahr!) Die Kommunen ſind, weiß der Himmel, nicht konfliktsluſtig, ſie ſind froh, wenn man ſie ihrer Wege gehen läßt, und wenn man ihnen in der Verfolgung ihrer Ziele keine Schwierigkeiten bereitet. Ich bin nun aber der Meinung. daß wir in der Stadtverordnetenverſammlung uns etwas vergeben würden, wenn wir dieſen Beſcheid des Kultusminiſters einfach ad acta nehmen, vielleicht begleitet mit einigen Reden, die in dieſer Verſammlung dazu geſprochen werden. Ich bin der Überzeugung, daß wir nur e ine Antwort auf dieſen Beſcheid des Kultusminiſters geben können: wir wählen den Kollegen Dr. Penzig wieder in die Schuldeputation. (Bravol) Wenn der Kultusminiſter den Konflikt haben will, dann mag er ihn haben; wir werden den Fehdehandſchuh aufheben. Es wäre ein Zeichen außerordentlicher Schwäche, wenn wir uns bei dieſem Beſcheide des Miniſters beruhigen wollten. Es beſtände vor allen Dingen die Gefahr, daß daraus der Schluß gezogen würde: wir erlennen den Beſcheid des Kulmmeenaſters als richtig an und fügen uns dem Beſcheide. Wir haben kein Rechtsmittel gegen den Beſcheid, wir können den Rechtsweg nicht deſchreiten; aber wir müſſen wenigſtens dagegen Proteſt erheben. Wir wiſſen ganz genau, wie die Dinge laufen werden; aber wir ſind es nicht bloß uns, wir ſind es auch den übrigen Kommunen ſchuldig, Proteſt gegen dieſen Beſcheid des Kultus⸗ miniſters einzulegen, und wir können das in keiner befſeren Weiſe tun, als indem wir den Kollegen Dr. Penzig wieder als Mitglied der Schuldeputation in Vorſchlag bringen. (Bravo! bei den Liberalen.) Stadtv. Dr. Riel: Meine Herren, nach den Aus⸗ führungen meines Herrn Vorredners könnte ich mich faſt darauf beſchränken, zu erklären, daß ich mich ihm Wort für Wort anſchließe; denn ich glaube kaum, daß ich beſſer meine Anſicht begründen könnte, als es mein Herr Vorredner getan hat. Gleichwohl möchte ich, um nicht Mißverſtändnis zu erregen, mich mit Ihrer Erlaubnis wenigſtens etwas über meine Anſicht verbreiten. Ich bin mit dem Herrn Kollegen Dr. Crüger der Anficht, daß wir hier einen Fall von weiteſt⸗ gehender prinzipieller Bedeutung vor uns haben. Meine Herren, wenn wir, die Stadtgemeinde Char⸗ lottenburg, auf Grund langjähriger Kenntnis eines Mannes, der in unſerer Mitte weilt, ihn für geeignet und würdig erachten, einen Platz in der Schul⸗ deputation einzunehmen, ſo muß ich geſtehen, ich begreife nicht, daß eine Regierungsbehörde uns ſagen kann: ihr mögt das glauben oder nicht, ich weiß es beſſer. Ich meine, der Herr Kultusminiſter kann es gar nicht beſſer wiſſen als wir, und wenn wir in unſeren ſtädtiſchen Angelegenheiten einen Mann für geeignet und befähigt erachten, ſo ſoll er doch nicht päpſtlicher ſein als wir ſelber. Dieſer Eingriff in unſere eigene Selbſtbeſtimmung iſt ein ſo bedenklicher,