—— 240 daß wir dagegen ganz energiſch Proteſt erheben müſſen. Und wenn ich mir die Antwort des Herrn Miniſters daraufhin anſehe, aus welchen Gründen er nun zu ſeinem abweiſenden Beſchluſſe gekommen iſt, ſo kann ich ebenfalls mit Herrn Kollegen Dr. Erüger ein gewiſſes Befremden nicht unterdrücken. Meine Herren, wir wiſſen ja nicht, was in der Tiefe des Tintenfaſſes des Herrn Dezernenten ger ſchlummert haben kann, wir haben ja nur die Worte, die uns der Herr Miniſter hier als ſeine Anſicht, weil er ſie unterſchreibt, zum Ausdruck bringt. Wenn er uns aber hier ſagt, daß Herr Dr. Penzig nicht geeignet iſt, weil er den Religionsunterricht als eine der weſentlichſten Grundlagen der preußiſchen Volksſchule bekämpft, ſo kann ich nur mit dem Herrn Dr. Crügerſ ſagen: wenn er oder irgend wer anders käme, um eine andere angeblich weſentlichſte Grundlage dieſes Unterrichis zu bekämpfen, ſo iſt er eben, und wäre er noch viel frömmer als fromm, auch nicht geeignet, in unſerer Schuldeputation zu ſitzen. Daß das durchaus ad absurdum führen muß, iſt ſo klar, daß es einer Erörterung nicht bedarf. Ich möchte aber den Gedanken ein klein wenig weiter ausſpinnen. Meine Herren, wir ſehen ja leider Gottes in unſerm lieben Vaterlande täglich den Kampf zwiſchen poſitiver und liberaler Richtung im Kirchenregiment. Wer ſteht uns denn dafür, daß es nicht eines ſchönen Tages einmal heißt: alle diejenigen, die auf der liberalen Seite bezüglich der Religion ſtehen, ſind nun auch nicht mehr geeignet, (ſehr richtig!) wir nehmen jetzt bloß noch Poſitive?! Und nun frage ich Sie, meine Herren: wie in aller Welt ſoll der unglückſelige Kandidat für die Schuldeputation den Befähigungsnachweis liefern? (Heiterkeit.) Da nutzt ihm überhaupt nicht mehr das apoſtoliſche Bekenntnis, denn ſelbſt über dieſes iſt ja der größte Streit vorhanden. Und wenn er es wirklich herunter⸗ betet, und er kommt zu ſeiner Auslegung, ſo wird ihm ſchließlich doch nicht mehr geglaubt. Dann ſind wir an einer Crur angelangt, für die es keine Heilung mehr gibt — für uns ſchon, aber nicht mehr für die Regierungsbehörde! Meine Herren, ich möchte jedoch vor allen Dingen auf eins hinweiſen. Mein Stadwerordneten⸗ herz hat ſich recht gefreut, durch den Herrn Miniſter zu hören, daß die Schuldeputation eine autoritative Stellung hat. (Heiterkeit.) Mir iſt doch ſo, als wenn während meiner Tätigkeit als Stadtverordneter recht oft uns klar gemacht worden wäre, daß wir von wegen Schuldeputation überhaupt nichts mehr zu ſagen haben, (ſehr gut!) daß wir nur noch unſern Diener machen, daß wir ſchön Ja ſagen und im übrigen aus unſeren Sitzungen befriedigt nach Hauſe gehen. (Heiterkeit.) Und jetzt auf einmal ſind wir autoritativ?! Ja, die Nachricht hör ich wohl, aber mit meinem Glauben, wenigſtens inſoweit, (erneute Heiterkeit) iſt es recht bös beſtellt. Und, meine Herren, mit Recht ſagt Herr Kollege Dr. Crüger: wer iſt es denn, der die Lehrpläne aufſtellt? — etwa die Schul⸗ deputation? Wir haben doch nur beizuſtimmen, ſie werden uns vorgelegt — wie ſoll denn da nun Herr Dr. Penzig in der Schuldeputation mit Erfolg einen Kampf gegen dieſe „weſentliche“ Grundlage im Schulunterricht, gegen die Religion führen können! Er würde ja offene Türen einlaufen, er kommt ja gar nicht dazu! Den Kampf könnte er vielleicht von außen führen, außerhalb der Schuldeputation, wie er es vielleicht auch tut. Und nun kommt doch nur die eine Frage: führt er dieſen Kampf mit Erfolg oder nicht? Führt er ihn mit Erfolg, dann iſt er ja gerade der geeignete Mann, dann hat ſich ja die Anſicht der Regierung bekehrt, dann iſt er gerade befähigt, in der Schuldeputation zu ſitzen! Ich verſtehe beim beſten Willen nicht, weshalb das ein Grund ſein ſoll, daß Herr Kollege Dr. Penzig für dieſen Sitz in der Deputation nicht geeignet iſt. Was nun unſere weitere Handlung anbetrifft, 0 bin ich allerdings ſehr ſteptiſch. Irgendwelches Mittel, dem Herrn Miniſter unſere Anſicht aufzu⸗ zwingen, haben wir nicht. Daß der Proteſt, den wir hier erheben, ein Windproteſt ſein wird, das glaube ich leider auch annehmen zu müſſen. Ob wir etwas erreichen, wenn wir Herrn Dr. Penzig wiederum präſentieren, ſcheim mir gänzlich ausge⸗ ſchloſſen. Die Beſtätigung bekommen wir das nächſte Mal ebenſo wenig, wie wir ſie jetzt haben. Glauben Sie, meine Herren, daß wir zwecks Ausſprechens eines ganz beſonders energiſchen Proteſtes nochmal Herrn Dr. Penzig präſentieren ſollen, ſind Sie der Üüberzeugung, ſo werden Sie nicht nur mich, ſondern einen großen Teil meiner Freunde. vielleicht den größten Teil von iynen, an Ihrer Seite ſehen. Wir werden, wenn Sie meinen, daß wir nicht anders und nicht ſchärfer proteſtieren können, Herrn Dr. Penzig nochmal unſere Stimme geben. Das weitere werden wir allerdings in unſerer heutigen Sitzung wohl nicht mehr beſprechen können. Aber jedenfalls werden Sie uns in dieſem Kampf an Ihrer Seite ſehen. (Bravol) Stadtv. Dr. Borchardt: Meine Herren, ich werde mich auf ſehr wenige Ausführungen beſchränken können. Gewundert habe ich mich, daß Herr Stadtv. Dr. Crüger ausführte, er hätte es gerne geſehen, wenn bei der Beſchwerde an das Miniſterium auf den Rechtsſtandpunkt ein ſtärkerer Ton gelegt worden wäre. Ich verſtand zuerſt nicht, was der Herr Kollege Erüger darunter meinte. Aus ſeinen ſpäteren Ausführungen ſchien mir hervorzugehen, daß er der Anſicht Ausdruck geben wollte, die Stadwerordneten⸗ verſammlung hätie gut daran getan, bei der Ab⸗ ſendung der Beſchwerde an den Miniſter gleichzeitig zu betonen, daß die Stadtverordnetenverſammlung der Regierung das Recht der Beſtätigung überhaupt beſtreitet, und es für zu Recht beſtehend hält, daß ein ſolches Beſtätigungsrecht gar nicht geſetzlich eriſtiert, ſondern von der Regierung uſurpiert wird. So wenigſtens habe ich die Ausführungen des Herrn Kollegen Crüger verſtanden. Wenn nun der Herr Kollege Crüger dieſen Rechtsſtandpunkt hervorheben und betonen will, dann allerdings, ſollte ich meinen, bleibt nur der Weg übrig, den ich bei früherer Gelegenheit, gerade als es ſich um die Abſendung dieſer Beſchwerde handelte, bereits hervorhob, daß die Stadtverordnetenver⸗ ſammlung überhaupt von einer Präſentation zur Schuldeputation abſehen, die Schuldeputation auf⸗ löſen und eine ſtädtiſche Deputation zur Verwaltung der äußeren Angelegenheiten der Schule einrichten ſoll. Meine Herren, ich halte auch heute noch einen ſolchen Weg für den geeigneteren. Wenn Sie aber