Dann war er, worüber ich ebenfalls nach dem, was bereits dagegen angeführt worden war, erſtaunt bin, der Anſicht, es ſei nicht ausgeſchloſſen, daß wir ſpäter einen Gemeindebeſchluß faßten, dahingehend, daß wir das Syſtem ändern. Wäre das durchführ⸗ bar? Nein, meine Herren, das iſt es nicht. Wenn die Regierung dieſe Form des Syſtems genehmigt hat, ſo bleibt es dabei für alle Zeit. Deshalb hätte ich es für wünſchenswert gehalten, daß wir jetzt hier Halt machten und ſagten: wir wollen doch einmal verſuchen, ob ein Syſtem mit Oſter⸗ und Michaelis⸗ Coeten techniſch undurchführbar iſt. Ich gebe zu: eine Anſtalt von 30, 36 Klaſſen überſteigt die Ar⸗ beitsfähigkeit eines einzelnen Direktors. Aber bei uns im reichen Charlottenburg, das materielle Opfer bringen kann, wird es an den Mitteln nicht fehlen, die Schule ſo auszugeſtalten, daß ſie — ich halte es nicht für untunlich, mit der Regierung darüber zu verhandeln — einem Direktor und zwei Sub⸗ direktoren unterſtellt werden kann. Ich hätte ge⸗ wünſcht, daß ein ſolcher Weg eingeſchlagen worden wäre. Daß die Regierung den Michaeliscoeten nicht freundlich gegenüberſteht, iſt ja begreiflich ſchon aus Sparſamkeitsrückſichten. Würde ſie auf dieſen Weg treten, ſo müßte ſie es im ganzen Lande tun. Aber gerade wir in unſerer Gemeinde hätten alle Veran⸗ laſſung. dieſen Weg zu gehen. Ich habe nun aller⸗ dings meinen Freunden gegenüber den Antrag zu⸗ rückgezogen, einen derartigen Beſchluß zu faſſen, weil ich ſah, daß ich meine Fraktion dabei nicht hinter mir haben würde. Ich halte es aber für meine Pflicht, dennoch hier auszuſprechen, daß ich dieſen Weg ſo lange für gangbar halten werde, bis mir durch Verhandlungen mit der Regierung be⸗ 217 iſt, daß er pädagogiſch oder techniſch unmög⸗ ich iſt. Ich bin damit zum Schluß meiner Ausführungen gekommen und möchte mir nun erlauben, die Reſo⸗ lution zu beantragen, wie ſie meine Freunde wünſchen. Die Stadtverordnetenverſammlung erſucht den Magiſtrat, in Zukunft ſelbſtändige Realſchulen mit Oſter⸗ und Michaeliscoeten gründen zu wollen. Stadtſchulrat Dr. Neufert: Meine Herren, wir haben hier in Charlottenburg ein Reformgymnaſium am Savignyplatz — das iſt ein Gymnaſium, in welchem nach den Frankfurter Lehrplänen unterrichtet wird — in Verbindung mit einer ſechsklaſſigen Real⸗ ſchule. Dieſe Verbindung hat ſich dort wohl bewährt, nicht nur nach meiner Überzeugung, ſondern auch nach der Überzeugung der Deputation für die höheren Lehranſtalten und wohl aller derjenigen, die genauere Kunde über dieſe Vereinigung bekommen haben — vielleicht mit Ausnahme von dem Herrn Vorredner, deſſen Anſicht darüber ich nicht kenne. Das iſt maßgebend für uns geweſen, als wir an die Grün⸗ dung einer neuen Reformſchule herangingen. Der Gedanke, daß die neue Anſtalt als ein Realgymnaſium nach dem Frankfurter Lehrplan in Verbindung mit einer ſechsklaſſigen Realſchule errichtet wird, iſt übrigens wiederholt in den Vorlagen zum Ausdruck gebracht worden — ich gebe aber zu, daß ein be⸗ ſonderer Gemeindebeſchluß darüber nicht gefaßt worden iſt. Eine ſolche Verbindung iſt durchaus zweckmäßig, denn ſie gewährt uns den großen Vorteil, daß man die Schüler — von denen man ja, wenn Sie mit neun Jahren auf die höhere Lehranſtalt kommen, noch nicht recht weiß, nach welcher Richtung ſie ſich 245 —— beſonders entfalten werden —, nachdem ſie drei Jahre von tüchtigen Pädagogen beobachtet ſind, nach derjenigen Schulart lenken kann, für welche ſie ſich am beſten qualifiziert erweiſen. Man wird alsdann in der Regel ſchon erkennen, ob ſie ſich für eine neunklaſſige Schule oder für eine ſechsklaſſige, für den humaniſtiſchen Strang oder für den realen beſſer eignen. Ich habe ja alle Jahre Gelegenheit, zu beobachten, daß ſich an der Kaiſer⸗Friedrichſchule dieſe Einrich⸗ tung recht gut bewährt hat; es gehen nach der Real⸗ ſchule zumeiſt die Schüler hinüber, für die es nach ihrer Befähigung zu ſchwer ſein würde, eine neun⸗ klaſſige Anſtalt durchzumachen, ſowie ſolche, welche beſonders befähigt ſind für Zeichnen und Natur⸗ wiſſenſchaften, während der Gymnaſialzweig viel mehr Begabung für die Sprachen vorausſetzt. Die Wirkung iſt die, daß nach 6 Jahren eine große Zahl von den ſchwächer Begabten mit einer abgerundeten Bildung abgeht, nicht mehr, wie es früher in Unter⸗ ſekunda der humaniſtiſchen Gymnaſien üblich war, mit nicht abgeſchloſſener Bildung. Daß eine Sonde⸗ rung nach der Befähigung tatſächlich ſtattfindet, erſieht man auch daraus, daß die Abiturienten der Real⸗ ſchule zumeiſt weniger gute Leiſtungen zeigen. Da⸗ für hat aber der andere Strang der Schule, das Gymaſium, da er von vielen ſchwächeren Elementen befreit iſt, im Abiturientenexamen ganz Hervor⸗ ragendes geleiſtet, Hervorragendes nicht bloß nach meiner Meinung, ſondern ebenſo nach der des Kgl. Provinzialſchulrats und des Vertreters des Mi⸗ niſteriums, den wir die Ehre hatten, bei dem letzten Abiturientenexamen zu begrüßen. Ich meine, meine Herren, es iſt doch ein ſo koloſſaler Vorteil, das Schülermaterial nach den Qualitäten ſondern, und jedem je nach ſeiner Begabung den richtigen Weg weiſen zu können, daß wir, wenn es irgendwie mög⸗ 4 iſt, bei der neuen Anſtalt uns dieſen Vorzug ſichern müſſen. Wenn Sie nun, meine Herren, in einer Reform⸗ ſchule Oſter⸗ und Michaeliscöten unterbringen wollen, dann wird, wie ſchon Herr Dr. Borchardt ausgeführt hat, eine ſehr umfangreiche Anſtalt entſtehen, eine Mammutanſtalt pflegt man in Fachkreiſen zu ſagen. Es müßte doch ein Oſter⸗ und Michaeliscoetus des Realgymnaſiums vorhanden ſein — 2 mal 9 find ſchon 18 Klaſſen — und wenn Sie die von mir empfohlene Verbindung beibehalten wollen, auch ein Oſter⸗ und ein Michaeliscoetus der Realſchule — 2 mal 6 ſind 12 Klaſſen —, zuſammen alſo mindeſtens 30 Klaſſen. Wollen Sie auch noch eine Vorſchule mit der höheren Lehranſtalt vereinigen — wie es an der Kaiſer⸗Friedrichſchule 4 , der Fall iſt, nicht aber für die neue Anſtalt vorgeſchlagen iſt, ſo würden ſogar 36 Klaſſen in einer Anſtalt ver⸗ einigt ſein. Das, meine Herren, iſt aber zu viel, die Schule iſt von einem Direktor nicht zu überſehen, und ich möchte nicht, daß die einzelne Klaſſe von der Tätigkeit des Direktors nur wenig verſpürt; die Anſtalt würde darunter leiden. Die Stadtgemeinde hat ſich immer auf dieſen Standpunkt geſtellt. Als vor einigen Jahren unſer von Herrn Direktor Dr. Hubatſch geleitetes Realgymnafium eine Zahl von 27 Klaſſen, glaube ich, erlangt hatte, da haben wir beſchloſſen, die dritten Coeten aufzuheben, um die allzu große Laan ⸗ dadurch zu beſeitigen und wieder eine Anſtalt von höchſtens 24 Klaſſen herzuſtellen. Herren, ich empfehle Ihnen alſo: Stim⸗ Meine men Sie der Vorlage zu! Ich glaube, Sie haben