—— 246 —— keine Veranlaſſung, darüber zu klagen, daß unſere höheren Schulen in ihrer bisherigen Organiſation nicht Gutes leiſteten. Es iſt von Herrn Profeſſor Schwarz meine Statiſtik angezweifelt worden. Er hat ſich auf die Veröffentlichungen unſeres 11 Amtes be⸗ rufen und ſich beſonders darauf geſtützt, daß in den dritten Klaſſen die Michaeliscoeten ziemlich ebenſo viele Kinder ins Leben hinausſchicken als die Oſter⸗ coeten. Nun, meine Herren, dieſe Schüler ſpielen hier ja gar keine Rolle; das ſind geiſtig zurückgebliebene inder, die es mit 14 Jahren bloß bis zur 3. Ge⸗ meindeſchulklaſſe gebracht haben. Ich wundere mich, wie von dieſen Kindern ein Schluß gezogen werden kann auf den Ubergang der Gemeindeſchüler auf die hö⸗ heren Lehranſtalten; von dieſen Kindern iſt über⸗ haupt keins für eine höhere Lehranſtalt qualifiziert. Hier kann es nur darauf ankommen, wieviel Knaben einerſeits in den Oſtercoeten, andererſeits in den Michaeliscoeten der 3. und 4. Klaſſen vorhanden ſind. Herrn Profeſſor Schwarz wie allen Herren der Stadtverorordneten geht alle Jahre zweimal eine Überſicht über die Schüler der Gemeindeſchulen zu. Daraus werden Sie erſehen, daß die Zahl der Oſter⸗ klaſſen größer iſt als die der Michaelisklaſſen, und man wird ſchließen können, daß auch die Zahl der Schüler in den Oſterklaſſen größer iſt als in den Michaelisklaſſen. Erheblich wird der Unterſchied nicht ſein — ich habe übrigens nicht geſagt, daß die Zahl der Oſterſchüler viel größer iſt —, aber größer iſt die Zahl ſicherlich. Nun kommt noch hinzu, meine Herren, daß wir auch mit den zahlreichen Schülern rechnen müſſen, welche alljährlich von auswärts kommen, von andern Reformſchulen. Es gibt aber im ganzen preußiſchen Staate auch nicht eine einzige Reformanſtalt, kein einziges Reform⸗Realgymnaſium, welches Michaelis⸗ coeten hat. Daraus geht hervor, daß auch in unſern Michaeliscoeten, wenn wir ſolche errichten wollten, von auswärts kein einziger aufgenommen werden könnte; alle, die von auswärts kommen, würden ſich in die Oſterklaſſen hineindrängen; wir würden ſtarke Oſterklaſſen bekommen und ſchwache Michaelisklaſſen. Daß das wünſchenswert iſt, meine Herren, möchte ich nicht behaupten. Ich glaube, der ganze Streit hier bei der Vor⸗ lage über eine Bauſache iſt furchtbar akademiſch, und er hätte vertagt werden können, bis wir einmal eine pädagogiſche Frage zu behandeln haben. Im Aus⸗ ſchuß hat auch Herr Profeſſor Schwarz ſich dafür ausgeſprochen, daß die neue Schule mit 24 Klaſſen und den üblichen Nebenräumen errichtet werden ſoll. Bezüglich des Bauprojekis herrſcht alſo Überein⸗ ſtimmung. Sollte es jemals vorkommen, daß ein Bedürfnis nach Michaelisklaſſen entſteht nun, meine Herren, wir bemühen uns ja doch, mit offenen Augen zu ſehen, und die Bürgerſchaft iſt nicht ſo ſchüchtern. ſie kommt ſchon an uns heran mit ihren Wünſchen, und wenn jemand an den Magiſtrat nicht heran⸗ kommen will, einen Stadtwverordneten wird er ſchon finden, dem er ſeine Wünſche mitteilt. Sollte ein lebhafter Wunſch nach Michaelisklaſſen an einer Real⸗ ſchule ausgeſprochen werden, wir werden ihn gern ernſtlich prüfen. Von dieſem Standpunkt aus würde ich — ich kann hier aber nur für meine Perſon ſprechen, denn der Magiſtrat hat ſich natürlich mit dieſer Sache noch nicht beſchäftigen können gegen die vom Herrn Profeſſor Schwarz vorgeſchlagene Reſolution gar nichts einzuwenden haben. Ich bin kein Gegner von Michaeliscoeten; ſolange wir in den Gemeindeſchulen Michaelisklaſſen haben, ſolange Berlin in ſeinen Realſchulen und Oberrealſchulen Michaelisklaſſen hat, werden wir auch nicht umhin können, dem Bedürfnis eutſprechend ſolche Klaſſen einzurichten. Aber noch niemand hat nachgewieſen, daß jetzt ein Bedürfnis vorhanden iſt, und das ſcheint mir doch die Hauptſache zu ſein. Ein Bedürfnis für die Errichtung der zweiten Oſtercöten an der Anſtalt hat aber vorgelegen damals, als wir — und zwar ziemlich Hals über Kopf — die zweite Sexta errichten mußten; Sie haben ja damals eine ent⸗ ſprechende Vorlage von uns bekommen. Es würde außerordentlich zu bedauern ſein, wenn durch die heutigen Verhandlungen die Sache verzögert würde. Wir ſind in ziemlicher Verlegen⸗ heit mit Schulräumen. Das iſt ja chroniſch bei uns in Charlottenburg; ganz beſonders ſchlimm iſt es aber diesmal bei dem Bau des Realgymnaſiums. Wir haben ſchon dadurch viel Zeit verloren, daß wir wiederholt den Bauplatz gewechſelt haben. Es iſt ſchon dahin gekommen, daß von dieſem Reform⸗ Realgymnaſium einige Klaſſen in der Guerickeſtraße untergebracht find, und einige in der Kaiſer⸗Friedrich⸗ ſchule; Oſtern müſſen ſogar einige Klaſſen in einem dritten Hauſe untergebracht werden. Das ſind ganz ungeſunde Zuſtände; der Direktor hat nicht mehr die Möglichkeit, alles zu überſchauen, alles einheitlich und zum Beſten der Schule zu leiten. Ich bitte Sie dringend, meine Herren, arbeiten Sie mit dem Magiſtrat dahin, daß dieſe Verhältniſſe möglichſt ſchnell beſeitigt werden! Sie ſind aber ſofort be⸗ ſeitigt, wenn wir ein neues Schulhaus haben. Sie haben alle anerkannt, daß das Ihnen vorgelegte Projekt in jeder Beziehung günſtig iſt; nun, meine Herren, da ditte ich Sie: ſtimmen Sie dem Projekte zu entſprechend dem Ausſchußantrage! Die übrigen Fragen werden wir ein andermal erörtern, falls ein⸗ mal der Wunſch dahin geäußert werden ſollte. Stadtv. Stein: Meine Herren, als ich dieſe Vorlage las, hatte ich das Gefühl: aha, jetzt wird die Sache begraben, jetzt gibts nur noch Jahrescoeten und Jahreskurſe, und alle Jungen, die aus Gründen der Faulheit oder Krankheit nicht verſetzt werden⸗ müſſen ein zweites Jahr in den betreffenden Klaſſen fitzen bleiben. (Sehr richtig!) Das las ich heraus, und das wäre doch nach meiner Meinung ein großer Fehler, das wird mir jeder zugeben, (Zuruf) der einmal mit Jungen zu tun hatte — oder der einmal ſitzen geblieben iſt, wie der Herr Oberbürger⸗ meiſter ſagt. (Heiterkeit.) Nun iſt hier ein großes ſtatiſtiſches Material ange⸗ führt, daß Schüler Oſtern ſowohl als auch Michaelis aus den Gemeindeſchulen entlaſſen ſind. Das ſpielt gar keine Rolle, ſondern wir müſſen erklären: wir wollen Oſter⸗ und Michaeliscoeten haben. (Bravol) Wenn die Stadtverordnetenverſammlung das erklärt, dann bekommen wir es auch. Aus den paar Worten in dem Protokoll des Ausſchuſſes iſt das aber nicht zu erſehen. Es heißt dort: „Die Mehrheit des Ausſchuſſes gelangte zu der Überzeugung, daß es zurzeit nicht möglich iſt, bei der zu erbauenden An⸗ ſtalt neben den Oſtercoeten noch Michaliscoeten zu errichten.“ Als ich das las, habe ich geſagt: der