Magiſtrats über das Erſuchen der Stadtver⸗ ordnetenverſammlung zu erwarten iſt. Frageſteller Stadtu. Borchardt: Meine Herren, aus dem Wortlaut der Anfrage erſehen Sie ſchon, daß es ſich um einen Beſchluß handelt, den die Stadtverordnetenverſammlung am 20. Dezember 1905, alſo doch vor ziemlich langer Zeit ſchon, gefaßt hat, und wenn meine Erinnerung mich nicht täuſcht, ein⸗ ſtimmig; wenigſtens ſtimmten auf allen Seiten dieſes Hauſes eine große Anzahl von Herren für dieſen Beſchluß. Es handelte ſich darum, daß die Stadt⸗ verordnetenverſammlung den Wunſch ausdrückte, mit dem Magiſtrat in gemiſchter Deputation darüber zu beraten, in welcher Weiſe entweder das ganze oder doch ein großer Teil des ſtädtiſchen Geländes nutzbar gemacht werden kann, ohne es durch Veräußerung an Private aus den Händen der Stadt zu geben. Die übergroße Mehrheit der Stadtverordnetenver⸗ ſammlung hielt, abgeſehen auch von der Begründung, die der Antrag durch den Antragſteller — ich gab damals die Begründung — erfahren hat, — ab⸗ geſehen von dieſer Begründung, die wie ausdrücklich von einigen Rednern hervorgehoben wurde, dieſe Herren ſich nicht zu eigen machen wollten, hielt doch die große Mehrheit der Verſammlung die Frage für ſo wichtig, daß man allerdings in eingehende Er⸗ örterungen darüber mit dem Magiſtrat in gemiſchter Deputation eintreten wollte. Darum berührt es eigentümlich, wenn ein halbes Jahr verſtreicht, ohne daß der Magiſtrat der Verſammlung Kenntnis gibt, ob denn nun auch er dieſem Antrage beitreten will. oder ob er es von vornherein ablehnt, über dieſe Frage mit der Verſammlung in gemiſchter Deputation zu beraten. Ich kann mir ja ſehr wohl denken, daß die Arbeiten des Magiſtrats außerordentlich gehäuft waren, und daß eine ganze Anzahl von Angelegen⸗ heiten nicht immer mit derjenigen Schnelligkeit er⸗ ledigt werden kann, die wohl wünſchenswert wäre. Wenn es ſich aber nur darum handelt, zu erklären, ob der Magiſtrat bereit iſt, über eine Frage, die von der übergroßen Mehrheit der Verſammlung für eminent wichtig gehalten wird, mit ihr in gemiſchter Deputation zu beraten, dann, meine ich, berührt eine ſo lange Hinausſchiebung der Antwort doch etwas ſeltſam, und deswegen richten meine Freunde an den Magiſtrat die Anfrage, wann denn die Antwort auf den im Dezember ergangenen Beſchluß endlich zu erwarten iſt. Oberbürgermeiſter Schuſtehrns: Meine Herren, der Magiſtrat hat beſchloſſen, dem Beſchluß der Siadtverordnetenverſammlung vom 20. Dezember beizutreten. Es ſoll zur Vorberatung der angeregten Frage eine Deputation gemäß § 59 der Städte⸗ ordnung von 15 Mitgliedern eingeſetzt werden, deren Auftrag nicht nur auf die Beantwortung der durch den Beſchluß der Stadtverordnetenverſammlung ge⸗ ſtellten Frage beſchränkt iſt, ſondern die auch in bezug auf ſonſtige der Stadtgemeinde gehörige Terrains ſich äußern ſoll. Es wird der Stadtverordnetenver⸗ ſammlung demnächſt eine Vorlage darüber zugehen. Wenn wir, meine Herren, nicht früher geant⸗ wortet haben, ſo liegt das nicht an der Häufung der Arbeiten, obgleich dieſe in der Tat im letzten Jahre in umfangreichem Maße ſtattgefunden hat, ſondern es liegt an anderen Gründen. Es liegt in erſter Reihe daran, daß die eine Frage, die ſich auf die Verwendung der Jungfernheide bezog, noch nicht reif war zu einer Entſcheidung. Wir werden Ihnen 282 ——— die näheren Gründe im Ausſchuß mitteilen. Es lag ferner daran, daß der Magiſtrat einen Ausſchuß be⸗ auftragt hatte, der den Magiſtrat aufklären ſollte über die Frage des Erbbaurechts, darüber, ob über⸗ haupt im Wege des Erbbaurechts ein Vorgehen möglich ſei, über die rechtliche Natur des Erbbau⸗ rechts, über die vielfach geſtritten wird, und nament⸗ lich über ſeine praktiſche Anwendbarkeit. Der Aus⸗ ſchuß hat in mehreren Sitzungen getagt und iſt dann zu dem Beſchluſſe gekommen, auf Grund von Er⸗ örterungen, die viele Stunden in Anſpruch genommen haben und Ihnen in der Deputation ebenfalls werden vorgetragen werden — deshalb verzichte ich darauf, heute darauf einzugehen —, er hat beſchloſſen. dem Magiſtrat vorzuſchlagen, dem Wunſche der Stadt⸗ verordnetenverſammlung nachzukommen. Wir halten das im Intereſſe der Sache liegend. 7 Außerdem, meine Herren, bitte ich zu beachten, daß die Ferien dazwiſchen geweſen ſind. Andernfalls hätten Sie dieſe Antwort ſchon ein paar Monate früher gehabt. Ich bitte Sie, davon Kenntnis zu nehmen. Die Vorlage wird Ihnen in der nächſten Sitzung zugehen, und dann kann die Deputation ſogleich gewählt werden. Vorſteher Roſenberg: Eine Beſprechung der Interpellation iſt nicht beantragt. Wir kommen zu Punkt 13 der Tagesordnung: Anfrage der Stadtverordneten Bollmann und Gen. betr. Gemeindefriedhof. — Druck⸗ ſache 354. Die Anfrage lautet: Wie weit ſind die Verhandlungen wegen Er⸗ werbung geeigneten Terrains behufs Errichtung eines Gemeindefriedhofes gediehen? Frageſteller Stadtv. Bollmann: Bereits am 25. Juni 1902 hat Herr Kollege Dr. Penzig die Anregung gegeben, einen Gemeindefriedhof zu er⸗ richten. Magiſtrat und Stadtverordnetenverſammlung ſind auch im Laufe der Jahre bemüht geweſen, dieſer Anregung nachzukommen. Wir haben in Charlotten⸗ burg gegenwärtig 4 Kirchengemeinden, von denen nur 2 eigene Kirchhöfe haben: die Kaiſer⸗Wilhelm⸗ Gedächtniskirche und die Luiſengemeinde. Die neu abgezweigte Epiphaniengemeinde iſt geradeſo wie ſeinerzeit die Trinitatisgemeinde drei Jahre auf das Gaſtrecht der Luiſengemeinde angewieſen, hat alſo nach Ablauf dieſer Friſt keinen Beerdigungs⸗ platz für ihre Toten. Die Körperſchaften von Trinitatis haben nach ſchweren Kämpfen die Pachtung eines Kirchhofes von der Dorotheenſtadt⸗ gemeinde — leider nur auf 12 Jahre mit je 3 jähriger Kündigung — bei der Berliner Stadtſynode durchgeſetzt und dadurch ihre Gemeindeglieder vor ſchweren Schäden bewahrt. Es iſt bekannt, daß im Jahre 1902 von der Stadtſynode ſpeziell für die Kirchen⸗ gemeinden in Charlottenburg und Schöneberg gegen den Willen dieſer Gemeinden 615 Morgen Land in Stahnsdorf — ca. 23 Kilometer von hier entfernt — für 1 044 000 behufs Errichtung eines Zentralfriedhofes angekauft wurden, und im letzten Jahre iſt wieder ein neues Terrain in Ahrensfelde erworben, 1120 Morgen zum Preiſe von 1 325 000 ℳ, trotzdem nur eine einzige Gemeinde, die Samariter⸗ gemeinde in Frage kam, und die Georgengemeinde