—— 261 — Wohnungsinſpektion iſt nur eine Ergänzung unſerer beſtehenden Wohlfahrtseinrichtungen. Da wir leider noch keine Geneſungsheime haben, wird die Woh⸗ nungsinſpektion ſchon jetzt beſſere Verhältniſſe ſchaffen. Wenn man z. B. in der Armendirektion die Berichte der Armenpfleger uſw. hört, ſo iſt daraus ſchon er⸗ kennbar, daß ſelbſt arme Familien, wenn ſie auf Beſſerung ihrer Wohnungsverhältniſſe hingewieſen werden, das Beſtreben zeigen, darin eine Beſſerung zu ſchaffen. Ich glaube, daß die Einrichtung auch weſentlich dazu beitragen wird, der fortwährenden Zunahme der Tuberkuloſekranken, die wir in Heime zu ſenden haben, und die häufig ein zweites und drittes Mal dorthin geſchickt werden müſſen, einen Riegel vorzuſchieben. Stadtv. Vogel: Ich habe ſchon vorhin ausge⸗ führt, daß die Wohnungsinſpektion, wenn ſie auf ſich beſchränkt bleibt, nur eine ſehr beſchränkte Wirkſam⸗ keit haben kann, daß von den ſtädtiſchen Behörden noch andere Maßregeln ergriffen werden müſſen, um ſie wirkſam zu machen. Der Herr Oberbürgermeiſter hat auch darauf hingewieſen, daß es Schwierigkeiten machen würde, denjenigen Perſonen, die aus Wohnungen entfernt werden ſollen, wieder neue Wohnungen zu ſchaffen. Ja, darum kommen Sie nicht herum, meine Herren: wir müſſen dafür ſorgen! Es iſt ja ſchon vor 6 Jahren Terrain da draußen vor der Prinz⸗Karl⸗ Stiftung an der Sophie Charlottenſtraße angekauft und beſchloſſen worden, darauf Arbeiterwohnungen zu errichten. Das iſt beſchloſſen worden, und es iſt wiederholt darauf hingewieſen worden. Ja, da muß die Sache aber auch ausgeführt werden! Da können ſo ſchlechte Häuſer, wie wir z. B. in der Wallſtraße eine ganze Menge haben, niedergeriſſen werden, und den Leuten kann geſagt werden, ſie können dort ſo lange wohnen, bis ſie anderwärts Wohnung finden. Das hat man in England tun müſſen; darum kommt man auch bei uns nicht herum. Die Polizei wird keine Schwierigkeiten machen. Bei dem Wohnungswechſel verlangt die Polizei nur Abmeldungen und Anmeldungen, aber in die ſani⸗ täre Überwachung hat ſie ſich nicht eingemiſcht. Wie geſagt: für Erſatz für abgeriſſene Wohnungen zu ſorgen, iſt auch Pflicht der Stadt. Im übrigen bin ich ganz damit zufrieden, wenn der Magiſtrat uns eine Vorlage bringen wird, die er uns in Ausſicht ſtellt. Vorſteher Roſenberg: Wollen Sie Ihren Antrag zurückziehen, Herr Stadtv. Vogel? (Stadtv. Vogel: Jal) Der Antrag iſt zurückgezogen. Wir kommen zu Punkt 16 der Tagesordnung: Antrag der Stadtv. Hirſch und Gen. betr. Reviſion des Normaletats. Druckſache 357. Der Antrag lautet: Der Magiſtrat wird erſucht, der Stadwerord⸗ netenverſammlung eine Vorlage betr. Reviſion des Normaletats ſo zeitig zu unterbreiten, daß die revidierten Gehälter ſpäteſtens am 1. April 1907 in Kraft treten können. Antragſteller Stadtv. Hirſch: Ich kann mich bei der Begründung des Antrages ſehr kurz faſſen, da der Antrag ja eigentlich ſo gut wie angenommen iſt; wenigſtens haben ſowohl die Herren vom Magiſtrat als auch die Herren von den verſchiedenen Fraktionen der Stadtverordnetenverſammlung bei den wieder⸗ holten Debatten, die wir über die Frage der Teue⸗ rungszulage und über die Frage der Reviſion des Normaletats hatten, ſich ganz im Sinne meines Antrages ausgeſprochen. Der Antrag iſt ja eigent⸗ lich auch nur ein Produkt der Debatte, die wir in der letzten Sitzung gehabt haben; er konnte nur aus geſchäftsordnungsmäßigen Gründen damals nicht ſofort zur Verhandlung kommen. Ich weiſe ganz beſonders darauf hin, daß in der Sitzung vom 12. September der Herr Ober⸗ bürgermeiſter ſelbſt zugegeben hat, daß ſeit 10 Jahren ſämtliche Fleiſchpreiſe fortlaufend geſtiegen find, ſodaß es in der Tat ſo ausſieht, als ob die Preiſe eine fortwährend und ſtetig ſteigende Tendenz hätten. Er hat allerdings hinzugefügt: wir wollen noch einige Monate warten und ſehen, ob dieſe Tendenz in der Tat andauernd iſt. Nun, ich glaube, daß alle Veröffentlichungen über die Preiſe nicht nur der Lebensmittel, ſondern überhaupt aller Gebrauchs⸗ gegenſtände keinen Zweifel darüber laſſen, daß die Tendenz der Teuerung nach wie vor eine ſteigende iſt. Ich will ſie mit Material nicht ermüden, da ich ja doch der Überzeugung bin, daß der Antrag heut noch nicht zur Verabſchiedung kommt, ſondern zunächſt einem Ausſchuß zur Vorberatung überwieſen wird. Ich laſſe aber gar keinen Zweifel darüber, daß ich perſönlich gar nichts dagegen hätte und es am liebſten ſehen würde, wenn Sie den Antrag heute ſofort annähmen. Es ſtehen irgendwelche Bedenken dem gar nicht im Wege. Aber mit Rück⸗ ſicht darauf, daß von einer großen Fraktion, wie mir mitgeteilt wird, eine Ausſchußberctung gewünſcht wird, möchte ich mich im voraus ſchon mit der Ausſchußberatung einverſtanden erklären. Ich hoffe, daß der Ausſchuß gute Früchte zeitigen wird, und daß dann endlich einmal den ſtädtiſchen Arbeitern und den ſchlecht beſoldeten Beamten der Stadt Charlottenburg das zuteil wird, wonach ſie ſich be⸗ reits ſeit langen Monaten, ja faſt ſeit einem Jahre ſehnen. (Bravol) Stadtv. Kaufmann: Meine Herren, namens meiner Freunde kann ich die Erklärung abgeben, daß wir dem Zwecke des Antrages durchaus freundlich gegenüberſtehen. Wenn ich dennoch die Verweiſung dieſes Antrages an einen Ausſchuß beantrage, ſo leiten mich dabei folgende Motive. Ich glaube, daß wir in einer Ausſchußberatung dasſelbe erreichen und den Vorteil haben würden, daß die zu bedenken⸗ den Arbeiter und Beamten ſchneller in den Genuß der Teuerungszulage, wie ich ſie jetzt wieder nennen will, gelangen würden, als wenn wir den Weg dieſes Antrages beſchreiten. Ich beabſichtige, in dem Ausſchuß den Antrag zu ſtellen, daß wir beſchließen mögen, ſo lange den ſtädtiſchen Arbeitern und Be⸗ amien, die mit einem Gehalte bis zu 2400 Mark beſoldet werden, eine Teuerungszulage zu bewilligen, bis die Revifion des Normaletats in Angriff ge⸗ nommen wird. Ich bezwecke damit, vorzubeugen, daß wir vorzeitig in eine Reviſion des Normaletats eintreten. Meine Herren, man ſoll nicht an die Revifion des Normaletats herangehen ohne zwingende Gründe, wenn eine beſtimmte Zeit bis zu dieſer Reviſion feſtgeſetzt iſt. Ich mache darauf aufmerkſam, daß der Normaletat ein Netz bildet, aus ſo und ſo vielen Maſchen zuſammengeſetzt, und wenn wir eine einzige