—— 276 —— Punkt §s der Tagesordnung: Vorlage, betr. Nachbewilligungen im Kap. des Etats für 1906. — Druckſache 387. Berichterſtatter Stadtv. Dr. Rothholz: Meine Rer die Vorlage wegen Nachbewilligungen im ap. kehrt in jedem Jahre wieder, und ſo haben wir auch für dieſes Jahr eine Vorlage, die Nach⸗ bewilligungen im Betrage von 18 237,93 fordert. In früheren Jahren ſind ähnliche Vorlagen eingebracht worden: z. B. 1903 eine Nachbewilligung von 24 000 ℳ, im Jahre 1904 eine ſolche von 19 000 ℳ, 1905 eine Nachbewilligung von 66 000 ℳ und im Jahre 1906 noch eine Nachbewilligung für 1905 im Betrage von 18 000 ℳ. Die Gründe, weshalb für Kap. V dieſe Nachforderungen regelmäßig wieder⸗ kommen, ſind zwiefacher Art. Erſtens kann man die Koſten nicht genau berechnen, die neue Inſtitutionen hervorrufen; zweitens mag in Betracht kommen, daß manchmal zu kleine Mittel für gewiſſe Poſitionen in den Etat eingeſtellt werden. Was den erſten Punkt angeht, ſo trifft das zu für die Iüberweiſung von Lungentuberkuloſekranken in die Waldheilſtätten. Für das Berichtsjahr wurde in den Etat eine Summe von 13 000 ℳ eingeſetzt gegenüber 4000 ℳ. im vorigen Jahre. Dieſe Summe iſt aber im Auguſt ſchon bis auf 1197 ℳ aufge⸗ braucht geweſen, da es ſich nicht überſehen ließ, wieviel Kinder in die Waldheilſtätten kommen würden. Hierzu kam noch, daß in den Waldheilſtätten für den Nachtaufenthalt der Kinder Vorſorge getroffen würde, was auch erhebliche Mehrkoſten verurſachte. Daher ſind dieſe großen Ausgaben entſtanden. Um dieſe Aus⸗ gaben zu begleichen, wird eine Summe von 10 000 72 gefordert, ſodaß die Nachforderungen faft ſo hoch ſind wie die bewilligten Etatsmittel. Was die Überweiſung von Geiſteskranken anbe⸗ trifft, ſo kommt es mir vor, als ob in den diesjährigen Etat eine zu kleine Summe eingeſtellt worden iſt. Denn im Jahre 1905 betrug die Soll⸗Ausgabe für die Geiſteskranken 70 000 ℳ, und da im allgemeinen anzunehmen iſt, daß die Zahl der Geiſteskranken nicht kleiner wird, ſo muß man ſich wundern, daß im Etat für 1906 bloß 65 000 ℳ— eingeſtellt wurden, alſo 5000 ℳ. weniger, als die wirkliche Iſt⸗ ausgabe im Jahre 1905 betrug. Ich bezweifle auch, ob man mit den mehr verlangten 5000 ℳ., womit die Etatsſumme auf 70 000 ℳ abgerundet wird, auskommen wird. Aber ich will keinen neuen Antrag ſtellen, da ich die Forderung des Magiſtrats nicht überbieten will. Was die anderen kleinen Etatsüberſchreitungen anbelangt, ſo ſind ſie in der Vorlage vollſtändig begründet. Im Namen meiner Fraktion beantrage ich, daß die Vorlage des Magiſtrats angenommen wird. Stadtv. Vogel: Ich möchte mir die Anfrage an den Magiſtrat erlauben, in welchen Anſtalten die Geiſteskranken untergebracht worden find. Schuſtehrus: In den Provinzial⸗ (Oberbürgermeiſter anſtalten!) Stadtrat und Kümmerer Scholtz: Ich möchte in Vertretung des Herrn Dezernenten, welcher leider erkrankt iſt, die Anfrage dahin beantworten, daß vorübergehend die Geiſteskranken in der Dr. Edelſchen Anſtalt untergebracht worden ſind, daß ſie aber ſofort, ſowie es irgend möglich war, in eine Landesirren⸗ anſtalt, gewöhnlich nach Neuruppin, überführt worden ſind. Stadtv. Vogel: Meine Herren, Sie können ſich wohl denken, aus welchem Grunde ich das wiſſen wollte. Gerade in der Edelſchen Anſtalt haben ſich in der letzten Zeit Vorgänge ereignet, die uns nicht viel Vertrauen einflößen können. Ich habe früher ſchon bei anderer Gelegenheit darauf hingewieſen. Der Inſpektor, der damals die Oberleitung haite, iſt inzwiſchen geſtorben; aber wie wir erfahren haben, iſt es jetzt nicht viel beſſer geworden. Es iſt Tat⸗ ſache, daß dort Ungehörigkeiten vorgekommen ſind. Ich möchte den Gedanken anregen, ob nicht die Stadt ſich der Sorge für die Geiſteskranken beſſer entledigen würde, wenn ſie für ihre Unterbringung in einer Anſtalt, vielleicht im Anſchluß an das Krankenhaus, ſelbſt Sorge trüge. Oberbürgermeiſter Schuſtehrus: Meine Herren, wir haben ja alle in den Zeitungen geleſen, daß in der Edelſchen Anſtalt Unregelmäßigkeiten vorgekommen ſein ſollen; vorläufig wiſſen wir alle noch nicht, ob das richtig iſt, oder ob es nur ein unbegründetes Ge⸗ rücht iſt, wie ſo häufig Gerüchte auftauchen, die ſich nachher als unbegründet herausſtellen. Das werden wir alſo abwarten müſſen. Jedenfalls ſteht die Edelſche Irrenanſtalt unter ſtrenger Komrolle der zuſtändigen ſtaatlichen Behörde. Ich weiß, daß ſie unregelmäßig und unerwartet des öfteren im Jahre plötzlich revidiert wird, und daß, wo Mißſtände ſich herausgeſtellt haben, dieſe beſeitigt werden. Im übrigen, meine Herren, ſind wir nicht in der Lage, eine andere Anſtalt benutzen zu können als die, die wir in un⸗ mittelbarer Nähe haben; denn wir können nicht gleich die Kranken in eine Irrenanſtalt ſchicken, bevor feſt⸗ geſtellt iſt, daß es ſich wirklich um Geiſteskranke handelt. Es kommt ſehr häufig vor, daß wir Leute überwieſen erhalten, von denen wir nicht genau wiſſen, ob ſie geiſteskrank ſind; die müſſen erſt eine gewiſſe Zeit in der Edelſchen Anſtalt zubringen, bis durch die zuſtändigen Organe feſtgeſtellt iſt, daß es ſich um Geiſteskranke handelt. Aber auch bei ſolchen Kranken, die uns plötzlich als ganz zweifellos irre überwieſen werden, find wir nicht in der Lage, ſofort den Transport nach einer Provinzialanſtalt anordnen zu können, ſondern wir müſſen uns erſt mit der Provinzialanſtalt in Verbindung ſetzen, ob dort Platz vorhanden iſt, Leider ſind die Provinzialirrenan⸗ ſtalten ungeheuer überfüllt, ſodaß es jetzt notwendig geworden iſt, mit einem Aufwand von mehreren Millionen eine neue Irrenanſtalt hier direkt in der Nähe von Groß⸗Berlin, in Teupitz, zu bauen. Wenn dieſe Anſtalt bezogen ſein wird, werden ſich die Ver⸗ hältniſſe für uns und überhaupt für die Vororte von Groß⸗Berlin etwas beſſer geſtalten, weil wir dann leicht in der Lage ſein werden, den Transport von Irren gleich nach dort zu verfügen. Zur Zeit aber ſind wir auf die Edelſche Privatirrenanſtalt ange⸗ wieſen, und wir ſind bisher auch mit ihr zufrieden geweſen. Wir haben keine Veranlaſſung gehabt, gegen die Anſtalt etwas zu ſagen, und ich bin außerdem überzeugt, daß. wenn ſich herausſtellen ſollte, daß der eine oder andere Wärter ſeine Schuldigkeit nicht ge⸗ tan hat, daß er in grober Weiſe ſeine Pflicht ver⸗ ſäumt hat, dann energiſch auch in der Edelſchen An⸗ ſtalt eingeſchritten werden wird. Zur Zeit aber