—— 294 — wahrſcheinlich ſofort Erkundigungen eingezogen, hätten gefragt, wie es in den anderen Verwaltungen iſt, und ſelbſtwerſtändlich, wenn wir die Forderung als berech⸗ tigt gefunden hätten, eine Genehmigung der höheren Löhne ausgeſprochen. Alſo ich nehme ohne weiteres an, daß die Kanaliſationsarbeiter nicht dieſer Or⸗ ganiſation angehören. Auch nach meiner perſönlichen Kenntnis bin ich der Überzeugung, daß dies zu⸗ treffend iſt. Meine Herren, die Kanaliſationsmaurer bilden eine eigene Klaſſe von Maurern; zum aller⸗ größten Teil ſind es aus den öſtlichen Provinzen eingewanderte Leute, und ich trete den Maurern, glaube ich, nicht zu nahe, wenn ich ſage: es ſind Maurer zweiter Güte, die nicht die Geſchicklichkeit uſw. zu beweiſen haben wie die Maurer beim Hochbau. Infolgedeſſen bezahlt man, ſolange ich denken kann, ſolange ich in der Kanaliſationsverwaltung ſtehe und das iſt doch ſchon 25 Jahre —, im Kanaliſa⸗ tionsbaufache an die Maurer einen geringeren Lohn als an die Hochbaumaurer. So iſt es auch zu er⸗ klären, daß dieſe Kanaliſationsmaurer der Organi⸗ ſation der Hochbaumaurer gar nicht angehören. (Stadtv. Hirſch: Zwei Organiſationen gibt es ja gar nicht!) Sie ſagen: das gibt es nicht. Ich muß doch aber die Taiſachen anführen, und ich werde wohl die an⸗ deren Herren überzeugt haben, daß ſo etwas möglich iſt. Nun treten die Maurer hervor — dieſe 40 Leute von den 100, die wir augenblicklich beſchäftigen, — und verweiſen auf den Tarif. Der Tarif ſagt: die Hochbaumaurer bekommen 75 Pf., aber die Kanali⸗ ſationsmaurer, die immer bisher 5 Pf. weniger be⸗ kommen haben, ſollen 70 Pf. erhalten. (Zuruf von den Sozialdemokraten.) Der Satz iſt hier ungeſchickt ausgedrückt, das gebe ich zu. Man kann vielleicht eiwas Anderes heraus⸗ leſen. Aber, meine Herren, der Maurermeiſter von uns, mit dem ich hierüber geſprochen habe, und der auch zu gleicher Zeit die Maurerarbeiten in Berlin bei der Kanaliſation ausführt, beſtätigt mir, daß auch in Berlin nicht der Satz von 75 Pf. gezahlt wird; ich glaube, dort wird auch nicht mehr als 68 Pf. ge⸗ zahlt. Nun verlangen die Manrer hier bei uns 75 Pf. Dieſe Forderung iſt ihnen abgelehnt worden. Es iſt ihnen ſofort zugeſagt worden: ihr ſollt 70 Pf. erhalten. Aber dafür wollien ſie nicht weiterarbeiten. Der Streik iſt erſt ſeit Montag im Gange und, wie Sie ſehen, von ganz minimaler Bedentung. Ich gebe mich der Hoffnung hin, daß wir zu irgend einer Verſtändigung kommen werden, und glaube, daß der Streik in allernächſter Zeit beſeitigt ſein wird. Er iſt ſo unbedeutender, lokaler Natur, daß ich ihm weiter gar keine Bedeutung beimeſſen möchte. Ich habe noch mit einem Worte auf die Arbeits⸗ zeit hinzuweiſen. Herr Stadtv. Hirſch ſagte, bei uns ließe der Unternehmer in der Kanaliſation 10 Stun⸗ den arbeiten, und im Tariſ ſei eine Arbeitszeit von §8 Stunden vorgeſehen. Das iſt nicht richtig: 9 Stunden ſind im Tarif vorgeſehen. Ich bitte Sie, Herr Hirſch, ſich davon zu überzeugen. (Zuruf des Stadtv. Hirſch.) Hier ſteht: die Arbeitszeit beträgt 9 Stunden — §3 — mit der Maßgabe uſw. Ader das iſt ja gleich⸗ giltig; jedenfalls haben wir ſeit alter Zeit bei der Kanaliſation eine zehnſtündige Arbeitszeit, ohne daß jemals dagegen Einſpruch erhoben worden wäre. Sie ſehen alſo auch daraus, daß die Kanaliſationsmaurer den Tarif gar nicht kennen und auf die Durchführung des Tarifs keinen Wert legen. Stadtv. Holz: Meine Herren, auf dieſen lokalen Streik einzugehen, erübrigt ſich wohl nach den Aus⸗ führungen des Herrn Stadtbaurats. Dagegen geben mir die ſtaatsrechtlichen Ausführungen des Herrn Bürgermeiſters doch Veranlaſſung, mit wenigen Worten die Frage zu ſtreifen, ob denn ſeine Auffaſſung richtig iſt, daß wir nur dazu berufen ſind, von der Vorlage, wie ſie uns unterbreitet worden iſt, Kenntnis zu nehmen. Ich möchte den Herrn Bürgermeiſter darauf hinweiſen, daß nach § 35 der Städteordnung die Stadtverordnetenverſammlung über alle Gemeinde⸗ angelegenheiten zu beſchließen hat, ſoweit dieſelben nicht ausſchließlich dem Magiſtrat überwieſen ſind. Ich möchte den Herrn Bürgermeiſter ferner darauf hinweiſen, daß nach der, wie ich annehmen darf, konſtanten Rechtſprechung und Auffaſſung des § 35 immer angenommen worden iſt, daß die Stadt⸗ verordnetenverſammlung nach der gegenwärtigenStädte⸗ ordnung nicht bloß allein zu beſchließen, ſondern auch mit dem Magiſtrat zuſammen die Beſchlüſſe mehr oder weniger auszuführen hat. Ich möchte mich nicht weiter auf die Erörterung dieſer ſtaatsrechtlichen Fragen einlaſſen, ſondern nur weiter darauf hinweiſen, zu welchen Konſequenzen es führen würde, wenn es bei dem Satze verbleiben ſollte, daß wir einfach nur zu hören haben, was der Magiſtrat in ſeinem Mono⸗ loge hier zum Ausdruck gebracht hat, und dann linksum kehrt machen und abmarſchieren ſollen. Ich halte das nicht für richtig. Stellen Sie ſich einmal vor: es wird nach Ablauf eines oder zweier Jahre an uns das Erſuchen gerichtet, 100 000 ℳ zum Bau irgend eines Hauſes zu bewilligen. Sollen wir dann nicht das Recht haben, zu ſagen: wir bewilligen die 100 000 ℳ nur unter der Bedingung, daß die An⸗ träge Hirſch angenommen werden? Meine Herren, ich glaube, wir haben alle Tage das Recht, in dieſer Beziehung Beſchlüſſe zu faſſen, und ich bedaure, daß der Herr Bürgermeiſter — ich glaube, auch ſchon bei Gelegenheit der erſten Beratung dieſer Vorlage in ähnlichem Sinne — unter vollſtändiger Außer⸗ achtlaſſung der Bedeutung der Stadtverordneten⸗ verſammlung ſich ſo geäußert hat. Um ſo mehr, meine Herren, wäre es zu wünſchen, daß die Anträge des Ausſchuſſes, wie ich ſie vertreten habe, zum Beſchluſſe erhoben werden. Der Magiſtrat wird dann nicht blos vielleicht den einen oder den anderen Antrag, wie er heute oder früher geſtellt worden iſt, in den Bereich ſeiner Erwägungen ziehen, ſondern wird ſich allmählich auch zu dem Gedanken bequemen, daß es zweckmäßig wäre, wenn auf dieſem 1 noch etwas mehr ſozialpolitiſches Feuer ſichtbar mürde. Das vorausgeſchickt, möchte ich mich materiell über die Anträge des Herrn Kollegen Hirſch nur kurz äußern. Meine Herren, darüber kann gar kein Zweifel ſein, daß, wenn dieſe Anträge heute an⸗ genommen werden ſollten, dann der Zweck, den wir verfolgen, vollſtändig vereitelt werden würde. Wir verfolgen den Zweck, daß die Submiſſionsbedingungen für lange Zeit in wirtſchaftlicher und ſozialpolitiſcher Beziehung ſo feſtgelegt werden, daß ſie die Arbeitgeber, jedenfalls aber die Arbeitnehmer befriedigen. Das würde mit den Vorſchlägen ja gar nicht zu erreichen ſein. Ich möchte ſie kurz ſkizzieren. Herr Kollege Hirſch verlangt erſtens, die Aufnahme der Streikklauſel in die Submiſſionsbedingungen iſt ab⸗ zulehnen. Was ſoll das heißen? In der Magiſtratsvor⸗ lage iſt überhaupt von der Streikklauſel gar keine Rede, nur inſoweit, als der Magiſtrat ſagt: wir wollen die Sache ſo machen, wie der Kollege Hirſch es will. (Widerſpruch des Stadtv. Hirſch.)