— —— 295. —— Er ſagt es nur nicht mit denſelben Worten, ſondern er ſagt ganz einfach in ſeiner Vorlage: die Aufnahme einer Streikklauſel iſt nicht nötig; denn er geht davon aus, daß er nicht als Unternehmer in Betracht kommt, oder daß er nur indirekt auf das Verhältnis der Kontrahenten einwirken kann. Daher ſeine Neutra⸗ lität. Ferner verlangt Herr Hirſch die anſtändige Lohnklauſel. Ich habe ſelbſt in meinem 14.4 darauf hingewieſen oder wenigſtens durchblicken laſſen, wie ich dazu perſönlich ſtehe, und wie auch ein großer Teil im Ausſchuſſe dazu geſtanden hat. Das möchte ich im Gegenſatz zum Herrn Bürgermeiſter bemerken: es unterliegt für mich gar keinem Zweifel, daß es zweckmäßig wäre, wenn in die Submiſſions⸗ bedingungen auch eine Beſtimmung aufgenommen werden könnte, welche ähnlich lautete wie diejenige, die Herr Kollege Hirſch beantragte. Zurzeit iſt ſie aber nicht durchführbar, und deshalb, glaube ich, iſt die Faſſung vorzuziehen, wie ſie der Magiſtrat auf Seite 240 der Vorlage vorgeſchlagen hat, die lautet, daß Angebote emgeſcheſen werden können, wenn ein genügender Anlaß zu der Annahme vorliegt, daß die von dem Unternehmer in ſeinem Betriebe gezahlten Löhne hinter den üblichen Löhnen zurückbleiben. Meine Herren, mehr kann man doch eigentlich kaum ſagen. Dieſe Faſſung enthält beinahe dasjenige, was der Herr Kollege Hirſch will. Des weiteren verlangt der Kollege Hirſch noch einen Zuſatz: Soweit ungelernte Arbeiter beſchäftigt werden, ſind die Unternehmer verpflichtet, einen Mindeſt⸗ lohn von 4 ℳ pro Tag zu zahlen. Ich habe ſchon vorhin geſagt, meine Herren: ich 300 jede Reglementierung. Wir ſollen hier auf ahre hinaus beſtimmen, wieviel Tagelohn ein un⸗ gelernter Arbeiter bekommen ſoll. Das halte ich einfach für undurchführbar, jedenfalls für zweckwidrig. Endlich komme ich zu dem Vorſchlag, daß Stadt⸗ verordnete, Magiſtratsmitglieder und Bürgerdeputierte bei der Vergebung von Arbeiten ebenſo behandelt werden ſollen wie diejenigen, die jetzt Mitglieder von Deputationen ſind. Bei der Begründung desſelben iſt behauptet worden, daß gar keine praktiſche Er⸗ fahrung dagegen ſpreche, dieſe Beſtimmung auf, zunehmen. Ich erinnere mich aber, daß die Stadt Schöneberg im Jahre 1903 das beſchloſſen hat, was Herr Kollege Hirſch hier beantragt, und zwei Jahre ſpäter, 1905, dieſelbe Stadtverordnetenverſammlung mit übergroßer Majorität den Beſchluß aufgehoben hat, und zwar aus den Erwägungen heraus, die hier vorgebracht worden ſind, weil ſich die Sache auch in einer ſo großen Kommune wie Schöneberg — ebenſo wie in Charlottenburg — nicht durchführen läßt. (Zuruf: Berlin ebenfalls!) Ebenſo iſt es in Berlin, wie ich eben höre. Meine Herren, um noch einmal auf die Streik⸗ klauſel zurückzukommen: ſage ich wiederholt, daß dieſe Frage ſehr glücklich in der Vorlage des Magiſtrats gelöſt worden iſt. Kann überhaupt wegen eines Streiks, ſo fragt Herr Kollege Hirſch, der Unternehmer verlangen, daß ihm die Friſt verlängert werde? Es hai keinen Zweck, meine Herren, die Rechtsfrage hier ausführlich zu behandeln. Ein Streik würde dem Unternehmer aber ſicher dann zugute kommen müſſen, wenn es ſich bei der Lieferung der Arbeit um eine ſogenannte Spezies handelte, wenn z. B. ein hervorragender Baumeiſter oder ſonſtiger Sachkenner eine ganz beſtimmte Sache zu liefern oder zu leiſten har, die ein auderer an ſeiner ſtatt nicht leiſten kann. Aber nur unter der Vorausſetzung, daß ein Ereignis eintritt, das man gar nicht vorausſehen konnie, würde der Unternehmer auf Rückſicht Anſpru haben. Denken Sie an den großen Bergarbeiterſtreik in Bochum! Sonſt natürlich muß der Unternehmer ebenſo wie jeder andere für ſeine Vertragsbedingungen einſtehen; das iſt ſelbſwerſtändlich. Der Magiſtrat hat gar kein Recht, das in die Verträge aufzunehmen, was der Herr Kollege Hirſch von ihm verlangt. Viel richtiger iſt doch die Löſung des Magiſtrats. Er ſagt: ich bin in dieſer Sache ganz nentral, ich ſehe mir die Leute an, ich verhandle von Fall zu Fall und entſcheide dann ſo, wie ein guter Hausvater ent⸗ ſcheiden ſoll. Daß der Magiſtrat nicht etwa abſicht⸗ lich gegen die Arbeiter vorgehen und im Intereſſe der Arbeitgeber verhandeln wird, das liegt doch auf der Hand. Meine Herren, es würde doch eine brutale Vermehrung der Armenlaſten ſein, wenn er abfichtlich dafür eintreten wollte, daß der Streik möglichſt in die Länge gezogen wird. Deshalb, meine Herren, glaube ich, laſſen wir es bei den Beſtimmungen, wie ſie jetzt ſind, und bei dem Antrage dis Ausſchuſſes, 1½ũ Jahre zu warten, bis der Magiſtrat alle die hier angeregten Fragen in den Kreis ſeiner Er⸗ wägungen gezogen hat. Vielleicht wird er dann beſſer belehrt an uns herantreten, einen Teil des hier Gehörten aufnehmen, vielleicht ſelbſt Beſſeres bieten. Ich bitte wiederholt, den Ausſchußanträgen zuzuſtimmen. Bürgermeiſter Matting: Meine Herren, ich lege Gewicht darauf, ſofort das Wort zu nehmen, um zu verhüten, daß die irrtümliche Auffaſſung meiner ſo⸗ genannten „ſtaatsrechtlichen“ Ausführungen, die Herr Stadtv. Holz ſich hier zu eigen gemacht hat, weiteren Boden gewinnt. Es hat mir ganz fern gelegen, ſtaatsrechtliche Ausführungen hier zu machen. Ich möchte Sie bitten, ſich daran zu erinnern, daß meine Ausführungen davon ausgegangen ſind, daß Herr Stadtv. Hirſch geſagt hat: wenn wir hier die Vorlage des Magiſtrats zur Kenntnis nehmen, über⸗ haupt paſſieren laſſen, ſo würde darin eine Zu⸗ ſtimmung von uns liegen — und ich habe nur darauf erwidert: eine Zuſtimmung könnte doch nur dann angenommen werden, wenn zur Anwendung dieſer Beſtimmungen Ihre Zuſtimmung notwendiger⸗ weiſe gehört. Dann würde allerdings allein ſchon darin, daß Sie dieſe Beſtimmungen ſtillſchweigend zur Anwendung gelangen ließen, eine Zuſtimmung gefunden werden können. Da das aber zweifellos nicht der Fall iſt, ſo kann man auch nicht ſagen: Sie erklären Ihre Zuſtimmung durch die Kenntnis⸗ nahme. Ich habe im übrigen aber ausdrücklich er⸗ klärt, daß gewiſſe allgemeine Geſichtspunkte, vor allem auch diejenigen drei Punkte, die Herr Stadtv Hirſch hier angegeben hat, ſehr wohl zum Gegenſtande der . der Stadtverordnetenverſammlung gemacht werden können, und habe geſagt, daß, wenn das der Fall ſein ſollte. es ſich erübrigen würde, die Sache noch einmal an den Ausſchuß zu verweiſen, ſondern daß man das hier im Plenum tun könnte, ohne von Anfang an noch einmal in die ganz kleinen intrikaten Beſtimmungen, die in den Bedingungen enthalten ſind, einzutreten. Weiter habe ich nichts geſagt, jedenfalls nichts weiter ausführen wollen. Stadtv. Dr. Stadthagen: Meine Herren, die Ausführungen des Herrn Bürgermeiſters Matting haben allerdings auch bei mir vorhin den Eindruck