———, 301 —— Das Zweite iſt noch einmal die Frage der an⸗ ſtändigen Lohnklauſel. Meine Herren, das hat ſich nun doch klar ergeben, daß wir mit einer obligatoriſchen Beſtimmung, daß alle Arbeitgeber unbedingt aus⸗ zuſchließen ſind, die den Tarifbeſtimmungen ſich nicht unterwerfen, keinesfalls arbeiten können. Denn wir ſehen ja wieder im vorliegenden Falle, der ſo lange erörtert worden iſt: es handelt ſich dabei gar nicht einmal um den lohndrückenden Unternehmer, ſondern gerade um die Stadt ſelbſt, die darauf achten ſoll und auch achlen will, daß nicht der Lohn gedrückt wird, und ſelbſt die Stadt iſt in dieſem Falle in der Lage geweſen — ob mit mehr oder weniger Ent⸗ ſchuldigung —, den Tarif nicht zu kennen und in⸗ folgedeſſen auch nicht in Anwendung zu bringen Wie ſollen aber die Verwaltungsſtellen in allen mög⸗ lichen Fragen, wo ſie ſicher nicht ſo ſachverſtändig ſein können wie z. B. im vorliegenden Falle Herr Stadtbaurat Bredtſchneider, ſämtliche Tarife kennen! Es iſt hier nicht einmal möglich geweſen, die Tarife am Ort zu kennen, geſchweige denn in der großen weiten Welt, wo wir doch auch Unternehmer haben, mit denen wir arbeiten. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Im Reichsarbeits⸗ blatt ſtehen ſie allel) Es iſt mir vorläufig nicht erſichtlich, wie wir das machen ſollen. Man müßte dann in jedem einzelnen Falle von dem Arbeitgeber verlangen, daß er bei ſeinem Angebot die Löhne angibt, die er an jeden einzelnen Arbeiter in ſeinem Betriebe zahlt, und dann müßte man ſich das Reichsarbeitsblatt oder andere Tariffeſtſetzungen vornehmen und Fall für Fall vergleichen, ob auch wirklich die gezahlten Löhne mit den im Tarif feſtgeſetzten übereinſtimmen. Ich glaube in der Tat, das iſt eine Aufgabe, die die Verwaltung gar nicht ausführen kann, und infolgedeſſen kann ſie auch eine ſolche Beſtimmung in dieſer ob⸗ ligatoriſchen Form nicht annehmen. (Die Beratung wird geſchloſſen.) Berichterſtatter Stadtv. Holz (Schlußwort): Meine Herren, nach dieſer ergiebigen Debatte geſtatten Sie mir nur noch wenige Worte. Ich habe im Eingang meines Referats hervorgehoben, daß die Frage eine unerſchöpfliche iſt. Herr Kollege Blanck hat ganz Recht, wenn er auf Grund ſeiner bewährten Er⸗ fahrungen hervorhebt, daß man bei dieſer flüſſigen Materie immer damit rechnen müſſe, daß heute oder morgen eine Anderung wird eintreten müſſen. Trotz⸗ dem aber iſt es wünſchenswert, daß wenigſtens die wohltätigen ſozialpolitiſchen und anderen Grundſätze, die in der Vorlage enthalten ſind, für eine Reihe von Jahren feſtgelegt bleiben, und es iſt ganz gut, wenn die Stadtverordnetenverſammlung darüber ruhig ſein kann, daß in dieſer Beziehung nicht geſündigt wird. Von dieſem Standtpunkt aus geſehen, haben wir dem Magiſtrat heute auch im Plenum hin⸗ reichendes Material mit auf den Weg gegeben, um uns im Jahre 1908 vielleicht mit einer neuen Vor⸗ lage in abgeänderter Form zu erfreuen. Was die Kritik anbetrifft, die der Herr Bürger⸗ meiſter hinſichtlich der Leiſtungsfähigkeit des Aus⸗ ſchuſſes, den ich ja zu vertreten habe, zum Ausdruck gebracht hat, ſo möchte ich darauf hinweiſen, daß, wenn ich die Namen der einzelnen Mitglieder vor⸗ leſen würde, Sie wohl eine Anzahl von Perſonen darunter finden würden, die ebenſo „mitten in der Verwaltung“ ſtehen wie diejenigen Herren, die vom grünen Tiſche aus die Vorlage bearbeitet haben. Ich kann ferner hinzufügen, daß in dem Ausſchuß in der hingebendſten Weiſe gearbeitet worden iſt, und daß einzelne Perſonen aus den Kreiſen der Stadt⸗ verordnetenverſammlung uns Aufklärungen gegeben haben, wie wir ſie in der Magiſtratsvorlage ſelbſt nicht gefunden haben. Ich meine aber auch, es iſt immerhin wünſchenswert, daß man eine noch ſo ſchwierige Frage auch in der Stadtverordneten⸗ verſammlung vollſtändig erledigt; denn auch die ſchwierigen Fragen müſſen hier gleichfalls erledigt werden. Wir haben ebenſo die volle Verantwortlichkeit wie der Magiſtrat dafür. Im Anſchluß daran, meine Herren. möchte ich noch bemerken, daß es mir leid tut, den Herrn Bürger⸗ meiſter mit der von mir ſogenannten ſtaatsrechtlichen Frage erwas ennuyiert zu haben. Ich hätte vielleicht ſagen können: ſtadtrechtliche Frage, dann würde er ſich vielleicht etwas weniger getroffen gefühlt haben. Aber recht habe ich doch! Die Tatſache läßt ſich doch nicht leugnen, daß wir nach der Städteordnung berechtigt ſind, nicht nur mitzuraten, ſondern auch mitzutaten. Man könnte ſich ja allerdings vorſtellen, daß nach den Erwägungen, die Herr Blanck vor⸗ getragen hat, es zweckmäßig wäre, an der Vorlage nicht zu rütteln, von ihr nur Kenntnis zu nehmen, weil in der Tat bei der Fluktuierung auf dieſem Gebiete morgen plötzlich etwas Neues kommen kann und dem Magiſtrat dann die Hände gebunden ſind. Das iſt aber vom Herrn Bürgermeiſter nicht vor⸗ getragen worden, ſondern er hat gemeint — ſo habe ich ihn verſtanden, als er ſeinen Rückzug antrat —, daß die Sache mit Rückſicht auf die Schwierigkeit der Materie und auch aus anderen Gründen die Stadt⸗ verordnetenverſammlung nichts angehe — und das mußte ich unter allen Umſtänden zurückweiſen. In der Sache ſelbſt, meine Herren, ſchließe ich noch einmal mit der Bitte, dem beizuſtimmen, was der Ausſchuß vorgeſchlagen hat. Wir geben ja dem Magiſtrat ſo viel Material auf den Weg, daß wir hoffen können, nach zwei Jahren etwas wirklich Gutes und Dauerhaftes zu bekommen. Ich bitte alſo um An⸗ nahme der Ausſchußanträge. Vorſteher⸗Stellv. Kaufmann: Wir kommen nun zur Abſtimmung. Außer dem Antrage des Aus⸗ ſchuſſes liegen zwei Anträge des Herrn Kollegen Hirſch vor. Ich werde ſo vorgehen, daß ich den erſten Antrag auf Zurückverweiſung an den Ausſchuß als Vertagungsantrag an erſter Stelle zur Ab⸗ ſtimmung bringen werde. Wird die Vertagung be⸗ ſchloſſen, ſo würden die ferneren Anträge dem Aus⸗ ſchuſſe zu überweiſen ſein. Wird die Vertagung ab⸗ gelehnt, dann würde ich die Anträge Hirſch als Amendement zu dem Ausſchußantrag auffaſſen und ur Abſtimmung ſtellen, und zwar derart, daß im alle ihrer Annahme an den Magiſtrat das Erſuchen zu richten wäre, in ſeinen Bedingungen den An⸗ trägen Hirſch Rechnung zu tragen. (Die Verſammlung lehnt den Antrag des Stadtv. Hirſch auf Zurückverweiſung der Mitteilung des Magiſtrats in den Ausſchuß ſowie die weiteren Anträge des Stadtv. Hirſch ab und beſchließt, entſprechend dem Antrage des Ausſchuſſes, wie folgt: 2) Von der Mitteilung des Magiſtratsbeſchluſſes vom 18. April 1904 betreffend Regelung des Verdingungsweſens wird unter dem Vorbehalt Kenntnis genommen, deß der Magiſtrat bis Ende 1908 mitteilt, wie ſich die bisherigen Be⸗ dingungen bewährt haben. b) Die vorliegenden Petitionen und Anträge werden hierdurch als erledigt betrachtet.)