— 343 wünſchenswert erachten. Es iſt da von mannigfachen ſtädtiſchen Bedürfniſſen die Rede, für die geſorgt werden ſoll. Darunter kann man ſich ſehr viel denken; aber man kann auch zu der Annahme kommen, daß, wenn ſo viele Bedürfniſſe in Frage kommen, das Bedürfnis des Badens nur eine ſehr minimale Befriedigung finden wird. Meine Herren, wir haben den dringenden Wunſch — und ich glaube, die Stadt⸗ verordnetenverſammlung ſteht in ihrer Mehrheit auf dieſem Standpunkt —, daß dort im qygieniſchen und ſozialen Intereſſe eine wirklich große Bade⸗ anſtalt zu ſchaffen iſt. Wenn es der Raum zuläßt, ſo mag ja eine Verwertung des Geländes für andere Bedürfniſſe in geringem Umfange noch ſtattfinden; aber das Allererſte wird die Volksbadeanſtalt ſein müſſen. Wir können daher nur dringend bitten, dieſen Geſichtspunkt bei der weiteren Entſchließung nicht aus dem Auge zu laſſen. Wir werden ja dann ſpäter noch im einzelnen uns darüber unter⸗ halten können. Sollten wir uns in unſerer Annahme getäuſcht haben, ſollte der Magiſtrat wirklich in unſerm Sinne in erſter Linie eine große Badeanſtalt errichten wollen, dann würden wir mit Befriedigung davon hier Kenntnis nehmen. Oberbürgermeiſter Schuſtehrus: Meine Herren, wir haben in der Antwort, die wir Ihnen haben zugehen laſſen, hervorgeboben, daß es ſehr ſchwer geweſen iſt, die Zwecke für die Verwertung dieſes Grundſtücks feſtzuſtellen, und die Zeit hat gelehrt, daß es gut war, daß wir uns nicht überſtürzt haben. Das Grundſtück iſt nämlich ſeinerzeit angekauft worden, um eine Schule darauf zu errichten. Es haben ſich nun die Verhältniſſe ſeit der Zeit in jener Gegend ſo vollſtändig verändert, daß heutzutage kein Menſch mehr daran denkt, dort eine Schule zu er⸗ richten. Die Gegend wird immer mehr Geſchäfts⸗ gegend, es ziehen die Leute immer mehr nach dem Weſten, die Zahl der Kinder nimmt dort ab, ſodaß in der Tat heute kein Bedürfnis zur Errichtung einer Schule auf dem Grundſtück vorliegt. Die Verhält⸗ niſſe haben ſich aber auch nach anderer Richtung von Jahr zu Jahr geändert. Die Inſtallations⸗ rüume für die Gasanſtalt, für die Elektrizitätswerke, für die Straßenreinigung, für das Waſſerwerk, das wir jetzt gekauft haben, ſinden in jener Gegend kein Unterkommen. Der Arbeitsnachweis, die Volks⸗ bücherei⸗Einrichtungen, die erſt nach Ankauf des Grundſtücks entſtanden ſind — ſind in Mietswoh⸗ nungen untergebracht, und die Eigentümer der Häuſer ſchrauben uns von Jahr zu Jahr in den Mieten höher. Es hat ſich nunmehr in der Tat das dringende Bedürfnis herausgeſtellt, in jener Gegend ein Haus zu ſchaffen, indem wir von dem fortgeſetzten Potenzieren der Mieten frei ſind, und wo wir ein Verwaltungsgebäude für die kleinen In⸗ ſpektionen errichten können. Nun brauchen die Herren aber nicht zu befürchten, daß der Gedanke einer Badeanſtalt darunter leiden wird; denn das Grundſtück iſt ſo groß, daß ſowohl die Badeanſtalt als auch ein ſolches Verwaltungs⸗ gebäude darauf ſtehen kann. Ich kann Sie verſichern, daß der Gedanke, dort eine Badeanſtalt zu errichten, anfangs, als er vor 4, 5 Jahren auftauchte, von vielen Seiten abgelehnt worden iſt, im Laufe der Jahre immer mehr im Magiſtrat an Bedeutung zu⸗ genommen hat, und daß der Magiſtrat heute auf dem Standpunkte ſteht, daß ein ſtädtiſches Badehaus in großem Stil in jener Gegend zu errichten iſt, nud zwar vor allem mit zwei Schwimmhallen, einer für Frauen und einer für Männer. Denn es iſt durchaus notwendig, daß die Frauen inbezug auf die Badezeit nicht immer zurückgeſetzt werden. Fett da nur ein Schwimmbad vorhanden iſt, liegt es ſo, daß die beſtgelegene Zeit für Männer und Knaben, und die für Hausarbeit am ſchlechteſten paſſende Zeit für Frauen und Mädchen ausgeſucht iſt. Das iſt nicht mehr zu ertragen. Gerade die Frauen und Mädchen bedürfen doch mindeſtens in derſelben Weiſe körperlicher Kräftigung wie die Männer und Knaben. Alſo es iſt vor allem nötig, zwei Schwimmhallen zu errichten. Außerdem muß man ſich bei der Aufſtellung des Programms auch darüber klar ſein, daß hier ein mit allen Erforderniſſen eines hygie⸗ niſchen modernen Bades ausgeſtattetes Badehaus geſchaffen werden muß, alſo mit Dampfbädern, römiſchen Bädern, Kaltbadeeinrichtung und ähnlichen Dingen. Es ſoll auf ſämtliche Badebedürfniſſe Rück⸗ ſicht genommen werden, und zwar auch aus der Er⸗ wägung heraus, daß die Anſtalt an der Grenze unſeres Stadtgebiets liegt und als Beſucher nicht nur unſere Charlottenburger Bürger, ſondern Be⸗ wohner der angrenzenden Gemeindegebiete in Frage kommen, und daß wir deshalb in der Anſtalt ein Bad haben müſſen, das auch Einnahmen bringt und nicht nur, wie unſer jetziges Volksbad Zuſchüſſe er⸗ fordert. (Zuſtimmung.) Sie ſehen alſo, meine Herren, daß der Magiſtrat durchaus bereit iſt, bei Aufſtellung des Programms Ihren Wünſchen in weitgehendem Maße Rechnung zu tragen, und ich hoffe, daß es auch möglich ſein wird, die Ausführung des Programms Ihren Wünſchen entſprechend zu geſtalten. Stadtv. Ir. Borchardt: Meine Herren, ich würde von der Antwort des Magiſtrats befriedigt geweſen ſein und hätte das Wort auch gar nicht genommen, namentlich nach den Ausführungen des Herrn Kollegen Proskauer, wenn ich nicht einer Wendung, die der Herr Begründer der Anfrage gebraucht hat, entgegen⸗ treten wollte. Der Herr Begründer der Anfrage, Herr Callam, ſagte, die Anfrage ſei dadurch veran⸗ laßt worden, daß nach der Volksbadeanſtalt auch ſogenannte „vornehme“ Herren gehen (Heiterkeit) und ſich über nicht genügende Reinlichkeit dort be⸗ klagen. Dieſe Begründung mußte die Vorſtellung erwecken, daß es den Herren Anfragenden im weſent⸗ lichen darauf ankommt, die Volksbadeanſtalt ſo, wie ſie iſt, auch mit ihren Fehlern beſtehen zu laſſen und in der Nürnberger Straße nun ein ariſtokratiſches Bad zu errichten. (Heiterkeit.) Ich nehme ohne weiteres an, daß es ſich beim Herrn Kollegen Callam nur um einen falſchen Zungen⸗ ſchlag gehandelt hat. Die Ausführungen des Herrn Kollegen Stadthagen haben ja bewieſen, daß man auch auſ jener Seite durchaus dafür eintreten will, daß eine Volksbadeanſtalt errichtet wird. Daß die Angelegenheit beſchleunigt werden ſoll, davon nehmen auch wir mit Befriedigung Kenntnis. Stadtv. Callam: Nur einige wenige Worte! Ich glaube ſehr gern, daß in der Badeanſtalt das Beſtreben nach der größten Sauberkeit herrſcht, und daß das gelbe Ausſehen des Waſſers vielleicht den Irrtum erregt hat, es ſei ſchmutzig. Es liegt aber anderſeits doch auf der Hand, daß bei ſolcher Frequenz, wie ſie Herr Geheimrat Proskauer hier