——— 312 —— Wählerliſte ſeien am 3. Oktober erledigt geweſen, am 9. Oktober habe die Wahl ſtattgefunden, eingeladen ſei durch Bekanntmachung vom 18 September, und zwar auf Grund der vom Magiſtrat auf⸗ geſtellten Liſte für 1906, die der Verſamm⸗ lung allerdings noch nicht zur Prüfung vor⸗ lag. Nun ſei es zum mindeſten zweifelhaft, was der § 23 darunter verſteht, wenn er ſagt: „die in der Liſte verzeichneten Wähler ſind 14 Tage vor der Wahl einzuladen“. Soll damit geſagt ſein, daß nur die von der Verſammlung feſtgeſtellte Liſte die Grundlage bilde, und daß jede Bekanntmachung, die der Magiſtrat vorher erläßt, ungültig ſei? Das iſt nach Anſicht des Vertreters des Magiſtrats nicht der Fall. Dem Wahlverfahren ſelbſt hat ſelbſtverſtänd⸗ lich die berichtigte Liſte zugrunde gelegen; die beiden auf ihren Einſpruch neu in die Liſte aufgenommenen Wähler konnten allerdings nicht 14 Tage vor der Wahl eingeladen werden, wohl aber ſeien auch ſie noch nachträglich durch Poſtkarten eingeladen worden. Warum einer derſelben — Herr von Siemens — ſein Wahlrecht nicht ausgeübt habe, das ſtehe nicht feſt. Aber ſelbſt wenn er durch die nicht rechtzeitig erfolgte Einladung daran verhindert worden wäre, ſo wäre es doch kein Grund, die Wahl für ungültig zu erklären. Das Reſultat wäre, ſelbſt wenn Herr von Siemens ſein Wahlrecht ansgeübt hätte, kein anderes geworden. Dem gegenüber bemerkte ein Mitglied des Aus⸗ſ ſchuſſes, daß nach der Städteordnung in jedem Momente im Jahre eine rechtskräftige Wählerliſte vorliegen müſſe. Eine ſolche ſei vorhanden, wenn die Stadtverordnetenverſammlung über die Einſprüche entſchieden habe. Die Einladung des Magiſtrats vom 18. September habe ſich nicht an die einzelnen Wähler gerichtet — das ſei auch nicht nötig geweſen —, ſondern ſie habe ſich ganz allgemein an die Wähler der I1. Wählerklaſſe im 1. und 4. Bezirk ge⸗ richtet. Die Wähler hätten ſich, wenn die Einladung ergeht, darum zu kümmern, ob ſie wahlberechtigt find. Obwohl der Magiſtrat zwar die Abſicht gehabt habe, auf Grund der neuen Liſte einzuladen, mußten ſich die Wähler doch ſagen, daß ſie nur wahlberechtigt ſind, wenn ſie in der neuen Liſte ſtehen. Zum Beweis für die Richtigkeit ſeiner Auffaſſung berief ſich dieſes Mitglied des Ausſchuſſes auf den 44 Kommentar. Es heißt darin mit Bezug au 23: An wen hat die Berufung zu ergehen? Das Geſetz erwidert: „An die in der Liſte (§ 19, 20) verzeichneten Wähler!“ Vorgreifend gelangt damit zugleich — wenigſtens implicite — zum Ausdruck, daß eben dieſe Perſonen ſämtlich, aber auch nur ſie, mitzuſtimmen berechtigt ſind, gleichviel ob und inwieweit die perſönlichen Verhältniſſe der Verzeichneten ſich inzwiſchen u ihren Ungunſten, die der Nichtverzeichneten ſic zu ihren Gunſten verändert haben. Die der Liſte entſprechende Einberufung iſt das Patent, deſſen Beſitz den Zutritt zum Wahltiſch eröffnet, deſſen Nichtbeſitz ihn verſchließt. Das betreffende Mitglied erklärte weiter, es komme hier nicht auf die Willensmeinung des Magiſtrats an, alſo nicht darauf, ob der Magiſtrat auf Grund der neuen Liſte habe einladen wollen, ſondern nur darauf, wie ſich äußerlich die Sache darſtellt. Außerlich aber ſtelle ſie ſich ſo dar, daß eine rechtskräftige Liſte für 1906 zurzeit der Einladungen noch nicht exiſtiert habe. Rechts⸗ kräftig ſei zurzeit der Einladungen nur die Liſte von 1905 geweſen, und infolgedeſſen ſeien die darin ver⸗ zeichneten Wähler eingeladen worden. Dieſer Mangel mache die Wahl auf alle Fälle ungültig. Herr Magiſtratsaſſeſſor Dr. Landsberger, deſſen Gutachten im Ausſchuß verleſen wurde, argumentiere ganz falſch; er hätte ſich die Liſte von 1905 anſehen und ſich fragen müſſen, ob denn nun alle die Wähler, die in der Liſte von 1906 ſtehen, auch in der Liſte von 1905 geſtanden hätten. Das ſei nicht der Fall geweſen. Im 1. Bezirk hätten in der Liſte von 1906 60 Wähler geſtanden, die in der Liſte von 1905 nicht aufgeführt waren, und ähnlich ſei es im 4. Bezirk geweſen. Aus dieſem Grunde kam das Mit⸗ glied des Ausſchuſſes zu dem Reſultat, daß die Wahlen ſchon led iglich des halb für ungültig zu erklären ſeien, weil, ganz gleichgültig, was der Mag iſtrat gewollt hat, die Ein⸗ ladung tatſächlich auf Grund der Liſte von 1905 erfolgt ſei. Eine rechtskräftige Liſte liege, wie geſagt, erſt dann vor, wenn die Stadverordneten⸗ verſammlung über die Einſprüche entſchieden habe. Ein anderes Mitglied des Magiſtrats erklärte es allerdings für wünſchenswert, daß die Liſte vier⸗ zehn Tage vor der Wahl fertiggeſtellt, d. h. daß über alle Einſprüche vierzehn Tage vor der Wahl entſchieden ſei. Er verſprach auch, daß in Zukunft ſehr ſorgfältig darauf Bedacht genommen werden ſoll. Es ſei das erſte Mal, daß das nicht geſchehen ei. Aber in der Städteordnung ſei nirgend be⸗ ſtimmt, daß die Liſte vierzehn Tage vor der Wahl fertiggeſtellt ſein muß. Von einer rechtskräftigen Liſte ſpreche die Städteordnung nicht. Er müſſe die Frage, ob die Einladung nur ergehen kann, wenn die Liſte bereits fertiggeſtellt iſt, ver⸗ neinen. § 23 der Städteordnung ſage: „Vierzehn Tage vor der Wahl werden die . .. Wähler durch den Magiſtrat zu den Wahlen . . . berufen.“ Das ſei geſchehen. In dem Paragraph ſtehe weiter, daß „die in der Liſte verzeichneten Wähler“ berufen werden. Auch das ſei geſcheyen; keiner derjenigen Wähler, die in der Liſte verzeichnet ſtehen, ſei nicht ein⸗ berufen worden. Die Forderungen des § 23 der Städteordnung ſeien al ſo erfüllt. Den Wählern, die auf das Rathaus kamen, um die Liſte einzuſehen, ſei nicht etwa die Liſte von 1905 vor⸗ gelegt, ſondern die ſpäter berichtigte Liſte von 1906. Die Liſte von 1905 habe nicht mehr eriſtiert; ſie ſei bereits im Auguſt ungültig geweſen. Von anderer Seite wurde dem gegenüber aus⸗ geführt, daß die Liſte von 1905 am 1. Juli d. I. ihr Ende erreicht habe. Nach dem 1. Juli dürfe der Magiſtrat nur wählen laſſen auf Grund der neuen Liſte. Es könne ſich nur darum handeln, ob die Liſte am Tage der Einladung ſoweit fertig⸗ geſtellt war, daß mit Fug und Recht auf Grund derſelben gewählt werden konnte. Dieſe Frage ſei zu bejahen. Dieſer Auffaſſung wurde widerſprochen; die Liſte von 1905 ſei ſo lange vorhanden, bis die neue Liſte fertig ſei. Auch Jebens ſage in ſeinem Kommentar, daß es an keinem Zeitpunkt des Jahres an einer Liſte fehlen dürfe, und daß die einmal abgeſchloſſene Liſte fortbeſteht, bis ſie durch eine neue abgelöſt wird, ferner daß jede Wahl nach der zurzeit ihrer Vollziehung in Kraft beſtehenden Liſte — nur nach dieſer — zu erfolgen habe. Nun ſe aber die Liſte erſt abgeſchloſſen nach Erledigun aller Einſprüche. Ein Fehler liege zweifellos vor es frage ſich nur, ob der Fehler ſo groß ſei, daß e ohne weiteres die Wahlen ungültig mache. Währen