— 314 — Herrn Reuther noch eine größere Zahl von Wählern beſucht und ſie in derſelben Weiſe für die Kandidatur Wolffenſtein gewonnen hat.“ Ganz ähnlich ſind die Behauptungen der Pro⸗ teſte 4, 6 und 7, (Stadtv. Kaufmann: 5 auch!) ebenſo im Proteſt 8. Im Proteſt 8 wird überhanpt ohne jede Unterlage die Behauptung aufgeſtellt, daß mindeſtens 22 der unter dem Aufruf verzeichneten Herren ihre Genehmigung zur Unterſchriftverwendung nicht erteilt haben. Die Namen der 22 werden aber nicht genannt. Es bleibt dann noch der Proteſt 9 übrig, der Einſpruch gegen die Giltigkeit der Wahl gleichfalls im 4. Bezirk erhebt. Auch hier wird behauptet, daß Herr Wolffenſtein nicht der nationalliberalen Partei angehöre und trotzdem Herr Stadtv. Dr. Röthig vor der Wahl einer größeren Anzahl von nationalliberalen Wählern erklärt habe, Herr Wolffenſtein ſei national⸗ liberal. „Dadurch wurde bewirkt, daß dieſe Wähler Herrn Wolffenſtein gewählt haben und derielbe die abſolute Majorität der Stimmen erhielt, während ſie ohne dieſe Mitteilung den Gegenkandidaten Herrn Liepmann gewählt hätten.“ Nun, meine Herren, wurden uns im Ausſchuß die Unterſchriften der Herren Hilſcher, Dr. Weiler und Langenick, die ang eblich die Genehmigung zur Verwendung ihrer Namen überhaupt nicht erteilt haben, im Original vorgelegt. (Hört, hört! dei den Liberalen.) Die Unterſchriften ſtammten aus dem Juni bezw. Juli dieſes Jahres. (Hört, hört! bei der Freien Vereinigung. Heiterkeit.) Außerdem iſt am 15. September an die Herren noch folgendes Schreiben gerichtet worden, das ebenfalls dem Ausſchuß unterbreitet wurde: (Hört, hört! bei den Liberalen.) Sehr geehrter Herr! In der geſtern mattgehabten Wählerverſammlung wurde als dritter Kandidat für die am 9. Oktober ſtattfindende Erſatzwahl Herr Verlagsbuchhändler Alfred Paetel gewählt. — Alſo die Herren hatten die Unterſchriften zunächſt nur für zwei Kandidaten gegeben; wir hatten ja urſprünglich im 1. Bezirk nur zwei Erſatzwahlen vorzunehmen. — Nachdem Sie die Güte hatten, die Kandidaturen der Herren Rentier Max Thieme und Fabrik⸗ beſitzer Otto Lemm zu unterſtützen, ſetzen wir voraus, daß Sie Ihre Empfehlung auch auf Herrn Paetel ausdehnen wollen. Wir nehmen Ihr Einverſtändnis hiermit an, wenn Sie uns nicht bis Sonnabend den 22. d. M. zu Händen des mitunterzeichneten Herrn Stadtv. Kaufmann, Engliſche Straße 4, das Gegenteil anzeigen. Hochachtend Liberale Fraktion der Stadtverordneten. (gez.) Kaufmann, Otto.“ Meine Herren, im Ausſchuſſe wurden die Wahl⸗ beeinfluſſungen natürlich unter der Vorausſetzung, daß das, was in dem Proteſt behauptet iſt, auf Tatſachen beruht, ganz entſchieden verurteilt, wenn auch die Meinungen darüber, ob dieſe angeblichen Wahlbeeinfluſſungen geeignet wären, die Wahl für ungiltig zu erklären, auseinander gingen. Ein Redner ſprach ſich dahin aus, daß es ſich nur um eine außer⸗ ordentlich geringe Mehrheit handelte. Es ſei in den Proteſten behauptet, daß Unterſchriften verwendet ſind, die tatſächlich garnicht gegeben ſeien. Dieſe Frage ſei in den Entſcheimungen des Oberverwaltungs⸗ gerichts noch nicht berührt worden. Er glaube ohne weiteres, daß die richtigen Unterſchriften vorliegen. Aber in dem einen Proteſt ſtehe, Herr Krauſe habe ſeine Unterſchrift zwar gegeben, aber unter der Be⸗ dingung, daß ſie nicht veröffentlicht werde. Das allein ſei ſchon entſcheidend. Bei der geringen Stimmen⸗ zahl ſei nicht abzuſehen, was für einen Einfluß auf die Wähler die Unterſchrift des Herrn Krauſe gehabt habe. Er beantrage, die Herren Reuther, Wolffenſtein und Dr. Röthig über die Behauptungen in dem Proteſt zu vernehmen, ſowie ferner die Vernehmung der vier Herren, welche behaupten, daß ſie ihre Unter⸗ ſchriften nicht bezw. unter anderen Bedingungen ge⸗ geben hätten. Der Ausſchuß lehnte den Antrag nach längerer Debatte mit 5 gegen 3 Stimmen ab und erklärte darauf mit 5 gegen 2 Stimmen dieſe Proteſte für unbegründet. Der Ausſchuß ſtellte ſich auf den Standpunkt, daß, ſelbſt wenn alles richtig iſt, was in den Proteſten behauptet wird, dann doch kein Grund vorliege, die Wahl für ungiltig zu erklären. Es handle ſich ja nicht um Wahlbeeinfluſſungen von Beamten, ſondern um eine von privater Seite be⸗ triebene Wahlagitation; man möge darüber urteilen, wie man wolle, der Ausſchuß habe jedenfalls kein Recht, aus dieſem Grunde die Wahlen für ungiltig zu erklären. Der letzte Proteſt endlich richtete ſich gegen die Wahl des Herrn Thieme, der nicht die abſolute Majorität erhalten haben ſoll. Das Wahlreſultat im 1. Bezirk iſt folgendes: Für das Erſatzmitglied für die Zeit von 1902!07 wurden folgende Stimmen ab⸗ gegeben: für Herrn Dr. von Siemens 75, für Herrn Thieme 77, für Herrn Prof. Pannwitz 3, für Herrn Fabrikbeſitzer Lemm 4 und für Herrn Verlagsbuch⸗ händler Paetel 3; — für die Zeit von 1904/9 für Herrn Prof. Pannwitz 72, für Herrn Bankier Warſchauer 75, für Herrn Fabrikbeſitzer Lemm 85, für Herrn Verlagsbuchhändler Paetel 84, für Herrn Rentier Thieme 6, für Herrn Dr. von Siemens 2 Stimmen. Erſchienen waren 163 Wähler, die abſolute Mehrzahl betrug 82. Die Herren Lemm und Paetel, die für die Zeit bis 1909 als Erſatzmänner gewählt waren, haben ganz unzweifelhaft die meiſten Stimmen und zugleich die abſolute Mehrheit erhalten. Anders ſteht es mit Herrn Thieme. Die abſolute Mehrzahl betrug, wie geſagt, 82. Herr Thieme hat aber nur 77 Stimmen erhalten. Es hätte alſo nach Anſicht der Herren, von denen dieſer Proteſt ausgeht, eine Stich⸗ wahl ſtattfinden müſſen zwiſchen den beiden Kandi⸗ daten, die die meiſten Stimmen erhalten hatten, das heißt zwiſchen Herrn Dr. von Siemens und Herrn Rentier Thieme. Statt deſſen hatte der Wahlvorſteher Herrn Thieme als gewählt proklamiert. Dem Antrage des Berichterſtatters, die Wahl für ungiltig zu erklären, wurde von anderer Seite widerſprochen. Es wurde geſagt, man müßte Herrn Thieme die 6 Stimmen hinzurechnen, die für ihn als Erſatzmitglied für die Zeit bis 1909 abgegeben ſeien; denn die Wähler, die Herrn Thieme bis 1909 wählen wollten, hätten doch auch zweifelsohne ſeine Wahl bis 1907 gewünſcht. Wenn man dieſe 6 Stimmen hin⸗ zuzählt, dann hätte Herr Thieme nicht 77, ſondern 83 Stimmen erhalten, alſo eine Stimme über die abſolute Mehrheit, während Herr von Siemens, dem man natürlich auch die beiden Stimmen hinzuzählen müßte, die für ihn an falſcher Stelle abgegeben worden ſind, ſtatt 75 — 77 Stimmen bekommen hätte. Die Anſichten im Ausſchuſſe waren geteilt. Auf den eben von mir angegebenen Standpunkt ſtellten ſich 4 Mit⸗ 1. des Ausſchuſſes, während ſich 4 andere auf en Standpunkt des Berichterſtatters ſtellten, der