—— 320 — orientiert hätte, ehe er zu den Wählern ging, um uns mit ſchwarzer Farbe zu malen. Etwas anders liegt die Sache inbezug auf die Perſon des Herrn Wolffenftein. Herr Wolffenſtein iſt von der liberalen Partei als Kandidat aufgeſtellt worden, und die Liberale Fraktion legt beſonderen Wert auf die politiſche Richtung ihrer Mitglieder. Man ſollte alſo deshalb doch wohl annehmen, daß der Herr Stadtverordnete ganz genau gewußt hat, welcher Partei Herr Wolffenſtein angehört. Es ſind dies Fragen, auf die wir eine Antwort für notwendig halten. Es iſt notwendig, hier feſt⸗ zuſtellen, was der Herr Stadtverordnete tatſächlich den nationalliberalen Wählern mitgeteilt hat, und welcher politiſchen Richtung tatſächlich Herr Wolffen⸗ ſtein angehört. Erſt wenn das feſtgeſtellt iſt, dann kann Beſchluß darüber gefaßt werden; denn dann kann eine Einſicht gewonnen werden, inwieweit die Einſprüche, die ſich darauf beziehen, begründet ſind oder nicht. Ich ſtelle den Antrag, daß zu Punkt 1 die vier Herren, die ich vorhin erwähnt habe, als Zeugen vorgeladen werden, und ferner zu Punkt 2, daß der Wähler, der im Einſpruch zu 3 genannt iſt, als Zeuge vernommen werde und der Herr Stadt⸗ verordnete, der die Mitteilung gemacht hat, ebenfalls und dann auch noch der andere von unſeren Kollegen. der hier in den Einſprüchen erwähnt iſt, gleichfalls gehört werde. Mein Antrag lautet folgendermaßen: Die Stadtwerordnetenverſammlung wolle beſchließen: Der Magiſtrat wird erſucht, zur Feſt⸗ ſtellung der in den Einſprüchen gegen die letzten Stadtverordneten⸗Erſatzwahlen behaupte⸗ 10 Tatſachen folgende Zeugen vernehmen zu aſſen: 1. zu den Einſprüchen Nummer 3 Abſchnitt 11 und Nummer 5 Abſchnitt 1 Rentier Hilſcher, Fabrikbeſitzer Krauſe, Maurermeiſter Lange⸗ nick, Dr. Weiler und Stadtv. Dr. Frentzel. 2. zu den Einſprüchen Nummer 3 Abſchnitt III und Nummer 9 Kaufmann Reuther, Bau⸗ meiſter Wolffenſtein und Stadtv. Dr. Röthig. (Bravo! bei der Freien Vereinigung.) Stadtv. Dr. v. Liszt: Meine Herren, im Namen meiner Freunde geſtatte ich mir, Sie zu bitten, den Anträgen des Ausſchuſſes unter a und b zuzu⸗ ſtimmen, dagegen nicht zuzuſtimmen dem Antrage unter , ſondern die Wahl des Herrn Thieme für gültig und damit die gegen dieſe Wahl gerichteten Proteſte für erledigt zu erklären. Meine Herren, von den drei Punkten, die durch die verſchiedenen Wahlproteſte Gegenſtand der Er⸗ örterung geworden ſind, kann ich den erſten Punkt nach dem ſehr ausführlichen und, wie bereits hervor⸗ gehoben wurde, nach dem ſehr objektiven Referat des Herrn Kollegen Hirſch und nach den Aus⸗ führungen der beiden Herren Bürgermeiſter beiſeite laſſen. Ich möchte für meine Perſon nur hervor⸗ heben: ausſchlaggebend war für mich, um bezüglich dieſes erſten Punktes die Wahlproteſte als gänzlich unbegründet erſcheinen zu laſſen, die Antwort auf die Frage: was iſt denn für eine Differenz ent⸗ ſoe dadurch, daß erſt am 3. Oktober die Be⸗ chlüſſe der Stadtverordnetenverſammlung gefaßt worden ſind? Ich möchte nebenbei bemerken: durch die Beſ lüpe der Stadtverordnetenverſammlung iſt nicht etwa die Liſte berichtigt worden, ſondern es iſt über die Einwendungen gegen die vom Magiſtrat im September berichtigte Liſte beſchloſſen worden. Es konnte ſein, daß bei der Wahl Perſonen er⸗ ſchienen wären, die nicht berechtigt waren, zu erſcheinen. Davon iſt keine Rede. Es konnte umgekehrt ſein, daß jemand, der berechtigt war zu erſcheinen auf Grund der Beſchlüſſe vom 3. Oktober, an der Stimmabgabe infolge der verſpäteten Einladung ver⸗ hindert worden ſei. Es kommen in der Tat zwei Wähler in Frage, die erſt auf Grund der Beſchlüſſe vom 3. Oktober in die Liſte aufgenommen ſind. Der eine iſt Herr Schwarzloſe; Herr Schwarzloſe iſt am Tage der Wahl erſchienen, er hat geſtimmt; er iſt alſo anweſend geweſen und iſt durch die ver⸗ ſpätete Einladung nicht um ſein Wahlrecht gebracht worden. Der zweite iſt Herr von Siemens; er iſt nicht zur Wahl gekommen, er hat nicht gewählt; aber es wird wohl nicht behauptet werden, daß Herr von Siemens nicht gewußt hat, an welchem Tage die Wahl iſt; da er Kandidat derſelben Abteilung geweſen iſt, wird er wohl davon unterrichtet ge⸗ weſen ſein, an welchem Tage die Wahl ſtattfindet. Da alſo dieſer kleine Formfehler in keiner Weiſe Einfluß gehabt hat auf das Ergebnis der Wahl. ſcheiden für mich von vornherein alle Proteſte aus, die ſich auf dieſe Tatſache beziehen. Was den zweiten Punkt betrifft, den in dieſen Proteſten erhobenen Vorwurf einer geſetzwidrigen Wahlagitation, ſo möchte ich zunächſt betonen: wir ſind im Ausſchuß gegen den Antrag auf Beweis⸗ erhebung geweſen, wir werden auch heute gegen den Antrag auf Beweiserhebung ſtimmen (Stadtv. Dr. Stadthagen: Aha!) — bitte, wollen Sie mich ausſprechen laſſen! — aber aus einem rein juriſtiſchen Grunde, weil — und da ſtimmten der Herr Berichterſtatter und der Herr Korreferent im Ausſchuß uns vollſtändig bei — weil, ſelbſt wenn wir die Wahrheit der behaupteten Tatſachen unterſtellen, dieſe Tatſachen für das Er⸗ gebnis der Wahl irrelevant erſcheinen würden, und weil es nicht nötig iſt, über irrevalente Tatſachen Beweis zu erheben. Es hat Herr Kollege Hubatſch hervorgehoben, daß es ſich hier um zwei ganz verſchiedene Punkte handelt. Es liegt uns daran, daß die Vorwürfe, die erhoben wurden, in das rechte Licht geſtellt werden. Nicht durch eine Beweiserhebung, ſondern durch das, was wir hier im Plenum und vor der Offentlichkeit feſtſtellen können. Ich werde es aber meinen Freunden überlaſſen, auf die einzelnen Tat⸗ ſachen, die hier in Frage ſtehen, näher einzugehen, und werde mich auf einige ganz wenige Hervor⸗ hebungen beſchränken. Daß die vier Herren ihre Unterſchrift uns gegeben haben, daß ſie die Unterſchrift geſetzt haben unter eine Empfehlung unſeres Kandidaten, ſteht urkundlich feſt, und ich ſollte meinen, bevor man dieſer urkundlichen Feſtſtehung gegenüber Beweis⸗ erhebung verlangt, daß dann doch wenigſtens der Schatten eines Beweiſes dafür gegeben werden würde, daß in irgend einer Weiſe rechtswidrig vorgegangen ſei. Würde uns heute eine ſchriftliche Erklärung der vier Herren vorgelegt ſein, ſo ſtände für mich die Sache anders; aber auf die Wahlproteſte, die uns vorliegen, teilweiſe von Männern ausgehend, die in keiner Weiſe in Beziehung zur Stadtverordneten⸗ verſammlung ſtehen, auf dieſe Wahlproteſte gegen⸗ über der urkundlichen Unterſchrift der Männer Be⸗ weis erheben zu wollen, geht uns über dasjenige, was nach unſerer Meinung bei den gegebenen Ver⸗ hältniſſen nicht bloß . . ſondern zuläſſig iſt. Nun hat Herr Kollege Hubatſch die Frage auf⸗ geworfen: es ſei doch ſehr merkwürdig, wie ſeien die Herren, die gegen unſere Kandidaten geſtimmt haben, dazu gekommen, uns ihre Unterſchrift zu geben? Das iſt allerdings ſehr merkwürdig! Ich möchte aber die Frage etwas anders ſtellen: wie kommen die