—— 322 wird. Und daraus ergibt ſich: bei unſerer Ent⸗ ſcheidung über die Gültigteit oder Ungültigteit der Wahl haben wir uns nicht mit der Proklamierung zu begnügen, ſondern durchaus ſelbſtändig zu prüfen, ob die erforderliche Stimmenzahl auf die als gewählt Proklamierten gefallen iſt. Nun iſt ja bekannt: es ſind auf Thieme gefallen 77 Stimmen für die Wahl⸗ periode bis 1907 und 6 Stimmen für die Wahl⸗ periode bis 1909, und da fragt es ſich es iſt eine recht intereſſante Frage, über die eine defnitive Entſcheidung bisher noch nicht gefällt worden iſt iſt eine Zuſammenrechnung der Stimmen für die Wahlperiode bis 1907 mit den Stimmen für die Wahlperiode bis 1909 zuläſſig oder nicht? Nach meiner Meinung muß zuſammengerechnet werden, und zwar ſtütze ich mich hier gerade auf den § 25 der Städteordnung in ſeiner neuen Faſſung mit dem Satz 3. Im Satz 3 heißt es: Werden die Erſatzwahlen mit den Ergänzungs⸗ wahlen in ein und demſelben Wahlakte ver bunden, ſo hat jeder Wähler getrennt zunächſt ſo viel Perſonen zu bezeichnen als zur regel⸗ mäßigen Ergänzung der Stadtverordnetenver⸗ ſammlung, und ſodann ſo viel Perſonen, als zum Erſatz der innerhalb der Wahlperiode aus⸗ geſchiedenen Mitglieder zu wählen ſind. Wenn alſo Ergänzungswahlen mit Erſatzwahlen zu⸗ ſammentreffen, dann iſt eine Trennung im Geſetze vorgeſchrieben. Wenn Ergänzungswahlen unterein⸗ ander oder wenn Erſatzwahlen untereinander zu⸗ ſammentreffen, dann iſt eine ſolche Trennung im Geſetz nicht vorgeſchrieben, und übereinſtimmend iſt wiederum die Judikatur, ſind unſere Syſtematiker und Kommentatoren der Städteordnung, iſt auch Erzellenz Jebens der Anſicht, daß der Wahlakt dann als und nicht zerriſſen werden darf in Teilakte. Ich glaube, meine Herren, ein Beiſpiel wird das ohne weiteres klar machen. Denken wir, es wären zwei Erſatzwahlen für dieſelbe Wahlperiode vorzu⸗ nehmen, und von der einen Partei ſind die Kandi⸗ daten A und B aufgeſtellt, von der andern die Kandidaten C und 5. Es iſt ganz ſicher, daß es hier nicht darauf ankommt, ob nun A an erſter oder zweiter Stelle genannt iſt, C an erſter oder zweiter Stelle. Nehmen wir an, es ſind für die Kandidaten der einen Partei 100 Stimmen abgegeben, 50 für A in der erſten Reihe, 50 für 4 in der zweiten Reihe, und ebenſo für B; dagegen für die Kandidaten der anderen Partei 80 Stimmen, 75 für C in der erſten Reihe und 5 für O in der zweiten Spalie, und ebenſo für D. Es unterliegt doch gar keinem Zweifel, daß die auf A gefallenen Stimmen zu⸗ ſammengerechnet und die auf C gefallenen Stimmen zuſammengerechnet werden müſſen, und daß, obwohl A wie B an erſter Stelle nur 50, und O wie D an erſter Stelle 75 Stimmen erhalten haben, nicht und D ſondern A und B gewählt iſt, und nicht etwa Stichwahl ſtattzufinden hat. So weit werden die ſämtlichen Herren, glaube ich, mit mir einverſtanden ſein. (Widerſpruch bei der Freien Vereinigung.) Die Schwierigkeit beginnt erſt in dem Augenblick in welchem miteinander Erſatzwahlen ungleicher Periode zuſammentreffen, alſo wie bei unſerer Wahl bis 1907 und 1909. Hier iſt nun in dem Geſetz eine beſtimmte Vorſchrift nicht gegeben. Man könnte die Anſicht vertreten, daß der Magiſtrat eigentlich gar 1 in der Lage wäre, von vornherein zu ſagen: an dieſer Stelle ſteht derjenige, der bis 1907 zu wählen iſt, an der andern Stelle, der bis 1909 zu wählen iſt, — ſondern es wird Sache des Wahlvor⸗ ein einheitlicher betrachtet werden muß g ſtehers ſein, den einzelnen, der etwa über die Reihen⸗ folge nicht richtig informiert iſt, den Wähler alſo, darauf aufmerkſam zu machen: wie ſteht die Sache? der Mann iſt aufgeſtellt als Kandidat bis 1907, Sie wollen nicht, daß er bis 1907, ſondern bis 1909 gewählt wird? Es wird auf die Willenserklärung ankommen, nicht auf die Erklärung allein, ſondern auf den Willen, der erklärt werden ſoll, und der Wahlvorſteher iſt nach meiner Meinung berechtigt, er hat das nobile officium, etwas ungeſchickten Herren, die nicht wiſſen, wie ſie es machen ſollen, an die Hand zu gehen. Es iſt ja auch zweimal ſo verfahren worden diesmal; bei zwei Wählern Nummer 11 und 3s iſt eine Korrektur erfolgt. Nun fragt es ſich: wenn jemand einen beſtimm⸗ ten Kandidaten für die längere Wahlperiode aufſtellt, ſchließt das aus oder ſchließt das in ſich, daß er ihn auch für die kürzere Wahlperiode gewählt wiſſen will? Und da komme ich ohne weiteres zu dem Ergebnis: wer einen Kandidaten bis 1909 gewählt wiſſen will, der will erſt recht, daß er bis 1907 funktioniert. Umgekehrt würde der Schluß nicht richtig ſein. Es iſt daher, wenn wir uns auf dieſen Standpunkt ſtellen, die notwendige Konſequenz, daß die ſämtlichen für die einzelnen Herren abgegebenen Stimmen zu⸗ ſammengerechnet werden. Wenn wir die 77 Stimmen, die Thieme bis 1907, und die 6 Stimmen, die er bis 1909 bekommen hat, zuſammenrechnen, dann haben wir die erforderliche Majorität, und diejenigen, die etwa behaupten wollen, daß die Abgabe der Stimmen für Thieme bis 1909 ſich eben nicht auf die Zeit bis 1907 bezieht, obwohl dieſe Zeit darin eingeſchloſſen iſt, würden nach meiner Meinung den Beweis dafür zu erbringen haben. Aber ſehen wir von der Beweislaſt ab, ſo werden wir auch alle zu⸗ eben — das war nicht bloß bei unſeren Kandidaten ſo, ſondern bei den Gegenkandidaten ebenſo — daß, wenn wir heute die Wähler fragen: war das euer Sinn, daß eure Kandidaten durchfallen ſollen des⸗ halb, weil ihr ſie ungeſchickt bezeichnet habt? — dann würden die Wähler ſagen: das entſpricht nicht unſerer Meinung, unſerer Abſicht, im Gegenteil, es entſpricht durchaus unſerer Abſicht, daß er gewählt werden ſoll. Ich und meine Freunde kommen alſo zu dem Ergebnis, daß Herr Kollege Gredy als Wahlvor⸗ ſteher durchaus korrekt gehandelt hat, daß keinerlei Grund vorliegt, die von ihm vollzogenen Prokla⸗ mationen der Wahl für ungültig zu erklären. Bürgermeiſter Matting: Meine Herren, der Herr Vorredner hat in Zweifel gezogen, ob der Magiſtrat berechtigt geweſen ſei, Anordnungen zu treffen, daß der Wahlvorſteher zu unterſcheiden habe zwiſchen Erſatzwahlen, die bis zum Jahre 1907, und Erſatz⸗ wahlen, die bis zum Jahre 1909 vorgenommen werden ſollen. Daraus entnehme ich, daß der Herr Vorredner der Meinung iſt, der Magiſtrat habe ſolche Anordnungen getroffen. Ich will die Gelegen⸗ heit ergreifen, feſtzuſtellen, daß ſolche Anordnungen in keiner Weiſe vom Magiſtrat getroffen worden ſind. Weder ſind derartige Anweiſungen in der allgemeinen Geſchäftsanweiſung für die Wahlvorſteher enthalten, noch ſind hier in dem konkreten Wahlverfahren be⸗ ſondere diesbezügliche Anordnungen getroffen worden. Ich will allerdings nicht zu unterlaſſen betonen, daß ich im Privatgeſpräch nach der Wahl mich auf den Standpunkt geſtellt habe, daß das Wahlverfahren. welches in dieſer Weiſe unterſchieden habe, korrekt geweſen ſei. Ich muß aber ebenſo bekennen, daß es an jeder geſetzlichen Unterlage hierfür fehlt. Es fehlt durchaus eine Beſtimmung, daß bei den Erſatz⸗ wahlen in derſelben Weiſe nach den verſchiedenen