—— 323 — Wahlperioden unterſchieden werden müſſe wie bei Ergänzungs⸗ und Erſatzwahlen. Es bleibt dann allerdings die Frage übrig, wie, wenn bei der Wahl nicht unterſchieden wird, dann nachher nun die ein⸗ zelnen Wähler auf die beiden verſchiedenen Erſatz⸗ perioden feſtgelegt werden. Das würde eine Aufgabe ſein, die dann dem Magiſtrat obliegen würde. Eine Beſtimmung darüber, wie er ſich dieſer Aufgabe zu entledigen hat, fehlt allerdings auch im Geſetz. Es bleibt alſo hier nur übrig, feſtzuſtellen: es iſt offen⸗ bar eine Lücke im Geſetz. Stadtv. Kaufmann: Meine Herren, ich beſchränke meine Ausführungen darauf, die Fälle aufzuklären, die den Einſpruch gegen die gegebenen Unterſchriften einzelner Wähler betreffen, die nachher anders ge⸗ wählt haben. Es liegen hier vier Fälle vor, von denen ich drei zuſammenfaſſe, diejenigen, die Herrn Hilſcher, Herrn Langenick und Herrn Weiler betreffen. Dieſe drei Herren haben die Unterſchriften, die ich hiermit zur Einſicht aller Kollegen auf den Tiſch des Hauſes lege, im Monat Juni und im Monat Juli folgender Empfehlung — ich bitte auf das Wort „Empfehlung“ zu achten! — gegeben: Die unterzeichneten Wähler der erſten Wählerabteilung im erſten Wahlbezirk empfehlen für die Erſatzwahl anſtelle der Herren Marcus und Dr. Mommſen die Herren Rentier Thieme, Friedbergſtraße 15, und Fabrikbeſitzer Otto Lemm, Mommſenſtraße 71. Eine ſolche Empfehlung iſt von den drei Herren unterſchrieben worden, und im Anſchluß an dieſe im Juni bezw. Juli erfolgten Unterſchriften iſt das von dem Herrn Berichterſtatter verleſene Erinnerungs⸗ ſchreiben an die Herren abgegangen, worin ſie aus drücklich aufmerkſam gemacht worden ſind: ihr waret ſo freundlich, die beiden Herren Kandidaten Thieme und Lemm zu unterſtützen, inzwiſchen iſt ein dritter Kandidat, Herr Paetel, hinzugekommen, wir nehmen an, daß ihr eure Empfehlung auch auf dieſen aus⸗ dehnt, wenn ihr nicht bis zum 22. uns des Gegen⸗ teils verſichert. Von dieſen drei Herren iſt keine Außerung hierauf eingegangen, und wir nahmen daher an, daß ſie damit einverſtanden wären. Ich kann hinzufügen, daß von den ſämtlichen Herren, die die Empfehlung vorgenommen hatten, nur von zwei Herren eine Antwort ergangen iſt: wir ziehen hier⸗ mit unſere Empfehlung zurück. An der Richtigkeit dieſer Angabe kann niemand in dieſem Saale zwei⸗ feln, wenn ich gleich die Herren nenne, die die Unter⸗ ſchriften gebracht haben. Die Unterſchrift des Herrn Weiler iſt von Herrn Kollegen Wöllmer eingeholt und übergeben worden, die von Herrn Langenick iſt von Herrn Schmidt eingeholt und übergeben worden, und die von Herrn Hilſcher hat Herr Fabrikbeſitzer Urban eingeholt und übergeben. Ich habe mich bei Letzterem erkundigt, ob denn nicht ein Irrtum ob⸗ walten kann, und ich habe das folgende Schreiben heute empfangen: Auf unſere telephoniſche Unterredung teile ich Ihnen mit, daß Herr Hilſcher, Bismarck⸗ ſtraße, mir ſeine Stimme und Unterſchrift für die Kandidaten der liberalen Partei ohne Widerrede gegeben hat. Ein Zweifel an der Echtheit der Unterſchrift kann wohl nicht be⸗ ſtehen, da Herr Hilſcher, falls er es vergeſſen haben ſollte, ſich ja leicht durch Inaugenſchein⸗ nahme überzeugen kann. Hochachtungsvoll Paul Urban, Sybelſtraße 26. Die vierte Empfehlung behandele ich deshalb beſonders, weil dieſe dem Herrn Kollegen Frentzel von Herrn Krauſe erſt abgegeben iſt, nachdem Herr Paetel bereits als Kandidat nominiert war, und ſie lautet nun wörtlich wie die erſte; es iſt dasſelbe hektographierte Exemplar benutzt aus der älteren Zeit: wir empfehlen die Herren Thieme und Lemm, und es iſt unter dieſe Empfehlung noch der Zuſatz geſetzt worden: Die Unterzeichneten ſchließen ſich dieſer Empfehlung an und dehnen dieſelbe zugleich auf den dritten Kandidaten, Herrn Verlags⸗ buchhändler A. Paetel, aus. M. A. Krauſe. (Hört, hört! bei den Liberalen.) Hier iſt die Sache wieder ganz klar: die Unter⸗ ſchriften ſind da, und eine Empfehlung iſt unter⸗ ſchrieben. Jetzt komme ich auf den Einſpruch, den die Herren machen, um ſich aus ihrer Verlegenheit des Umgeſtimmtſeins herauszuziehen. (Bravo! bei den Liberalen.) Die Herren behaupten, wir hätten ihre Namen unter einen Wahlaufruf der Liberalen geſetzt. Das iſt tatſächlich unrichtig. Wir haben nichts weiter getan, als die uns zur Verfügung geſtellte „Empfehlung“ ohne eine Datumangabe — weil die Namen doch früher oder ſpäter gezeichnet worden ſind — nur an die Wähler der erſten Abteilung unter Kuvert ge⸗ langen zu laſſen. Nun frage ich Sie, meine Herren, diejenigen, die auch nur einen Funken von Logik fühlen: zu welchem Zweck hat man ſich eine Empfeh⸗ lung geben laſſen, für welchen Zweck iſt eine Empfeh⸗ lung unterſchrieben worden? Hätten wir die Abſicht, eine Autographenſammlung uns anzulegen, dann hätten wir allerdings die Unterſchriften, die wir be⸗ kommen, in den Schrank gelegt, und die Sache wäre erledigt. Es iſt ausdrücklich den Herren erklärt worden: wollt ihr die Kandidaten empfehlen, dann bitten wir um eure Unterſchrift. Das iſt ein Brauch, den ich den Herren drüben (zur Freien Vereinigung gewendet) gar nicht zu erklären brauche; er iſt von ihnen immer ſo gehandhabt worden. Vielleicht ſind wir in dieſem Falle etwas früher aufgeſtanden, wir haben die Unterſchrift früher gehabt, als Sie ſie haben wollten. (Heiterkeit.) Es kann keinem Zweifel unterliegen, was die Abſicht der Empfehlenden war, und ſie ſelbſt behaupten ja, daß durch ihre Unterſchrift andere Wähler auch ver⸗ leitet worden ſind, ihre Stimme für Herren abzu⸗ geben, die ſie nicht wählen wollten, eben auf Grund ihrer Empfehlung. Ich beſtreite, daß unter einem Wahlaufruf ſich irgend ein Name der Unterzeichner der Empfehlung befindet; es iſt einfach hier, ſtatt daß man 40 hektographierte Liſten hätte weiter ſchicken müſſen, das geſamte Material in eine Liſte vereinigt und durch Druck feſtgelegt worden unter Ausſcheidung derjenigen Namen, die durch die ver⸗ änderte Liſte nicht mehr Wähler der erſten Abteilung waren. Es findet ſich daher wörtlich in dieſem ſo⸗ genannten Wahlaufruf nichts Anderes als folgendes: Die unterzeichneten Wähler der erſten Ab⸗ teilung des erſten Wahlbezirks empfehlen für die am 9. Oktober ſtattfindende Erſatzwahl die Herren Max Thieme, Lemm und Paetel. Meine Herren, ich brauche auf dieſen Fall nicht mehr einzugehen, da die Richtigkeit der gegebenen Unter⸗ ſchriften ja auch von keiner Seite beanſtandet worden iſt.