—— 324 — Dann möchte ich noch kurz des Falles Wolffen⸗ ſtein Erwähnung tun, obgleich ja dieſer Fall, ange⸗ nommen, er wäre ſo, wie er dargeſtellt iſt, gar nicht auf das Wahlreſultat von Einfluß ſein kann. Denn darin werden Sie mir ja folgen müſſen: hätte der einſprechende Herr Kollege Jachmann irgend einen anderen als den Herrn Reuther mit Namen gewußt, zu dem der Herr Kollege hier aus der Verſammlung als Beſucher gekommen iſt, und hätte mit den Mit⸗ teln, es ſei ein nationalliberaler Kandidat unſererſeits aufgeſtellt worden, operiert, dann würde ſowohl unſer Kollege, der den Einſpruch erhoben hat, als auch die andern Einſprechenden, namentlich unter Nr. § und 9 die Perſonen namhaft gemacht haben, die ſich da⸗ durch haben beſtimmen laſſen. Nun iſt ja von dem Herrn Kollegen v. Liszt ausgeführt worden und ich brauche hier nur darauf hinzuweiſen —, daß Unwahr⸗ heiten, ſelbſt wenn man fie wiſſentlich verbreitet hätte, das Wahlrecht abſolut nicht beeinfluſſen. In dieſem Sinne ſind Entſcheidungen des Oberverwaltungs⸗ gerichts ergangen. Aber nehmen Sie den Fall an, es hätte einen entſcheidenden Einfluß haben können, ſo handelt es ſich um die eine Stimme für Wolffen⸗ ſtein, während er eine Majorität von 7 Stimmen gehabt hat. Selbſt wenn alſo dieſer Fall ſo läge, wie er hier fälſchlich dargeſtellt wird, ſo iſt nicht an der Gültigkeit dieſer Wahl zu zweifeln. Nun komme ich darauf, daß Herr Kollege Hubatſch in ſeinen Ansführungen es als eigentümlich bezeichnet hat, daß wir von der liberalen Partei nicht gewußt hätten, welcher Partei denn eigentlich Herr Wolffenſtein angehört. Ja, meine Herren, das iſt eben das Charakteriſtiſche bei uns: wir verlangen von keinem, zu hören, welcher Schattierung der libe⸗ ralen Gruppen er angehört; wir begnügen uns damit, daß jemand ſagt: ich bekenne mich zu einer liberalen Weltanſchauung. Das iſt für uns das Moment, bei deſſen Beſtätigung der Betreffende in unſere Fraktion aufgenommen werden kann. Wir hatten von Herrn Wolffenſtein bei Gelegenheit, wo wir ihn allerdings fragten: ſtehen Sie auf liberalem Boden? — im allgemeinen das erfahren, was Ihuen ja ſchon bekannt iſt: „Ich habe mich nie um Politik gekümmert, ich bin ein liberaler Mann, ich bin ein patriotiſcher Mann“. Aus dieſer Erklärung ſchloſſen wir irr⸗ tümlich, daß er nationalliberal ſei. Wie wenig wir aber den Einzelnen fragen, geht daraus hervor, daß wir zu unſerer Uberraſchung erſt in dem Ausſchuß zur Prüfung der Wahlen erfahren haben, daß der von uns aufgeſtellte Herr Thieme organiſierter Nationalliberaler war. Wir wußten es gar nicht, als wir ihn aufſtellten. Dadurch beweiſe ich Ihnen eben, daß es für uns gar nicht bedenklich iſt, daß wir jemand aufgeſtellt haben, ohne ihn zu befragen, zu welcher ſpeziellen Schattierung er gehört. Meine Herren, alle Fragen, die ſich hieran knüpfen, baſieren nur darauf: kann die Wahl gültig ſein oder nicht — oder weitergehend mit Herrn Kollegen Hubatſch: hat eine Beweisaufnahme ſtattzu⸗ finden oder nicht? Nun frage ich Sie: welchen Beweis wollen Sie erheben? Hier haben Sie die Beweiſe: die Herren haben Empfehlungen erteilt, und dieſe Empfehlungen ſind als ſolche benutzt worden. Es hat alſo gar keinen Zweck, in eine Beweis⸗ erhebung einzutreten, abgeſehen von dem Falle der Einwirkung auf die Wahl, die Herrn Kollegen Wolffenſtein betrifft. Und auch da iſt es nicht nötig. Ich habe ſchon im Ausſchuß geſagt: ich gebe zu, daß ſich der Herr Kollege Röthig in einem verzeih⸗ lichen Irrtum befunden hatte, daß er bona fide gehandelt hatte, als er glaubte, Herr Wolffenſtein wäre nationalliberal, und als er Herrn Wolffenſtein nicht als den nationalliberalen Kandidaten, ſondern als den Kandidaten der liberalen Partei in der irrigen Anſicht ſeinerſeits, er ſei auch nationalliberal, empfahl. Denn ſo viel ich unterrichtet bin — Herr Kollege Röthig wird vielleicht ſelbſt in der Frage noch das Wort nehmen —, hat er einfach erklärt, es beſtehe die Wahl zwiſchen zwei Nationalliberalen, der eine habe nur den Vorzug vor dem anderen, daß er auf dem Baugebiete ein ganz hervorragender Mann iſt, den wir zur Zeit in unſerer Stadt⸗ verwaltung ſehr gut gebrauchen können. Alſo auch hier, meine Herren, bedarf es keiner Beweisaufnahme, weil wir ja anerkennen: Herr Kollege Röthig befand ſich im Irrtum, als er Herrn Wolffenſtein als national⸗ liberal bezeichnete. Es iſt aber von Ihnen, wie geſagt, kein einziger Dritter genannt worden, und deshalb ſind die erhobenen Proteſte, die davon aus⸗ gehen, daß eine ganze Anzahl von Nationalliberalen ebenſo behandelt worden ſeien, hinfällig Denn Sie ſind nicht in der Lage, einen einzigen Namen zu nennen. Und hätten Sie nur einen halben Namen gewußt, ſo hätten Sie uns wenigſtens dieſen halben, wenn nicht zweie dafür aufgetiſcht. Ich bitte Sie alſo im Sinne der Anträge des Kollegen v. Liszt zu votieren. Stadtv. Holz: Meine Herren, gegenüber dem einfachen Tatbeſtande nimmt mich die Nervoſität unſerer Herren Gegner ein wenig Wunder. (Rufe bei der Freien Vereinigung: Wo denn Nervofttät?!) — Die Nervoſität, die in den Worten unſeres ver⸗ ehrten Kollegen Hubatſch doch in ziemlich emphatiſcher Weiſe zum Ausdruck kam und ſich auch darin zeigte, daß unſer verehrter Herr Vorſteher — meines Er⸗ achtens zum erſten Male — von ſeiner sella curulis herabgeſtiegen iſt, um uns eine Rechtsbelehrung zu erteilen. Holland muß doch ſehr in Not ſein! Ich kann nicht leugnen, meine Herren, daß dieſe Rechts⸗ belehrung an ſich ſachlich und in der Form ange⸗ meſſen war, (Rufe: Na alſo!) muß aber behaupten, daß ſie durchaus nicht den Tat⸗ ſachen und dem Rechte ſelbſt entſpricht. Es handelt ſich im weſentlichen um zwei Rechts⸗ fragen. Zunächſt um die eine Frage, ob das von dem Wahlvorſteher verkündete Reſultat, nach welchem Thieme als gewählt zu betrachten iſt, unanfechtbar erſcheint oder nicht. In dieſer Beziehung ſind von Herrn Kollegen v. Liszt ſo klare Ausführungen gemacht worden, daß man jedenfalls leicht zu einer Ent⸗ ſcheidung kommen kann, wobei, da es ſich um eine reine Rechtsfrage handelt, möglicherweiſe auch die entgegengeſetzte Meinung zutreffend ſein könnte. Ich für meine Perſon muß mich dieſer Entſcheidung an⸗ ſchließen, weil ich gefunden habe, daß die Gründe in jeder Beziehung überzengend find. Ich muß auch ſagen, meine Herren, daß der Wähler, der zu unſerm Wahlvorſteher — Herr Gredy war es — geſagt hat: Ich wähle den Herrn Thieme —, gar nicht an die Unterſcheidung gedacht hat, ob bis 1907 oder 1909. Er wollte Thieme wählen, wie er Schulze gewählt —— würde, wenn der Kandidat Schulze geheißen ätte. Was die zweite Frage anbetrifft, ſo hätte ich bei der Bedeutung des auf Vernichtung aller 4 Wahlen gerichteten Einſpruches von Herrn Kollegen Roſenberg doch eine ganz andere Begründung für ſein nach meinem