—— 328 —— Sehr geehrter Herr! Auf Ihr Schreiben vom 11. ds. (Zuruf bei den Liberalen) — es wird wohl eine Anfrage geweſen ſein, es ergibt ſich aus der Erwiderung erwidere ich, daß ich niemand die Erlaubnis gegeben habe, meinen Namen unter einen Wahlaufruf zu ſetzen. (Zuruf bei den Liberalen: Wahlaufruf!) Ich habe auch keine Ahnung, wie das gekommen iſt. (Heiterkeit.) Hochachtungsvoll W. Hilſcher. Herr Max Artur Krauſe hat eine Ihnen viel⸗ leicht bekannte Korreſpondenz mit Herrn Kollegen Dr. Frentzel gehabt, worin er proteſtiert, daß ſein Name veröffentlicht worden ſei. Er ſagt: Die mir geſandte Druckſache iſt nach meinem Dafürhalten ein Wahlaufruf. Wenn Sie denſelben den Wählern angeblich nur privatim zuſtellen, wie geſchehen, dann möchte ich wiſſen, was Sie dann öffent⸗ lich nennen. Das iſt zweifellos eine Veröffent⸗ lichung, zu welcher Sie mein Einverſtändnis nicht hatten. Meine Herren, in zwei Fällen habe ich Ihnen a die ſchriftliche Erklärung der betreffenden Herren vorgelegt. (Zuruf des Stadtv. Dr. Frentzel.) — Haben Sie ſie nicht bekommen? (Stadtv. Dr. Frentzel: Nein!) Ich ſtelle ſie Ihnen gern zur Verfügung. (Erneute Zurufe von den Liberalen.) (Glocke des Vorſtehers.) Vorſteher Roſenberg (unterbrechend): Ich bitte den Herrn Redner, fortzufahren. Stadtv. Dr. Riel (fortfahrend): Ich kenne das Datum auch nicht; ich will nur das, was mir auch heute erſt zugänglich gemacht worden iſt, Ihnen heute vortragen zum Beweiſe dafür, daß tatſächlich die Herren der Anſicht ſind, daß in der Wahltätigkeit etwas anderes geſchehen iſt, als ſie — die betreffenden Herren — beabſichtigt haben. Meine Herren, Sie ſagen: es handelt ſich ja hier gar nicht um einen Wahlaufruf. Ich glaube, wir werden uns kaum an dieſes Wort klammern können. Uberſchrieben „Wahlaufruf“ iſt ja offenbar das Schreiben, das Sie verſandt haben, nicht. Aber was hat es denn für einen Zweck gehabt? Sie haben es an diejenigen Wähler geſchickt, von denen Sie geglaubt haben, daß Sie durch die Unterſchriften auch auf ihre Wahl Einfluß üben können. Und wenn man ſich auch nicht an den Begriff, wie er in einem oder dem anderen Falle vom Gericht aner⸗ kannt worden iſt, klammern kann, ſo war die Abſicht: die Herren haben gewünſcht, daß man von ihren Unterſchriften Dritten gegenüber nicht Gebrauch macht. (Lachen bei den Liberalen.) Meine Herren, was dabei norgegangen iſt, wiſſen wir ja nicht; (Zurufe bei den Liberalen: Steht ja drin!) darüber wollen wir Beweis erheben. Sie ſagen: wie merkwürdig, daß die Herren für die eine Partei unterſchreiben und für die andere Partei ſtimmen! Sie überſehen, daß dieſe Herren ſteis für die Freie Vereinigung geſtimmt haben. (Hört, hört! bei der Freien Vereinigung.) Wie ſollen die Herren jetzt dazu kommen, dieſe Empfehlung zu unterſchreiben! Es iſt in der Tat nicht ausgeſchloſſen, daß die Herren — ich weiß nicht, auf Grund wovon — ſich in einem Irrtum befunden haben über dasjenige oder über die Tragweite der Erklärung, die ſie mit ihrer Unterſchrift abgegeben haben. Meine Herren, dem widerſpricht auch nicht, daß in dem einen Proteſt von den „freiſinnigen“ Herren geſprochen worden iſt. Es iſt doch unſchwer zu erkennen — er meint die Herren von der liberalen Fraktion —, daß er damit nicht ſagen will, daß dieſe Herren ganz ausgeſprochen freifinniger Richtung ſind. Ich glaube, das iſt gar nicht anzunehmen. Ich meine daher, meine Herren, daß wir die Verpflichtung haben, hier Licht zu ſchaffen, und das auch deshalb, weil ich der Überzeugung bin, daß in der Tat auf das Ergebnis der Wahl ein gewiſſer Einfluß geübt worden iſt, daß das Ergebnis der Wahl ein anderes, und zwar ein weſentlich anderes geweſen wäre, wenn derartige Tätigkeit nicht entfaltet worden wäre. Ich möchte Sie bitten, nicht gar 0 dem ſo frühen Aufſtehen zu ſprechen. Sie haben im Juni Ihre Wahlagitation entfaltet. Wir wußten damals noch nicht, daß im Juli Wahlen angeſetzt waren, 1 (hört, hört! bei der Freien Vereinigung) daß dieſer Wahltermin nachher aufgeboben worden iſt. Und nun, meine Herren, iſt — denn ich bin ja doch nur damit gemeint hier die Unwahrheit verbreitet worden, daß ich inbezug auf Herrn Kollegen Kaufmann eine unwahre Behauptung aufgeſtellt habe. Meine Herren, es gehört zwar nicht zur Sache; aber wenn das öffentlich mir geſagt wird, dann werden Sie mir auch erlauben, daß ich darauf antworte. Ich habe einen Zeitungsartikel verleſen, habe geſagt, daß bieher noch keine Richtigſtellung erfalgt iſt, daß ich das aber gerade aus meiner politiſchen Überzeugung heraus als überaus wichtig und wünſchenswert erachte, und daß ich gerade deshalb die Sache zur Sprache bringe, um Herrn Kollegen Kaufmann Gelegenheit zu geben, darauf zu antworten. (Unruhe bei den Liberalen.) Ich habe nicht geſog Herr Kollege Kaufmann habe mit der ſozialdemokratiſchen Fraktion paktiert. Was ich da vorgetragen habe, geſtützt auf dieſen Zeitungs⸗ artikel, war ein Referat. Sie haben, ſoweit ich weiß, ein Stenogramm; wir haben leider keins, ich habe mich daher leider nicht davon überzeugen können, ob ich tatſächllch das geſagt habe. Ich wäre Ihnen überaus dankbar, wenn Sie mir ein ſolches Protokoll, ein ſolches Stenogramm vorlegen wollten; ich bin der Uberzeugung, daß in dem Stenogramm eine ſolche Außerung nicht enthalten iſt. Sie würde auch nicht den Tatſachen entſprechen; denn ich weiß nicht, ob und daß Herr Kollege Kaufmann über eine ſolche Sache mit irgendeinem anderen Kollegen verhandelt hat, und weil ich das nicht weiß, ſo wäre mir auch gar nicht eingefallen, eine derartige Behauptung auf⸗ zuſtellen. Es ſind eine ganze Reihe meiner Freunde in der Sitzung zugegen geweſen, die mir vorausſichtlich werden beſtätigen können, daß ich in äußerſt vor⸗ ſichtiger, lediglich hypothetiſcher Form und mit dem Wunſche, daß endlich einmal da Klarheit geſchafft werde, die Sache zur Spra he gebracht habe. (Bravo! bei der Freien Vereinigung.) Stadtv. Dr. Röthig: Meine Herren, es war nicht meine Abſicht, in die Debatte einzugreifen. Nachdem ich aber in derartig heftiger und intenſiver zu ſehr von