—— 331 — richtigen, ſondern der Magiſtrat —, und auf Grund dieſer am 17. September berichtigten Liſte hat der Magiſtrat geladen. Damit ſind die Bedenken hinfällig hinſichtlich der Ladung. Ich glaube, daß die Verſammlung bezüglich der Einſprüche gegen die Wahl der Herren Lemm, Paetel und Wolffenſtein ohne weiteres dem Ausſchuſſe folgen wird, und zwar in ihrer großen Mehrheit. Was nun die Wahl des Herrn Thieme anbelangt, ſo muß ich ſagen: ich war im höchſten Grade über⸗ raſcht, daß dieſer Einſpruch, wenn auch mit Stimmen⸗ gleichheit, im Ausſchuß für berechtigt erachtet wurde. Ich war überraſcht, weil für die Beanſtandung dieſer Wahl auch nicht die Spur einer geſetzlichen Unterlage vorhanden iſt. wirrung bei den Herren Einſprechenden, welche, wie mir ſcheint, überhaupt nach dem Rezepte gehandelt haben: getrennt marſchieren und vereint ſchlagen, und welche kommandiert werden von einem hinter den Kuliſſen ſtehenden Strategen, den wir wohl zu kennen glauben — denn alle dieſe Einſprüche von Draganski und Genoſſen verraten dieſelbe Feder — (Heiterkeit) — ich bin der Meinung, meine Herren, daß ein Einſpruch überhaupt nicht gekommen wäre, wenn nicht durch den Reporter die unrichtige Mitteilung in die Zeitungen lanziert wäre, daß Thieme bei 162 Abſtimmenden mit 77 Stimmen als gewählt proklamiert worden wäre. Das war ganz un⸗ richtig. Der Reporter hätte mitteilen müſſen, daß 77 Stimmen bis 1907 und 6 bis 1909 abge⸗ geben worden ſind; dann wäre es niemandem ein⸗ gefallen, darin etwas Unrichtiges zu finden. Es hätte ſich eigentlich auch jeder, der die Ehre hat, den Wahlvorſteher, Herrn Kollegen Gredy, zu kennen, dieſen erfahrenen Stadwverordneten, ſagen müſſen, daß es unmöglich iſt, daß ein Mann wie Gredy (Heiterkeit bei den Liberalen) bei 162 Abſtimmenden ſich dazu hergeben würde, einen Kandidaten als mit abſoluter Majorität gewählt zu proklamieren, der nur 77 Stimmen erhalten hat, und ich bin geſpannt darauf, wie Herr Kollege Gredy ſeine Verkündung hier rechtfertigen wird. Ich hoffe, daß er auch ſeine Parteigenoſſen überzeugen wird, daß er auch von der Richtigkeit der Publikation, welche er ausgeſprochen hat, überzeugt geweſen iſt. Ich glaube, Herr Kollege Gredy wird ſic wohl den § 25 genauer angeſehen haben als diejenigen Herren, die den Einſpruch hier begründen, und ich möchte trotz der vorgerückten Zeit noch etwas eingehender als Herr Kollege v. Liszt Ihnen darlegen, daß Thieme mit abſoluter Majorität gewählt iſt, und daß eine geſetzliche Veranlaſſung zum Einſpruch nicht vorliegt. Ich möchte deshalb näher auf die Sache eingehen, weil dieſe Frage nicht ſehr einfach zu er⸗ faſſen iſt. Ich habe wenigſtens wahrgenommen, da eine Reihe von Kollegen, beſonders auf der linken Seite, die einſchlägige Beſtimmung des Geſetzes nicht in der Weiſe beherrſchen, daß ſie zu einem zutreffenden Ergebnis gelangen. Deshalb möchte ich ausführlich auf die Sache eingehen. Der § 25 ſagt in Satz 3; Werden die Erſatzwahlen mit den Ergänzungs⸗ wahlen in ein und demſelben Wahlakte ver⸗ bunden, ſo hat jeder Wähler getrennt zunächſt ſoviel Perſonen zu bezeichnen, als zur regel⸗ mäßigen Ergänzung der Stadtwerordnetenver⸗ ſammlung, und ſodann ſoviel Perſonen, als zum Erſatze der innerhalb der Wahlperiode ausgeſchiedenen Mitglieder zu wählen ſind. Ich glaube, es iſt die ganze Ver⸗ z Der Geſetzgeber kommt alſo hier zu getrennten Wahlgängen bei einer Kombination von Erſatz⸗ und Ergänzungswahlen. Daraus ergibt ſich, daß die Trennung des Wahlaktes in ſo viel einzelne Wahl⸗ akte, als Stadtverordnete zu wählen ſind, wenn es ſich lediglich um Erſatzwahlen handelt, nicht zuläſſig iſt. Dieſe Meinung iſt nicht meine Privatmeinung, ſondern ſie iſt von ſämtlichen Kommentatoren der Städteordnung ausgeſprochen worden, dieſe Anſicht zieht ſich wie ein roter Faden durch die ganze Ju⸗ dikatur des Oberverwaltungsgerichts, und ich erſuche die rechtverſtändigen Mitglieder der Verſammlung, die die andere Meinung vertreten, mir eine einzige Entſcheidung des Oberverwaltungsgerichts, einen ein⸗ igen Kommentator der Städteordnung zu nennen, welcher die Anſicht für richtig erachtet, daß es, wenn es ſich lediglich um Erſatzwahlen handelt, zuläſſig iſt, die einzelnen Wahlakte zu trennen. Ich berufe mich, meine Herren zunächſt auf Jebens. Jebens ſagt auf Seite 96 ſeines Werkes: Zur Beſtimmung des § 25 Satz 2 iſt darauf hinzuweiſen, daß ſie eine Zerlegung der einheitlichen Wahlhandlung in ſoviel einzelne Wahlakte, als Stadtverordnete zu wählen ſind, ausſchließt Brauchitſch ſtellt ſich auf denſelben Standpunkt. Dieſelbe Anſicht vertreten Oertel und Ledermann; ich bin bereit, Ihnen die Belegſtellen anzu⸗⸗ geben. Iſt dies aber richtig, meine Herren, ſo ſpielt 7 ſich die Wahl nach § 25 Abſatz 1 in der Weiſe atf 1⸗ daß in der einheitlichen, untrennbaren Wahlhandluns: 8, jeder Wähler ſoviel Namen zu nennen hat, als Stadtverordnete zu wählen ſind. Nun ſteht nach dem Wahlprotokoll unzweifelhaft feſt, daß von den 162 Wählern 83, alſo 1 über die abſolute Majorität, den Namen Thieme genannt haben. Wenn nun behauptet wird: die 6 Stimmen von den 83 ſind ungiltig, ſo hat derjenige, der das behauptet, eine geſetzliche Beſtimmung anzuführen, aus der hervorgeht, daß dieſe 6 Stimmen ungiltig ſind. Ich erſuche diejenigen Herren, die ſich für die Ungiltigkeit der Wahl des Thieme ausgeſprochen haben, mir zu ſagen, wo in der Städteordnung eine Beſtimmung enthalten iſt, aus der hervorgeht, daß dieſe 6 Stimmen ungiltig ſind. Es gibt auch keine Entſcheidung des Oberverwaltungsgerichts, aus der hervorgeht, daß dieſe 6 Stimmen als ungiltig er⸗ achtet werden können. Nach dem Wortlaut der Städteordnung iſt demnach Thieme mit 83 Stimmen gewählt, und das wird wohl auch der Gedanle ge⸗ weſen ſein, den Herr Kollege Gredy bei der Publi⸗ kation zweifellos gehabt haben wird; einen anderen Gedanken kann ich mir nicht gut vorſtellen. Sollte jemand aber die Behauptung aufſtellen, daß der Zuſatz „bis 1909“ die 6 Stimmen ungiltig ß mache, dann bleibt es eben eine einfache Behauptung, eine beweisloſe, durch keine geſetzlichen Grundlagen unterſtützte Behauptung. Aber wenn ſie aufgeſtellt werden würde, und wenn ein Beweis für dieſe Be⸗ hauptung verſucht werden würde, ſo würde ich in der Lage ſein, den Gegenbeweis zu führen. Nach der Judikatur, die feſtſteht, und nach den Kommen⸗ taren — ich bin in der Lage, eine Reihe Zitatſtellen ſofort vorzutragen — iſt die Abgabe einer Stimme eine Willenserklarung, und dieſe Willenserklärung iſt nach denjenigen Auslegungsregeln auszulegen, welche man bei Willenserklärungen überhaupt anzuwenden hat. Es gibt nun keine Auslegungsregel für Willens⸗ erklärungen, welche anders geartet iſt für Zivilrecht wie für die Willenserklärungen des öffentlichen Rechts,