über dieſe Seite der Frage zu verbreiten. Überhaupt muß ich geſtehen: es hat auf mich die Debatte inſo⸗ fern einen etwas niederſchlagenden Eindruck gemacht, als ich ſo ganz unwillkürlich die Empfindung bekam, es würde dieſe Frage, die doch ganz eminent eine reine Rechtsfrage iſt, als Parteifrage behandelt. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) Wenigſtens iſt es mir außerordentlich überraſchend geweſen, daß die ſämtlichen Herren Juriſten, welche der liberalen Partei angehören, für die Giltigkeits⸗ erklärung der Wahl Argumente herbeigebracht haben, die mir — ich bin nicht Juriſt, aber ich glaube, ein bißchen geſunden Menſchenverſtand zu haben — für die Ungiltigkeitserklärung der Wahl zu ſprechen ſcheinen. So hat z. B. eben noch Herr Dzialoszynski in der Rechtsbelehrung — er ſagte ja ausdrücklich, er wolle namentlich den Herren auf der linken Seite noch eine Rechtsbelehrung zuteil werden laſſen — geſagt, der Magiſtrat hat auf Grund der am 17. Sep⸗ tember berichtigten Liſte geladen. Herr Rechtsanwalt und Kollege Dzialoszynsti ſagte weiter, die Stadt⸗ verordnetenverſammlung hat mit der Berichtigung der Liſte gar nichts zu tun. Ich weiß nicht, warum dann die Stadtverordnetenverſammlung mit einer Entſcheidung über die Einſprüche behelligt wird. Sie hat allerdings mit der Berichtigung der Liſte inſo⸗ fern nichts zu tun, als nicht ein unmittelbarer Ver⸗ treter oder ein Mitglied der Stadtverordnetenver⸗ ſammlung nachher die Berichtigung einzuſchreiben hat. Aber über die Liſte und über die Einſprüche gegen die Liſte zu entſcheiden hat ſie doch. Und die Liſte, über welche die Stadtverordnetenverſammlung entſchieden hat, iſt auch am 17. September nicht be⸗ richtigt worden. Wenn alſo Herr Kollege Dzialoszynski ausdrücklich ſelber ſagt: der Magiſtrat hat auf Grund der am 17. September berichtigten Liſte ſeine Ein⸗ ladung erlaſſen —, nun, dann ſind die Einladungen nicht auf Grund derjenigen Liſte erlaſſen, auf Grund deren nachher gewählt worden iſt, und die eben die einzig beſtehende rechtmäßige oder rechtskräftige Liſte, oder wie man ſie nennen will, war. Es wurde, hörte ich im Ausſchuß, der Ausdruck rechtskräftige Liſte bemängelt; es wurde geſagt, es beſtehe nur eine Liſte. Nun eben, es beſtand bis zum 3. Ok⸗ tober die am 17. September berichtigte Liſte. Nach⸗ dem am 3. Oktober die Stadtverordnetenverſammlung über die Einſprüche gegen die ausgelegte Liſte ent⸗ ſchieden hatte, beſtand nunmehr die am 4. Oktober fertiggeſtellte Liſte, auf Grund deren die Wahl vor ſich gegangen iſt, auf Grund deren aber nicht die Einladungen ergangen waren. Meine Herren, wie bei dem Tatbeſtand noch verzeihen Sie mir den Ausdruck — es zu einer Parteifrage gemacht werden kann, zu ſagen: die Ein⸗ ſprüche, die auf Grund dieſes Einwandes erhoben werden, ſind zurückzuweiſen — das verſtehe ich nicht recht. Ich weiß ja, daß meine näheren politiſchen Freunde in dieſer Beziehung wohl nicht ſämtlich die rechtliche Auffafſung haben, die ich über dieſen Punkt gart, Ich glaube übrigens, die Mehrzahl teilt meine uffaſſung. Aber es erſcheint mir in der Tat dieſer Einſpruch, daß auf Grund einer Liſte gewählt wurde, auf Grund deren die Einladungen nicht ergangen ſind, ſo vollkommen durchſchlagend, daß aus dieſem Grunde die Wahlen ſämtlich für ungiltig erklärt werden müſſen, ſodaß dann allerdings von einer Be⸗ weiserhebung über die behaupteten Vorgänge Ab⸗ ſtand genommen werden kann. Wenn nun aber davon nicht Abſtand genommen wird, wenn dieſe Einwände hier eine durchſchlagende 333 Kraft nicht haben und die Mehrheit ſich ſchließlich doch dafür entſcheidet, dieſen Einwand als unberech⸗ tigt anzuſehen, ſo iſt es doch etwas ganz anderes mit der Wahl des Herrn Thieme. Da erklärt der Herr Vorredner ſoeben auch wieder: die Herren, welche behaupten, daß 6 Stimmen ungiltig ſind, müſſen den Beweis dafür antreten, und ſie haben den Beweis noch gar nicht einmal verſucht. Nein, meine Herren, die Behauptung. daß 6 Stimmen ungiltig ſind, iſt gar nicht erhoben worden, iſt auch in den Einwänden nicht erhoben worden; es iſt nur behauptet worden, daß 6 giltige Stimmen an falſcher Stelle gezählt worden ſind. Und das iſt allerdings auch bewieſen worden. Herr Rechtsanw alt Dzialoszynski wird mit allem Aufwand von Rechts⸗ gelehrſamkeit und Verweiſen auf Geſetzesſtellen nicht bewirken können, daß ſehr viele wenigſtens 77 für die abſolute Majorität von 163 halten. Wie hin⸗ fällig dieſe Behauptung iſt, daß die Stimmen, die für die Periode bis 1909 abgegeben ſind, ohne wei⸗ teres demjenigen, der für 1907 zu wählen war, zu⸗ zuzuzählen ſind, dafür will ich Ihnen ein ganz kleines Rechenerempel aufmachen. Ich will annehmen, daß es ſich um 200 Wähler handelt. Es iſt ja nicht weit davon gegriffen; ich glaube, in einem ezirk waren 225, im andern 125. Wollen wir alſo an⸗ nehmen, daß 200 Wähler in der Liſte ſtehen. Es bekämpfen ſich zwei Parteien. 110 Wähler, die andere hat 90 Wähler. ihrer Majorität — durch irgendwelche Machenſchaften, Herumgehen bei den Wählern, bei Unterhaltungen mit ihnen kann man das ja vorher manchmal ſchon feſtſtellen, namentlich wenn es ſich um ſo wenige Wähler handelt wie in der erſten Klaſſe — ſtellt im vollen Bewußtſein ihrer abſoluten Majorität zwei Kandidaten auf, die nun jeder auch 110 Stimmen erhalten, alſo doch zweifellos die abſolute Majorität. Die andere Partei verfügt nur über 90 Wähler. Jeder der Wähler ſagt aber: für die Periode bis 1907 wähle ich den Kandidaten A, und für die Periode bis 1909 wähle ich auch den Kandidaten A. — Meine Herren, Sie werden es doch keiner Partei verwehren können, denſelben Kandidaten für zwei verſchiedene Bezirke oder Perioden aufzuſtellen. Es geſchieht das ſehr häufig, ſchon für den Fall, daß, wenn man in dem einen Falle nicht die Majorität erlangt, man ſie in dem andern vielleicht erhält. — Wenn dann Ihre Art und Weiſe der Zählung richtig wäre, dann würde dieſer dritte Kandidat, der einzige Kandidat, den die Minoritätspartei aufſtellt, 180 Stimmen haben. Wie wollen Sie dann entſcheiden? wollen Sie ſagen: der Kandidat mit den 180 Stimmen iſt gewählt, denn er hat die meiſten Stimmen, und zwiſchen den beiden, die 110 Stimmen, alſo auch die abſolute Majorität haben, entſcheidet das Los — oder wie wollen Sie ſich dann helfen? Meines Wiſſens iſt in der Städteordnung nicht der Fall vorgeſehen, daß mehr Kandidaten, als zu wählen ſind, die abſolute Majorität erhalten können. So⸗ bald ſie aber ein Hinüberzählen von Stimmen, die für die eine Periode abgeben ſind, auf die andere Periode geſtatten, in dem Augenblick beſteht eben die Möglichkeit, daß mehr Kandidaten die abſolute Majorität erhalten, als überhaupt zu wählen ſind. Gerade daraus, daß für dieſen Fall in der Städte⸗ ordnung keine Beſtimmungen gegeben ſind, geht klar hervor, daß ein ſolches Hinüberzählen nicht ſtatthaft iſt, durchaus den Beſtimmungen widerſpricht, daß alſo infolgedeſſen auch die Minoritätspartei in dieſem Die eine Partei hat Die Partei, welche 110 Wähler hat, ſtellt im vollen Bewußtſein