—— 334 — Falle für den Kandidaten nur 90 Stimmen an der einen und 90 Stimmen an der anderen Stelle haben würde. Sein Name wäre zwar, wie ſich Herr Kollege Dzialoszynski ausdrückt, 180mal genannt worden, ſo, wie der Name Thieme dort 83 mal genannt worden iſt; aber dieſe 180 malige Nennung des Na⸗ mens würde eben doch nur 90 Stimmen an der H einen und 90 Stimmen an der anderen Stelle her⸗ vorbringen, nicht 180 Stimmen. Der Mann wäre eben unterlegen. Genau ſo, wie da der Kandidat der Minoritätspartei unterlegen wäre, genau ſo iſt hier der Kandidat Thieme unterlegen. Er hat die abſolute Majorität nicht bekommen, ſondern er hat an der einen Stelle nur 77 Stimmen erhalten, was eben nicht die abſolute Majorität iſt, an der anderen Stelle gar nur 6. Dieſe 6 Stimmen ſind nicht ungiltig; aber ſie ſind keine abſolute Majorität für die Wahlperiode bis 1909; der Mann iſt weder für 1907, noch für 1909 gewählt. Meine Herren, dieſe Gründe ſcheinen mir ſo klar, daß ich es allerdings nicht recht begreifen kann, wie man angeſichts dieſer Tatſache auch noch bei der Wahl des Herrn Thieme auf Gültigkeit beantragen kann. Ich kann übrigens erklären, daß in dieſem Falle Thieme meine Freunde ſämtlich der Meinung ſind, daß hier von einer Gültigkeitserklärung gar keine Rede ſein könne. Ich würde mich freuen, wenn meine Ausführungen dazu beigetragen hätten. auch die anderen meiner Freunde davon noch zu überzeugen, daß die Gültigkeit auch in den anderen Fällen nicht ausgeſprochen werden kann, weil eben tatſächlich formelle Fehler vorgekommen ſind. Ob dieſe Fehler von einem überwiegenden Einfluſſe auf das Reſultat geweſen wären, das geht uns angeſichts dieſer grundlegenden Tatſache, daß eben auf Grund einer Liſte eingeladen worden iſt, die bei der Wahl nicht vorlag, nichts an. Deswegen bitte ich Sie, den Einſprüchen ſtattzu⸗ geben und die Wahlen ſämtlich für ungültig zu er⸗ klären. Andernfalls würde ich mich dem Antrage auf Beweiserhebung anſchließen. Stadtu. Barnewitz (zur Geſchäftsordnung): Meine Herren Kollegen! Sie haben jetzt 2 ¼ Stunden die Sache beſprochen. Ich bin der Meinung, daß ſich wohl jeder ausgeſprochen hat, und ich ſtelle daher den Antrag auf Schluß der Debatte. Vorſteher Roſenberg: Der Antrag auf Schluß der Beratung bedarf der Unterſtützung von 10 Mit⸗ gliedern. Ich ſtelle die Unterſtützungsfrage. — Der Antrag iſt genügend unterſtützt. (Der Antrag auf Schluß der Beratung wird angenommen.) Die Beratung iſt geſchloſſen. Das Wort hat der Herr Berichterſtatter, wenn er es haben will. Berichterſtatter Stadtu. Hirſch (Schlußwort): Meine Herren, ich kann mich im Schlußworte ſehr kurz faſſen. Viel Neues iſt in den Verhandlungen im Plenum nicht vorgebracht worden, wenn man von den Ausein⸗ anderſetzungen zwiſchen den beiden Fraktionen abfieht, die ja mit dem zur Beratung ſtehenden Gegenſtande eigentlich gar nichts zu tun haben. Es ſind im weſentlichen alle die Argumente für und gegen die Giltigkeit wiederholt worden, die bereits im Aus⸗ ſchuſſe vorgebracht worden ſind; nur haben die Ver⸗ fechter der verſchiedenen Anſchauungen hier durch die juriſtiſchen Mitglieder ihrer Fraktionen noch Ver⸗ ſtärkung erlangt. Ich glaube aber nicht, daß es gelungen iſt, irgendwie neue juriſtiſche Beweisgründe für oder gegen die Giltigkeit der Wahlen beizu⸗ bringen. Ein einziges neues Argument iſt von Herrn Geheimrat v. Liszt in die Debatte gezogen worden. err Geheimrat v. Liszt wies auf § 25 Abſ. 3 der Städteordnung hin und ſagte, das Geſetz ſchreibt keine Trennung vor, folglich handelt es ſich um einen einheitlichen Wahlakt, und dieſer Wahlakt darf nicht in Teile zerriſſen werden. Gewiß, es iſt vollkommen richtig, daß der § 25 für die Fälle, wo es ſich bloß um Erſatzwahlen handelt, keine Trennung vorſchreibt. Das wird ja von jedem ohne weiteres zugegeben. Aber der Wahlvorſteher hat eben eine Trennung eintreten laſſen, und infolge dieſes Ver⸗ ſtoßes des Wahlvorſtehers iſt die Wahl zweifellos ungiltig, wenigſtens nach der Auffaſſung der Mehr⸗ heit des Ausſchuſſes Ich perſönlich muß ſagen, daß, wenn Herr Geheimrat v. Liszt dieſes Argu⸗ ment bereits im Ausſchuſſe vorgebracht hätte, dann hätte ich im Ausſchuſſe gegen die Giltigkeit der Wahl aller Herren, die im 1. Bezirk gewählt worden ſind, geſtimmt. (Stadtv. Dr. v. Liszt: Sie wären davon über⸗ zeugt worden!) — So überzeugt, daß ich dann gegen die Giltigkeit aller Wahlen geſtimmt hätte; denn dann würde nach meiner Anſicht ein Verſtoß des Wahlvorſtehers vor⸗ liegen, der ohne weiteres ſämtliche Wahlen ungiltig machte. Meine Herren, auch der Antrag des Herrn Kollegen Hubatſch iſt nicht neu. Der Antrag hat gleichfalls ſchon dem Ausſchuſſe vorgelegen und iſt dort, wie Sie aus dem Protokoll erſehen haben, abgelehnt worden. Ich perſönlich kann nur denſelben Standpunkt inbezug auf dieſen Antrag einnehmen, den ich auch im Ausſchuſſe vertreten habe. Ich habe damals erklärt, daß ich mir allerdings von der Be⸗ weiserhebung abſolut nichts verſpreche, ich würde aber, nachdem von einer Seite ein ſolcher Antrag einmal geſtellt iſt, es für einen Fehler halten, wenn der Ausſchuß nicht darauf eingehen wollte, denn man könnte dann dem Ausſchuſſe mit Recht vor⸗ werfen, daß er ſeine Arbeiten nicht gründlich erledigt hätte. Was für den Ausſchuß gilt, das gilt natür⸗ lich auch für das Plenum. Nachdem ſeitens einer großen Fraktion der Antrag auf Beweiserhebung eingebracht iſt, halte ich es — ich glaube, auch der 11 Teil meiner Freunde — für unſere Pflicht, dem Intrage zuzuſtimmen, damit eine möglichſt gründ⸗ liche Unterſuchung der in den verſchiedenen Proteſten aufgeſtellten Behauptungen herbeigeführt werden kann. Stadtv. Stein (perſönliche Bemerkung): Der junge Kollege Herr Dr. Röthig hat hier ausge⸗ ſprochen, daß ich gewiſſermaßen als Kandidat der Antiſemiten in Charlottenburg gewählt worden bin. Meine Herren, ich bin zum dritten Male als Stadt⸗ verordneter gewählt worden und zwar einſtimmig, mit Unterſtützung der Freiſinnigen. Das genügt wohl! (Hört! hört! bei den Sozialdemokraten. — Zuruf bei den Liberalen: Leider!) Vorſteher Roſenberg: Wir kommen zur Ab⸗ ſtimmung. Es wird in folgender Weiſe die Ab⸗ ſtimmung vor ſich gehen. Zunächſt laſſe ich über den Antrag des Herrn Stadtv. Dr. Hubatſch ab⸗ ſtimmen. Wenn dieſer Antrag abgelehnt werden ſollte, laſſe ich abſtimmen über die Giltigkeit oder