der Milch findet nur ſtatt gegen Beſcheinigung der Armenvorſteher, iſt alſo eine Leiſtung, die ſonſt in das Kapitel der Armenverwaltung fallen würde. Die Säuglingsfürſorgeſtellen haben, wie es viel⸗ leicht zweckmäßig iſt für das Plenum der Ver⸗ ſammlung einmal kurz zu ſtizzieren, ein dreifaches Ziel. Sie werden von Arzten geleitet, und es werden dort zwei⸗ bis dreimal in der Woche, je nach Bedarf, beſtimmte Sprechſtunden gehalten, in denen die Kinder, insbeſondere auch die ſogenannten Halte⸗ kinder, die in Pflegeſtellen auf Koſten der Stadt untergebracht ſind, auf ihren Geſundheitszuſtand kontrolliert, die Pflegemütter inſtruiert und eine ſorg⸗ fältige eingehende hygieniſche Komrolle der Ernährung der Kinder vorgenommen wird. Schweſtern, deren Zahl übrigens im nächſten Etatsjahre wird vermehrt werden müſſen, übernehmen die häusliche Fürſorge, ſehen in den Häuſern nach dem Rechten und in⸗ ſtruieren die Mutter reſp. Pflegefrau über alles, was notwendig iſt. Die Damen der Vereine überwachen den ganzen Betrieb und ſorgen mit einem nicht genug anzuerkennenden Eifer für die Ausführung aller Maßnahmen. Die Stadt iſt zwar inſofern die Trägerin der ganzen Sache, als ſie die Koſten dafür aufbringt, die erheblich anſchwellen; aber die ſonſtige Ausführung ſteht bei dem Vaterländiſchen Frauen⸗ verein und dem Eliſabeth⸗Frauenverein, welche ge⸗ meinſam die UÜberwachung des ganzen Betriebs, die Prüfung der Bedürftigkeit u. ſ. w. beſorgen und gewiſſermaßen die Firma hergeben, was für uns als Stadt immerhin zweckmäßig iſt. Die Leiſtung nun, die in den Säuglingsfür⸗ ſorgeſtellen ſtattfindel, iſt außer der geſchilderten hygieniſchen Überwachung und Beratung die Abgabe von Milch in drei verſchiedenen Formen — in namentlich finanziell verſchiedenen Formen. Wir geben erſtens als ſogenannte „Stillprämie“ ſolchen bedürftigen Müttern, die ſich zum Stillen ihrer Kinder verpflichten, welche das Stillgeſchäft mit Sorgfalt und Ausdauer wahrnehmen, eine Prämie in Geſtalt von einem Liter Vollmilch ein Vierteljahr hindurch täglich. Nur ganz ausnahmsweiſe wird die Prämie in bar oder in anderen Nahrungsmitteln gewährt. Die Prämie ſtellt nicht bloß einen Zuſchuß zu dem Hanshalt der betreffenden Familien dar, ſondern iſt gleichzeitig dazu beſtimmt, eine Hebung der Ernährung der Mütter zu veranlaſſen und damit den Säuglingen indirekt zugute zu kommen. Die Mütter, die dieſe Stillprämie bekommen, müſſen ſich verpflichten, die Kinder der Aufficht der Fürſorge⸗ ſtelle zu unterſtellen und ſie dort regelmäßig hinzu⸗ bringen; ſie tun das auch in gewünſchier Weiſe. Ihre Milch erhalten ſie durch Marken für die Bolle⸗ ſchen Wagen, nicht direkt von der Fürſorgeſtelle. Im übrigen wird noch energiſcher als disher darauf zu achten ſein, daß die Stillprämie nur bei jeſt⸗ geſtellter Bedürftigkeit gewährt wird. Anders iſt es bei der zweiten Leiſtung der, a ege⸗ die 339 Stadt einen Zuſchuß von 10 Pf. pro Liter leiſtet. Der finanzielle Gewinn der Frauen iſt hier natür⸗ lich nur ſehr geringfügig; die 2 Pf., die ſie die Milch am Bollewagen billiger vekommen, nämlich für 18 Pf. ſtatt des üblichen Preiſes von 20 Pf., würden kaum die Mütier bewegen, ſich bei jeden, Wetter pünktlich des Morgens, oft ſchon früh von 6—7 Uhr, und oft nach Zurücklegung weiter Wege, an der Fürſorgeſtelle einzuſtellen, um die Milch zu holen. Aber die Mütter ſehen ein, daß ſie beſſere Meilch, als die gewöhnliche bekommen, und lernen, wie wir alle, den Wert einer hygieniſch guten Milch ſchätzen. Die dritte Sorte Milch, die den erſchreckenden hohen Preis von 54 Pf. pro Liter erfordert, wird in den Milchküchen der Fürſorgeſtellen auf direkte ärztliche Anordnung hergeſtellt und in einzelnen Portionen trinkfertig verabfolgt, und zwar für Kinder, die bereits mit Ernährungsſtörungen behaftet oder ſonſt leidend ſind. Es handelt ſich um eine Miſchung, in der ſich außer Milch noch Liebigſuppe, Malz, Nährzucker, Hafergrütze, Kindermehl und dergl. be⸗ finden, kurz beſtimmte Zuſätze, deren Quantität der Arzt für den einzelnen Fall zu beſtimmen hat. Ob es möglich iſt, den Herſtellungspreis dieſer trink⸗ fertigen Einzelportionen in Zukunft etwas herabzu⸗ mindern, unterliegt einer Unterſuchung, die auf Be⸗ ſchluß der Geſundheitspflegedeputation jetzt erneut vorgenommen wird. Vorläufig erklären die Leiter der Fürſorgeſtellen, daß an dem Preiſe nicht das Geringſte erſpart werden kann. Dieſe drei Milchſorten werden alſo verabfolgt, und aus dieſen Koſten ſetzen ſich die Mehrkoſten zu⸗ ſammen, deren Notwendigkeit der Magiſtrat in ſeiner Vorlage Ihnen ausführlich darlegt. Ich bemerke, daß die Ziffern auf Druckſeite 509 etwas irreführend ſind. Als Geſamtzahl der Kinder, welche von den Fürſorgeſtellen verſorgt ſind, ſehen Sie da 4237 Kinder für das erſte halbe Jahr berechnet. Aber da in jedem folgenden Monat die Kinder, die vom vorigen Monat mit hinübergenommen ſind, mitge⸗ rechnet ſind, ſo entſtand eine irrig kumulierte Ziffer. Fakt iſch wurden im Jahre 1905/06 958 Kinder, im laufenden Etatsjahre aber ſchon bis Ende Sep⸗ tember 1416 Kinder von der Fürſorgeſtelle verſorgt reſp. überwacht reſp. mit Milch verſehen. 1416 Kinder: das iſt beiläufig ein Drittel aller Kinder, die in Charlottenburg geboren werden. Wir haben eine durchſchnittliche Geburtsziffer von 4—5000 Kindern pro Jahr, und ein Drittel dieſer Kinder iſt der Uberwachung unterſtellt worden. Ich glaube, daß man mit dieſem Erfolge zufrieden ſein kann, daß man auch aus der ſtetig ſteigenden Anteilnahme der Bevölkerung erſehen kann, daß die Maßnahme glücklich und richtig geweſen iſt. Die Zahl der Be⸗ ſucher der Fürſorgeſtellen hat auch im Oktober noch zugenommen — obwohl man hätte vermuten können, daß ſie mit dem Aufhören der Sommerhitze nach⸗ laſſen würde — ſodaß die Wintermonate zu unſerer Überraſchung vielleicht noch größere An⸗ forderungen an uns ſtellen werden, als man er⸗ weterſet Der Erfolg iſt auch in anderer Weiſe zu Tage getreten. Man hat deutlich beobachten können, daß 99 . 9 wirkt, daß der Wetteifer er Mütter di ie Begegnung in den Fürſorge⸗ ſtellen, durch die dort geſehenen Beiſpiele entſchiede wächſt. Sie bemühen ſich, alle Schwierigkeiten zu überwinden, und nehmen ihre Aufgaben mit größerem Ernſte wahr. Wir haben erlebt, daß Mütter, die