reizung —, und der Mann mußte zur Wache mit. Dort erklärte der Schutzmann: dieſer Mann hat hier die anderen aufgereizt, und als der Mann ſich recht⸗ fertigen wollte und ſagte: ich habe Zeugen über das, was ich geſagt habe, hieß es: „Bringen Sie den Mann mal zur Abkühlung in die Zelle!“ worauf der Mann etwa 19 Stunden in der Zelle zubringen mußte. Nachher wiederum vorgefordert, verweigerte er die Antwort ohne Gegenwart des Schutzmanns: zur Abkühlung mußte er weitere 1½ Stunden in der Zelle zubringen. Dann aber wurde er ohne weiteres vorgerufen und konnte ſeiner Wege gehen, es wurde nicht einmal das Nationale von ihm auf⸗ genommen. Er ſagte: ja, was iſt denn nun? bin ich entlaſſen oder bin ich nicht entlaſſen? Bitte, fragen Sie den Schutzmann, ſagte ihm der wacht⸗ habende Beamte. „Nein, ich will es von dem Wachthabenden wiſſen!“ erwiderte der Mann; ſchließlich verließ er die Wache, ohne erfahren zu haben, warum er feſtgehalten worden iſt, ob er weiter feſtgehalten werden ſoll, und er wurde von dem Schutzmann dann eine ganze Weile noch in einer unangenehmen Weiſe verfolgt. Ein anderer Fall iſt der, daß ein Mann vom Schutzmann fortgewieſen, um deſſen Nummer bat, worauf der Schutzmann zwar die Nummer ſagte, nun aler erklärte: „Jetzt müſſen Sie mir aber zur Wache folgen!“ Auch dieſer Mann wurde, weil er ſich erfrecht hatte, vom Schutzmann die Nummer zu verlangen — auch dieſer Mann wurde wegen ſeiner Frechheit bis / Uhr auf der Wache gehalten. Daß derartige Übergriffe ſeitens der Polizei unberechtigt ſind, darüber ſollte eigentlich nur eine Stimme herrſchen, auch wenn es ſich um höhere Polizeiorgane handelte. Wenn ſolche Polizeiorgane Übergriffe ſich geſtatten würden, welche das Recht der Straßenbenutzung ſeitens der zahlungsfähigen und zahlungskräftigen Bürgerſchaft in ähnlicher Weiſe einſchränken würden, ſo ſind wir vollkommen über⸗ zeugt, daß der Magiſtrat, wenn er auch keine unmittelbare Kompetenz über die unteren Polizei⸗ organe hat, doch diejenigen Schritte würde zu machen wiſſen, denjenigen Weg würde zu finden wiſſen, der ſolchen unerträglichen Zuſtänden ein Ende bereitete. Lir meinen, daß wir berechtigt ſind, vom Magiſtrat zu verlangen, daß das, was er im Intereſſe zah⸗ lungskräftiger Bürger machen würde, er auch tut im Intereſſe der weniger zahlungskräftigen Bürger, der Arbeiter. Daß die Polizei eingreift bei einem Lohnkampf, iſt an ſich vollkommen unberechtigt. Die Polizei ſagt ja auch nicht ohne weiteres: ſie greift ein zu gunſten des Fabrikunternehmers —, ſondern es wird ein öffentliches Intereſſe vorgeſchoben, die Gefahr von Unruhen. (Sehr richtig! bei den Liberalen.) Und zwar wird das vorgeſchoben ohne jede Spur einer Tatſache. Die Polizei erläßt ja ſogar auch Strafmandate gegen diejenigen, welche von ihr arretiert ſind. Einige dieſer Strafmandate ſind bereits erledigt; ſie haben ausnahmslos mit einer Freiſprechung der Betreffenden geendet. Die Be⸗ treffenden haben ſich eben nichts zu Schulden kommen laſſen, was ein Einſchreiten ſeitens der Polizei rechtfertigt. Es handelt ſich alſo um ein Eingreifen ſeitens der Polizei zu Gunſten der Unternehmer, um bei dem Streik, bei welchem ſie ſtehen, diejenigen 335 ——— Arbeiter, die etwa angelockt werden durch Vor⸗ ſpiegelungen falſcher Tatſachen, aufzuklären (aha! bei den Liberalen) über die Verhältniſſe, welche dort Platz haben, (ſehr richtig! bei den Sozialdemokraten) und die Polizei geht dabei ſogar ſo weit, daß das Recht auf die Benutzung der Straße gänzlich Unbe⸗ teiligten geſtört wird. Eine Dame z. B., die in der Kolonie wohnt, konnte durchaus nicht auf dem einfachen regulären Wege in ihre Wohnung gelangen; ſie mußte den Umweg über die Wieſen machen; denn die Polizei hatte den Verdacht des Streikpoſtenſtehens gegen ſie, und ſo wurde ſie einfach gar nicht durch⸗ gelaſſen. Ebenſo iſt mir der Fall eines anderen Arbeiters bekannt — es handelt ſich gar nicht um einen Elektrizitätsarbeiter, ſondern es war ein Trans⸗ portarbeiter —, dem es nicht möglich war, ſeine in der Kolonie belegene Wohnung auf dem einfachen Wege zu erreichen. Der Mann wandte ſich an ſeine Organiſation, den Verband der Handels⸗ und Trans⸗ portarbeiter behufs Erhebung einer Beſchwerde an den Polizeipräſidenten. Es iſt das erklärlich; Sie werden ſagen: ja, weshalb beſchwert ſich der Mann nicht direkt“ Aber bei dem jammervollen Zuſtande — ich will nicht ſagen: unſerer Schulen, aber bei dem jammervollen Zuſtande unſerer Volksſchulen in Preußen im allgemeinen iſt die Bildung der Arbeiter auch in Charlottenburg eine möglichſt geringe, die Arbeiter ſind mit der Feder nicht gewandt, möchten Schreibereien vermeiden, ſind außerdem getragen von dem Gefühl, daß ſie allein ohnmächtig ſind, daß ſie allein durch die Organiſation, durch die ſolidariſche Vertretung etwas erreichen können. Deshalb iſt es von dem Mann erklärlich, daß er ſich an die Organi⸗ ſation wendet. Von der Organiſation wurde die Beſchwerde an den Polizeipräſidenten gerichtet. Die Antwort des Polizeipräſidenten lautete: Dir fehlt jede Autoriſation zu einer Beſchwerde, wir geben Dir überhaupt keinen Beſcheid. In ſolchen Fällen halten wir es für unſere Pflicht, den Magiſtrat aufzufordern, die Rechte der Bürger wahrzunehmen auch gegen die Polizei. Wir ſind uns bewußt, daß die Machtbefugniſſe des Magiſtrats außerordentlich gering ſind, daß der Magiſtrat nicht eine Verfügung erlaſſen kann, welche den Polizeipräſidenten und die ihm untergeordneten Organe zwingen kann; wir ſind uns aber ebenſo bewußt, daß, wenn es dem Magiſtrat ernſt iſt, gegen ſolche ungeſetzlichen Vorkommniſſe einzuſchreiten, er dann in der Tat den Weg der Verhandlungen mit den vorgeſetzten Inſtanzen der unteren Polizeiorgane finden kann, und daß durch ſolche Verhandlungen in der Tat bewirkt werden kann, daß derartige Miß⸗ ſtände abgeſtellt werden. Wir ſind umſomehr der Meinung, daß der Magiſtrat dieſe Verpflichtung hat, weil daraus auch nicht unerhebliche finanzielle Laſten für die Stadt unter Umſtänden entſtehen können. Wir brauchen bloß daran zu denken, daß durch der⸗ artiges provokatoriſches morgehen der Polizei es nun wirklich einmal zu einem Tumult käme, und daß dann durch die Polizei, wie es ja bereits im lieben Deutſchland vorgekommen iſt, vollkommen Unbeteiligte arg verletzt werden, um zu wiſſen, daß dann eine Entſchädigungspflicht der Stadt konſtruiert werden kann. Ich brauche nur an den in Breslau vorge⸗ kommenen Fall des Arbeiters Biewald zu erinnern. Wir meinen daher, daß der Magiſtrat alle Veran⸗ laſſung hat, dieſen Dingen ſeine Aufmerkſamkeit zu⸗ zuwenden und im Wege der Verhandlungen es zu