Sachlichkeit ich in den zwölf Jahren ſeiner hieſigen Amtstätigkeit ſo oft mich zu erfreuen Gelegen⸗ heit gehabt und deſſen Gerechtigkeitsliebe und Un⸗ parteilichleit ich ſtets hoch geſchätzt habe — aber, ſage ich, es läßt ſich der Fall denken, daß in Zukunft einmal ein Dezernent, der von anderen Grundſätzen ſich leiten läßt, und der z. B. vielleicht von dem Grundſatze ausgeht, daß in der Politik alle Vorteile gelten, daß dieſer Dezernent zugunſten irgend einer Partei in der Stadtverordnetenverſammlung — es mag dieſe oder jene ſein — Wahltermine anſeßt, die für dieſe eine Partei ſehr vorteilhaft, für eine andere vielleicht ſehr nachteilig ſind. Dadurch würde er einen unberechtigten Einfluß auf die Zuſammen⸗ ſetzung der Stadtverordnetenverſammlung ſelbſt ge⸗ winnen. Meine Herren, wir ſind der Meinung, daß geſetzliche Beſtimmungen ſo ausgelegt und gehandhabt werden müſſen, daß jede Willkür aus⸗ geſchloſſen bleibt. Die Sicherung, daß dies geſchieht, iſt uicht von der Sinnesart der Perſönlichkeiten abhängig zu machen, die augenblicklich die Geſchäfte führen, ſondern iſt in Maßregeln zu ſuchen, die unter allen Umſtänden eine ſachliche Behandlung der geſetzlichen Beſtimmungen verbürgen. Eine ſolche Maßregel iſt in dem vorliegenden Falle nach unſerer Meinung von der Städteordnung vorgeſehen dadurch, daß die Entſcheidung über die Wahlen dem Beſchluſſe der Stadtverordnetenverſammlung oder des Magiſtrats oder des Bezirksausſchuſſes unterliegen ſoll, daß ſie alſo einer Körperſchaft, nicht einem einzelnen Mit⸗ gliede einer Körperſchaft vorbehalten bleiben ſoll. Wir haben uns erlaubt, unſere Anfrage an den Magiſtrat zu richten, weil wir glaubten, daß es von Wichtigkeit ſei, dem Magiſtrat Gelegenheit zu geben, ſeine Auffaſſung in dieſer Angelegenheit uns mit⸗ zuteilen. Oberbürgermeiſter Schuſtehrus: Meine Herren, der Herr Interpellant hat ſeine Ausführungen damit begonnen, daß er ſagte, er wolle eine theoretiſche Frage hier zur Erörterung bringen. Das ſtimmt mit dem Wortlaut der Anfrage überein, die in der Tat auch ganz theoretiſch gehalten iſt: „Hält es der Magiſtrat für zuläſſig, daß Stadtverordnetenerſatz⸗ wahlen ohne vorherigen Beſchluß des Magiſtrats auf bloße Verfügung eines Magiſtratsmitglieds anberaumt werden?“ Der Magiſtrat hat ſich mit dieſer theore⸗ tiſchen Frage beſchäftigt, und zwar in ſeinem Plenum, und er hat trotz ſeiner prinzipiellen Aoneigung, auf theoretiſche Erörterungen und Anregungen, die in der Stadtverordnetenverſammlung in Interpellationen ge⸗ macht werden, zu antworten, doch in dieſem Falle von ſeiner prinzipiellen Stellung Abſtand genommen, im Entgegenkommen auf die Wünſche der Herren Interpellanten, die dahin gehen, daß die Angelegen⸗ heit hier beſprochen werde. Es iſt ein Ausnahme⸗ fall, erkläre ich ausdrücklich, den der Magiſtrat hier aufgenommen hat. Das Prinzip, theoretiſche Fragen zu ſtellen und zu erörtern, könnte leicht dazu führen, daß wir mit unſeren praktiſchen Beratungen nicht mehr fertig werden würden. Das erwähne ich nur, um die prinzipielle Stellung des Magiſtrats klarzuftellen und ſeine Bereitwilligkeit, in einem Aus⸗ nahmefalle den Wünſchen hier entgegenzukommen, zu kennzeichnen. Eeine theoretiſche Frage! Ich will deshalb auch nicht auf die einzelnen Tatſachen, die der Herr Inter⸗ pellant wohl nur angeführt hat, um zu rechtfertigen, weshalb er auf die theoretiſche Frage gekommen iſt, 13 eingehen, ſondern will die Frage, wie ſie theoretiſch geſtellt iſt, auch theoretiſch beantworten. Ich muß vorher mitteilen, daß der Magiſtrat, nachdem er ſich mit der Frage ſehr eingehend befaßt hat, zu folgendem Beſchluſſe gekommen iſt: die Anfrage der Stadtv. Sachs und Gen. vom 12. November 1906 dahin zu beantworten, daß der Magiſtrat es nach den geſetzlichen Beſtim⸗ mungen für zuläſſig hält, daß Stadtverord⸗ netenerſatzwahlen ohne vorherigen Beſchluß des Magiſtrats auf bloße Verfügung des Dezernenten anberaumt werden. Zur Begründung, zum theoretiſchen Nachweis dieſes Beſchluſſes möchte ich mir erlauben, zunächſt negativ vorzugehen, indem ich dasjenige zu ent⸗ kräften ſuche, was meines Erachtens in dem Vortrage des Herrn Interpellanten nach den geſetzlichen Be⸗ ſtimmungen nicht richtig iſt Der Herr Interpellant hat ſich auf § 21 der Städteordnung berufen und hat aus dem zweiten Abſatz dieſes Paragraphen Folgerungen gezogen, die nicht anzuerkennen ſind. Der Abſatz lautet: Außergewöhnliche Wahlen zum Erſatze inner⸗ halb der Wahlperiode ausgeſchiedener Mitglieder müſſen angeordnet werden, wenn die Stadt⸗ verordnetenverſammlung oder der Magiſtrat oder — nun hat der Herr Interpellant eingefügt, daß da die Worte ſtänden: „der Bezirksausſchuß durch Beſchluß“ es für erforderlich erachten. Meine Herren, zunächſt bitte ich, das „müſſen“ richtig zu verſtehen. Außergewöhnliche Wahlen zum Erſatze müſſen angeordnet werden, wenn die Stadt⸗ verordnetenverſammlung oder der Magiſtrat oder der Bezirksausſchuß es verlangt; ſie müſſen angeordnet werden, wenn dieſe es verlangen. Das heißt doch aber nicht: ſie dürfen nur angeordnet werden, wenn die drei Inſtanzen es verlangen. (Sehr richtig! bei den Liberalen) Ich bitte, genau zu unterſcheiden: es iſt eine Anordnung der Erſatzwahlen unumgänglich, wenn Magiſtrat oder Stadtverordnetenverſammlung oder Bezirksausſchuß es für erforderlich erachten. Das läßt aber Raum, daß auch außerdem noch Stadt⸗ verordnetenerſatzwahlen angeordnet werden können. Das iſt die einfache logiſche Folge. Bei den außer⸗ gewöhnlichen Wahlen iſt — nachdem vorher, wie der Herr Interpellant ganz richtig angeführt hat, beſtimmt iſt, daß die gewöhnlichen Wahlen im November ſtatt⸗ zufinden haben — kein Termin feſtgeſtellt, ſondern es iſt geſagt: ſie müſſen angeornet werden, wenn Magi⸗ ſtrat, Stadtverordnetenverſammlung oder Bezirksaus⸗ ſchuß es für erforderliy erachten. Das heißt alſo nicht: ſie dürfen nur angeordnet werden, wenn dieſe Inſtanzen es für erforderlich halten. Das iſt der erſte Irrtum, dem der Herr Inter⸗ pellant meines Erachtens bei Auslegung des § 21 verfallen iſt. Der Herr Interpellant hat aber weiter gemeint, daß dieſer § 21 beſtimme, der Mag iſtrat müſſe darüber einen Beſch luß faſſen, ob Wahlen angeordnet werden oder nicht — und das iſt der zweite Irrtum. Der Herr Interpellant folgert das aus dem von ihm verleſenen Wortlaut: „Wenn die Stadtverordneten⸗ verſammlung oder der Magiſtrat oder der „Bezirks⸗ ausſchuß durch Beſchluß“ es für erforderlich erachten“, indem er fälſchl ich die Worte „durch Beſchluß“ ſowohl auf Magiſtrat, wie auf die Stadtverordneten⸗ verſammlung wie auf den Bezirksausſchuß bezieht. Die Worte „durch Beſchluß“ beziehen ſich vielmelr