—— 15 —— blicklich beſteht gar kein Intereſſe, uns irgendwie zu erregen. Ja, meine Herren, wenn es ſo wäre! Die Dinge liegen aber vollkommen anders. Es handelt ſich hier nicht um eine theoretiſche Erörterung, ſon⸗ dern um eine durchaus aktuelle Frage, und die Frage iſt nicht erſt ſeit geſtern aktuell, nicht etwa dadurch aktuell geworden, daß der Magiſtrat durch beſon⸗ deren Beſchluß zu der Anfrage Sachs Stellung ge⸗ nommen hat, ſondern die Frage war bereits im November vorigen Jahres aktuell, und ſie war durch die Herren aktuell geworden, die die Anfrage geſtellt hatten, indem ſie garnicht den Zeitpunkt ab⸗ warten konnten, wo wir uns hier in der Stadtver⸗ ordnetenverſammlung sine ira et studio über die Sache unterhielten, ſondern ſich ſchleunigſt in die Oeffentlichkeit flüchteten und in Preſſe einen ganz gewaltigen Lärm ſchlugen, dort erklärten, gegen wen ſich überhaupt die Spitze der Anfrage richtete und in einigen Artikeln, die in verſchiedenen Preßorganen ſtanden, ſich ſoweit hin⸗ reißen ließen, Beamte — nun ich will nicht direkt ſagen: zu denunzieren, aber jedenfalls ſo hin⸗ zuſtellen, als wenn ſie der Beeinfluſſung von Seiten gewiſſer Mitglieder der Stadtverordnetenverſammlun nicht unzugänglich ſeien. Sie ſehen, ich will mich bemühen, mich ebenſo objektiv auszudrücken, wie es Herr Kollege Hubatſch eben getan hat, und es wird mir das auch um ſo leichter, als es mir bei der An⸗ frage Sachs ſelbſtredend volllkommen fern liegt, mit irgend welchen Spitzen zu arbeiten, ſei es gegen Mitglieder des Magiſtrats, ſei es gegen Mitglieder der Stadtverordnetenverſammlung. Herr Kollege Hubatſch ſagt, er habe ein rein theoretiſches Intereſſe an der Anfrage. Sollte es dem Herrn Kollegen Hubatſch wirklich unbe⸗ kannt ſein, daß die Klage, die aus Veran⸗ laſſung der An erkennung der letzten Wahlen gegen die Stadtverordnetenverſammlung ge⸗ richtet worden iſt, auch mit durch dieſe An⸗ frage Sachs begründet wird? Allerdings nicht direkt durch die Anfrage Sachs, aber es wer⸗ den alle die Momente dieſer Anfrage Sachs hervor⸗ gehoben und geltend gemacht, um den Nachweis zu erbringen, daß die Wahlen zu unrecht als giltig an⸗ erkannt ſind. Meine Herren, ich verſtehe nicht, wie man bei einer derartigen Lage der Verhältniſſe ſagen kann: die Dinge haben kein aktuelles Intereſſe, es handelt ſich nur um theoretiſche Erörterungen. Wenn man es ſogar für notwendig gehalten hat, das Gericht und unter Umſtänden den höchſten Ge⸗ richtshof anzurufen, dann kann man ſich nicht mehr darauf berufen, es handle ſich hier um Dinge, die nur eine theoretiſche Bedeutung haben. Zur Sachdarſtellung ſelbſt habe ich weſentliches nicht zu bemerken. Nur weil die Namen in der Derfoneg onc genannt worden ſind, weil auf die Perſonen auch in der Klage als auf Zeugen hin⸗ gewieſen worden iſt, lege ich Wert darauf, die Na⸗ men hier feſtzuſtellen. Derjenige unſerer Kollegen, der den Herrn Bürgermeiſter erſucht hat, den Wahltermin früher anzuberaumen, war unſer Kollege Kaufmann. Derjenige unſerer Kollegen, der — h wenn ich recht unterrichtet bin, ſogar telephoniſch — Widerſpruch dagegen erhob, war unſer Herr Vorſteher. In welcher at vhalt er dieſen Widerſpruch erhoben hat, behalte ich mir vor, ev. ſpäter noch zu unterſuchen. Nun die Rechtsfrage. Ich bin der Anſicht, daß der Standpunkt, den der Magiſtrat eingenommen hat, ein durchaus korrekter iſt. Der § 21 iſt sedes der materiae, zweifellos; ich bin auch der Anſicht, daß man nicht das Wort Beſchluß auch auf den Magiſtrat beziehen kann. Auf die Stadtverordnetenverſammlung würde es ja implizite Anwendung finden; denn die Stadtverordnetenverſammlung kann nach draußen gar nicht anders als durch Beſchluß handeln, einen Be⸗ ſchluß, den dann in dieſem Falle der Stadtverord⸗ netenvorſteher zur Kenntnis des Magiſtrats zu bringen hätte, und der Magiſtrat hätte das weitere zu veranlaſſen. Der Magiſtrat kann aber auch unter Umſtänden ohne Beſchluß handeln, indem der Dezernent ohne weiteres als Magiſtrat fungiert. So finde ich denn die Ergänzung für § 21 der Städteordnung in dem auch vom Herrn Oberbürger⸗ meiſter angeführten § 2 der Inſtruktion, und es will mir ſcheinen, als wenn der Herr Bürgermeiſter Matting in dem in Rede ſtehenden Falle durchaus korrekt gehandelt hat — ja, mehr als korrekt, ge⸗ radezu mit einer gewiſſen Peinlichkeit: denn zweifel⸗ los hat er die Abſicht gehabt, im Juni, wie es der § 2 der Inſtruktion vorſchreibt, in der nächſten Sitzung des Magiſtrats darüber Bericht zu erſtatten. Der Herr Kollege Hubatſch hat hervorgehoben, daß der Herr Bürgermeiſter Matting als Magiſtrats⸗ dirigent in dieſem Falle vorgegangen iſt, er hat i. V. gezeichnet. Meine Herren, man ſieht hierbei wieder, daß es tatſächlich im Leben, beſonders im Leben eines Beamten, nicht bloß auf jedes Wort, ſondern ſogar auf jeden Buchſtaben ankommt. Es würde die Sache allerdings im höchſten Maße kom⸗ pliziert geweſen ſein, wenn Herr Bürgermeiſter Matting in dieſem Falle bloß als Bürgermeiſter und nicht gleichzeitig i. V. gezeichnet hätte. So iſt aber klar zum Ausdruck gebracht, daß er in dem Falle als Magiſtratsdirigent gehandelt hat. So iſt meines Erachtens die Rechtsmaterie zu entſcheiden, und wir könnten damit uns zweifellos beruhigen, wenn nicht, wie ich vorhin ſchon erwähnte, noch andere Dinge dazwiſchen gekommen wären, wenn nicht Ende November unter Bezugnahme auf dieſen Vorgang eine Notiz durch die Preſſe ge⸗ gangen wäre: „In der Charlottenburger Stadtver⸗ ordnetenverſammlung ſpielen ſich zur Zeit heftige Kämpfe ab. Es handelt ſich darum, ob dort der Berliner Freiſinn definitiv zur Herrſchaft gelangen, oder ob die Majorität wie bisher bei der unpoli⸗ tiſchen Freien Vereinigung verbleiben wird“. Die weiteren Ausführungen gipfeln in mehr oder weniger ſchönen oder, ſagen wir, unſchönen Angriffen auf den Berliner Freiſinn, die dem betreffenden Schreiber dieſer Zeitungsnotiz ſo in Fleiſch und Blut überge⸗ gangen ſein müſſen, daß er offenbar Charlottenburg ſchon zu Berlin rechnet; denn wenn man von einem Freiſinn hier in Charlottenburg ſpricht, müßte es doch der Charlottenburger Freiſinn ſein und nicht der Berliner! Es wird dann weiter geſagt, es wür⸗ den die Stadtverordnetenwahlen angefochten werden, es iſt die Rede von „juridiſchen Geſichtswinkeln“, un⸗ ter denen der Lerſaſſer ſich die Sache anſieht; es wird dann mitgeteilt, wie die Angelegenheit im Wahlprüfungsausſchuß . . hat, und es eißt: „Die Spitze dieſer Interpellation richtet ſich insbeſondere gegen Bürgermeiſter Matting, der auf Betreiben des Führers der Freiſinnigen, Stadtver⸗ ordneten Kursmaklers Kaufmann, ohne vorherigen Gemeindebeſchluß in täen Friſt die betreffenden 1. „mitten in der Reiſezeit Anfang Juli ange⸗ (Zuruf der Freien Vereinigung: Welche Zeitung?) — Welche Zeitung? — die Ihnen politiſch wohl