— 17 — Unſere nationalliberalen Charlotten⸗ burger Parteigenoſſen ſind ſonſt kommunalpolitiſch ausnahmslos in der Freien Vereinigung, zu der wir das Faupttontt agent Keuten, organiſiert, und wenn man dieſe Freie Vereinigung, zu der auch ruhig denkende Freifinnige und gemäßigt Konſervative zählen, in gehäſſiger Nüancierung des Wortes die „Unpolitiſchen“ getauft hat, uſw. Meine Herren, ich ſtelle hier feſt, daß jedenfalls doch jemand, der die Freie Vereinigung, ihre Organiſation, ihre ganze Entſtehung ganz genau kennt, ſie bezeichnet hat als die Organiſation der nationalliberalen Charlottenburger Parteigenoſſen! Da muß ich doch die Frage aufwerfen: wie kommt es denn, Daß von Mitgliedern einer derartigen politiſchen Organiſation gegen die liberale Fraktion immer wieder und wieder mit der Behauptung ins Feld gerückt wird, wir ſeien diejenigen, die Politik treiben, wir ſeien diejenigen, die Politik in die Stadt⸗ verordnetenverſammlung hineintragen?! Meine Herren, ich hoffe, daß, nachdem dieſe Dinge hier einmal vollſtändig klargeſtellt worden ſind, es nun endlich mit dem Herumwerfen ſolcher Behauptungen. unbegründeter Behauptungen ein Ende haben wird. Mit Bezugnahme auf die Anfrage Sachs wird In jener Zeitungsnotiz, die pari passu mit der An⸗ frage Sachs in der Oeffentlichkeit erſchien, davon geſprochen, daß der Wahlausſchuß ſelbſt wenigſtens für einen Stadtverordneten die Nichtigkeit der Wahl vorgeſchlagen habe. Meine Herren, als ich das las, habe ich mich gefragt: weswegen hat man denn nun nicht auch der Oeffentlichkeit davon Mit⸗ teilung gemacht, durch welche Stimme iene Ent⸗ ſcheidung des Wahlausſchuſſes zuſtande gekommen iſt? Weswegen hat man denn nicht auch der Oeffentlichkeit davon Kenntnis gegeben, daß Stimmen⸗ gleichheit damals im Wahlausſchuſſe vorlag und daß die Stimme des Herrn Vorſtehers zu unſern Ungunſten, zu Ihren Gunſten die Entſcheidung ge⸗ geben hat?! Damit liegen die Dinge doch nun, meine ich, für das Plenum der Stadtverordneten⸗ verſammlung weſentlich anders. Meine Herren, ich verdenke es Ihrem Führer durchaus nicht, wenn er die Rechte der Fraktion nach jeder Richtung hin wahrnimmt. Aber das Dilemma ergibt ſich ſofort zwiſchen ihm als Führer und als Vor⸗ ſteher der Stadtverordnetenverſammlung, wenn er aktiv in derartige Angelegenheiten eingreift. Dieſe Dinge hier zur Sprache zu bringen, war für mich um ſo mehr Verpflichtung, als es ſich bier nicht bloß um Zeitungsnotizen, ſondern — und das iſt für mich entſchieden wichtiger — auch um die Klage handelt, die gegen die Stadwerordneten⸗ verſammlung angeſtrengt worden iſt. Wenn Sie auch die Preſſenotizen von ſich abſchütteln und ſagen werden: wie kommen wir dazu, für Zeitungsnotizen geradeſtehen zu ſollen, mag man doch dafür die ver⸗ antwortlich machen, die derartige Notizen in die Preſſe hineinlanziert haben. — die Klage, die auf Un⸗ giltigkeit der Wahlen eingeleitet worden iſt, und durch die der Stadtuerordnetenbeſchluß über den Haufen geworfen werden ſoll, werden Sie jedenfalls um ſo weniger ablehnen können, als dieſe Klage ja aus Ihrer eigenen Inſpiration hervorgegangen iſt, als Sie ja da⸗ mals vollkommen auf dem gleichen Boden geſtanden haben — und ich nehme an: auch heute noch ſtehen — auf dem die Klage erwachſen iſt. Meine Herren. in dem A 1. 1 Bericht über die erſte öffent⸗ liche Sitzung — die übrigens am 9. Januar 1907, nicht am 9. Januar 1906 ſtatigefunden hat — heißt es: Gegen den Beſchluß der Stadtverordneten⸗ verſammlung, durch den die Wahl der jüngſt eingetretenen vier Herren Stadtverordneten ſeitens der Stadtverordnetenverſammlung für gültig erklärt worden iſt, hat ein Herr Krieger Klage beim Bezirksausſchuß erhoben. Nun ich glaube, dieſer „ein Herr Krieger“ ſollte den Herren ganz genau bekannt ſein und auch dem Herrn Vorſteher. (Heiterkeit.) Dann weiter: Der Herr Vertreter des Stadtverordneten⸗ vorſtehers, Herr Stadtv. Kaufmann, der die Bearbeitung dieſer Sache ausſchließlich über⸗ nommen, hat mit der Vertretung der Stadt⸗ verordnetenverſammlung vor dem Verwaltungs⸗ gerichte den Rechtsanwalt Herrn Juſtizrat Holz betraut. So ſagt der Herr Vorſteher am 9. Januar 1907. Meine Herren, in dieſer Klage ſpielt die Anfrage Sachs eine ſeyr große Rolle. Ich hebe das hervor, um damit feſtzuſtellen, daß ich mich immer bei der Anfrage Sachs aufhalte, alſo bei demjenigen Gegen⸗ ſtande, den Sie (zur Freien Vereinigung) zur De⸗ batte geſtellt haben. Ich möchte hierbei nun richtig⸗ ſtellen, daß der Herr Vertreter des Stadtverordneten⸗ vorſtehers, Herr Stadtv. Kaufmann, nicht ſo ohne weiteres die Bearbeitung dieſer Sache übernommen hat, ſondern er hat ſie nur übernommen. weil der Herr Vorſteher ſich für vefangen erklärt hat in dieſer Angelegenheit, (Vorſteher Roſenberg: Natürlich!) weil er ſie nicht vertreten wollte. Gewiß, ich kann es auch durchaus verſtehen; aber wiederum, meine Herren, ſo ein kleiner Widerſpruch, der ſich auch hier in der ganzen Simation zeigt! Ich ſage mir, daß der Herr Stadtverordnetenvorſteher, der doch aus dem Vertrauen der Mehrheit hervorgegangen iſt, doch eigentlich der berufene Vertreter der Beſchlüſſe der Mehrheit der Stadtverordnetenverſammlung iſt. Aber gut: er lehnt die Vertretung als befangen ab. Ich erkläre das auch als durchaus korrekt; aber ich möchte ausdrücklich hier feſtgeſtellt wiſſen, daß nicht etwa der Herr Stadwerordnetenvorſteher⸗Stellvertreter aus eigener Begierde heraus, wie es nach dem Wort⸗ laut der Mitteilung der Fall zu ſein ſcheint, die Bearbeitung der Sache an ſich genommen hat, ſondern daß er ſich der Bearbeitung dieſer Sache nur des⸗ wegen unterzogen hat, weil der Herr Stadtverord⸗ nelenvorſteher ſie nicht bearbeiten wollte aus den be⸗ reits von mir angeführten Gründen und ſie deswegen dem Vorſteher⸗Stellvertreter übergeben hat. Meine Herren, es wäre allerdings recht erwünſcht, wenn mit dieſer Anfrage Sachs die Akten über das Thema, das die Gemüter in den letzten Monaten außerordentlich aufgeregt hatte, endlich mal geſchloſſen werden ſollten, wenn im übrigen aber auch gerade die Erörterungen, die ſich in der Klage, die ſich in der Preſſe an die Anfrage Sachs geknüpft haben, inſofern reinigend gewirkt haben möchten, daß mal aufgeräumt wird mit allen jenen vollkommen halt⸗ loſen Vorwürfen, daß insbeſondere jene, die im Glas⸗ hauſe ſitzen, ſich hüten, andere mit Steinen zu be⸗ werfen, 10 2 (Stadtv. Dr. Stadthagen: Sehr gutl)