Ich kann mit den Worten ſchließen, daß es mich gefreut hat, daß die beiden Fraktionen, die ſich noch vor einem Jahre zuſammengeſchloſſen haben, um bei den Stadtverordnetenwahlen gemeinſam die Sozial⸗ demokratie zu vernichten — was ihnen allerdings nicht gelungen iſt —, ſich jetzt in den Haaren liegen. Meine Herren, ich kann nur wünſchen, daß Sie ſich weiter bekämpfen; wir haben dann bei den nächſten Wahlen ein um ſo leichteres Spiel! (Heiterkeit.) Oberbürgermeiſter Schuſtehrns: Meine Herren, der Ausdruck „Nebenregierung“, den Herr Stadt⸗ verordneter Hirſch gebraucht hat, veranlaßt mich zu einer kurzen Bemerkung. Es könnte nach dieſem Ausdruck ſo ausſehen, als wenn ein Teil der Stadt⸗ berordneten über die Vorlagen, die vom Magiſtrat an die Verſammlung gelangen, bereits orientiert iſt und dieſen Vorlagen gegenüber ſchon ein genaues Urteil habe, bevor ſie der Verſammlung unterbreitet find, und es könnte ſo ſcheinen, als ob dadurch etwas geſchehen ſei, was verwerflich wäre. Nun, meine Herren, denken Sie doch daran, daß unſere Organi⸗ ſation in der Städteordnung ſo eingerichtet iſt, daß alle Sachen, die der Magiſtrat beſchließt, erſt in Deputationen vorberaten werden und daß in dieſen Deputationen die Stadtverordneten zu zwei Dritteln ſitzen. (Sehr richtig!) Da iſt es doch kein Wunder, meine Herren, wenn dieſe zwei Drittel der Stadtverordneten, die Mitglieder von Deputationen ſind, eine genaue Kenntnis der Dinge erhalten und natürlich ſchon viel früher als die Stadtverordnetenverſammlung, ja ſogar früher als der Magiſtrat, Herr Stadtverordneter Hirſch, über die Dinge orientiert ſind und über ſie ein Urteil haben. (Zuruf des Stadtverordneten Hirſch: Das meine ich ja nicht!) Alſo das Wort „Nebenregierung“ iſt nicht ſo aufzufaſſen, wie es nur neulich noch in dem großen politiſchen Leben aufgefaßt werden mußte. In der vorherigen Kenntnis, die ein Teil der Stadtver⸗ ordnetenverſammlung über Anträge des Magiſtrats hat, liegt nichts Verwerfliches, ſondern das iſt im Gegenteil durch die Städteordnung direkt geboten. Stadtv. Dr. Spiegel: Meine Herren, der Herr Stadtwerordnete Stadthagen hat im Eingange ſeiner Ausführungen es ſo hingeſtellt, als ob wir, die Liberale Fraktion, ſeinerzeit durch den Schluß der Debatte ihn gehindert hätten, ſeine Ausführungen, die er noch für notwend ig hielt, zu machen. Ich ſtelle demgegenüber feſt, daß der Schlußantrag von dem nicht zu unſerer Fraktion gehörigen Herrn Stadtverordneten Barnewitz ausging. Ich ſtelle ferner feſt, daß mir und zum mindeſten einem großen Teile meiner Freunde die Annahme dieſes Schluß⸗ antrages im huchſten Grade unangenehm war. (Sehr richtig!) Es hatte gerade der Herr Stadtverordnete Dr. Borchardt eine ſehr merkwürdige mathematiſche Berechnung aufgeſtellt, von der er ſich einen großen Einfluß auf ſeine Freunde verſprach, eine Berechnung, die in der Tat dieſen Einfluß auch ausgeübt hat; und ich habe mir ſehr ungern die Gelegenheit ent⸗ gehen laſſen, vor der Abſtimmung darzulegen, daß dieſe mathematiſche Berechnung des Herrn Kollegen Borchardt auf einer durchaus unzutreffenden Grund⸗ lage beruhte, daß Herr Kollege Borchardt nicht vorher nachgeſehen hat, ob die Beſtimmungen der Städte⸗ ordnung auch die nötige Grundlage für ſeine Be⸗ rechnung abgeben. Alſo, meine Herren, von uns war der Schlußantrag nicht ausgegangen. und uns iſt der Schluß der Debatte nicht zu verdanken. Freilich, wenn uns dadurch weiter nichts entgangen wäre, als etwa die heutigen Ausführungen des Herrn Stadtverordneten Stadthagen, (Heiterkeit) dann hätten wir das nicht zu bedauern, und ich glaube, die Freunde des Herrn Stadthagen auch nicht. (Heiterkeit und Bravo! bei den Liberalen.) Der Herr Stadtverordnete Stadthagen hat eine ganz merkwürdige Fähigkeit, Urſache und Wirkung zu verwechſeln. Er ſagt: von einem politiſchen Stand⸗ punkt betrachten heißt, vom Standpunkt einer poli⸗ tiſchen Partei betrachten. Das würde vorausſetzen, daß die politiſche Partei das Primäre und die politiſche Anſchauung erſt das Sekundäre iſt. Für jeden, der einigermaßen ſich mit derartigen Dingen veſchäftigt hat, iſt es aber klar, daß die politiſche Anſchauung die Grundlage iſt, auf der ſich Gleich⸗ geſinnte zu einer Partei zuſammenfinden. Eine ſolche politiſche Parlei umfaßt dann alle diejenigen, die beſtimmte Anſichten ſoweit gemeinſam haben, daß ſie daraufhin ein Programm aufzuſtellen in der Lage ſind. Aber damit iſt die Gemeinſamkeit der politiſchen Anſchauungen noch nicht begrenst. Wichtige, grund⸗ legende politiſche Anſchauungen erſtrecken ſich weit über den Raymen einer politiſchen Partei hinaus, gegebenen Falles nach rechts und nach links. IInd ſo liegt es ganz beſonders mit der liberalen Welt⸗ anſchauung, die wir zur Grundlage unſerer Fraktion und zur Grundlage der ganzen kommunalen Be⸗ wegung in der Stadt Charlottenburg zu machen beſtrebt waren. Dieſe gemeinſame liberale Weltan⸗ ſchauung geht weit hinaus über den Rahmen der Freiſinnigen Partei. Sie umfaßt Rechts⸗ und Links⸗ ſtehende, und ſo haben wir in der Tat in unſeren Organiſationen und auch in unſerer Fraktion Elemente, die weiter rechts und weiter links ſtehen, als das Programm der eigentlichen freiſinnigen Parteien an ſich zulaſſen würde. Deshalb halten wir uns auch nach wie vor für berechtigt, uns als vereinigte Liberale zu bezeichnen, (Bravo! bei den Liberalen.) und wir können es nur begrüßen, wenn diejenigen Nationalliberalen, die auf den zweiten Teil ihres Namens noch Wert legen, ſich dieſer Vereinigung anſchließen. (Heiterkeit!) Wenn Sie es vorziehen, eine Sonderorganiſation zu bilden und auf den zweiten Teil Ihres Namens weniger Wert als auf ein freundſchaftliches Zufammen⸗ gehen mit den Konſervativen zu legen, ſo können wir dagegen nichts tun. Wir müſſen aber eine ſolche Partei mehr oder weniger bekämpfen, um ſo mehr, je mehr ſie uns unſere Haltung zum Vorwurf an⸗ rechnet. Herr Kollege Stadthagen hat dem Herrn Kollegen Crüger untergeſchoben, daß er unſere Partei als „nichtpolitiſch“ und dagegen ſeine, die Freie Ver⸗ einigung, als „politiſch“ bezeichnet habe. Das iſt ein recht grobes Mißverſtändnis; denn Herr Kollege Crüger hat nur aus Zeitungsnotizen, die er auf Ihre Kreiſe zurückführen zu können glaubte, nach⸗ gewieſen, daß auch Sie gelegentlich Anſpruch auf den Namen einer politiſchen Fraktion erheben, und