—— 107 werden können, ob es notwendig ſei, das Obligatorium zur Zeit ſchon auf die Mädchen, die im Handels⸗ gewerbe tätig ſind, auszudehnen. Meine Herren, wir haben uns ſo oft ſchon über die wichtigen Gründe unterhalten, die ſür die obligatoriſche Fort⸗ bildungsſchule ſprechen, daß ich darauf nicht weiter einzugehen brauche. Ich möchte hier nur den Wunſch ausſprechen, daß der Magiſtrat dieſe Sache im Auge behalten möge. Von der Stellung eines Antrages in dieſem Jahre will ich zunächſt abſehen. Ich darf dann noch auf einen Punkt eingehen, der die Fortbildungeſchulen an ſich betrifft. Wenn man mit Gewerbebetreibenden, mit Angehörigen des feineren Handwerks zuſammenkommt, ſo hört man oft die Klage, daß die jungen Leute, die in die Fortbildungsſchule gehen, nicht genügend die Zeit ausnutzen. Dieſe jungen Lente ſind vielfach ſchon erheblich weiter, als dem Stande entſpricht, mit dem die Fortbildungsſchule naturgemäß anfangen muß, da ſie Schüler aus dem geſamten Deutſchland hat, die zum Teil eine ſehr ſchlechte Vorbildung beſitzen. Ich gluube, dieſen Klagen kann man ſich nicht ganz verſchließen; ſie ſind berechtigt, ſie ſind natürlich. Eine Aohilfe iſt, wie ich meine, nur auf einem Wege möglich, und das iſt der Weg, den wir bereits bei den Volksſchulen in weiterem Maße beſchreiten, nämlich der der Differenzierung im Unterricht. Gerade bei der Fortbildung wäre es am wich tigſten, dieſe Differenzierung eintreten zu laſſen. Ich möchte unſern Herrn Stadtſchulrat bitten, dieſen Punkten im nächſten Jahre ſeine Aufmerkſamkeit zu ſchenken. Hierbei möchte ich aber hoffen, daß die Auskunft, die uns unſer Herr ſtädtiſcher Kultus⸗ miniſter auf dieſe beiden Punkte erteilen wird, nicht ganz ſo ausfallen wird, wie die, die der preußiſche Kultusminiſter im Abgeordneteuhauſe gegeben hat, nämlich, daß ſo viele wichtigere Aufgaben vorlägen, daß man die anderen zunächſt zurückſtellen müßte. Ich hoffe vielmehr, die Auskunft wird ſo ausfallen, daß auch noch Zeit bleiben wird, dieſe beiden Punkte eingehend in dem nächſten Jahre zu behandeln. Stadtſchulrat Dr. Neufert: Meine Herren, die Frage, ob das Obligatorium auch auf das weibliche Geſchlecht auszudehnen iſt, wird nach wie vor ernſt⸗ haft erwogen. Wir waren nur bisher in einer ſehr üblen Lage. Die Räumlichkeiten, die uns für die weibliche Fortbildungsſchule zur Verfügung ſtanden, waren bis auf den letzten Platz ausgenutzt; es war unmöglich, in dieſe Räumlichkeiten noch irgend jemand aufzunehmen. Erſt in den allerletzten Wochen haben wir Ausſicht auf ausreichende Räumlichkeiten be⸗ kommen. Ich hoffe, daß dieſelben nach den großen Ferien oder ſpäteſtens am Beginn des Winterſemeſters werden bezogen werden können. Wir werden dann nicht verfehlen, die von dem Herrn Stadtverordneten Dr. Stadthagen vorhin angeſchnittene Frage ſofort wieder aufzunehmen. Ich ſtimme dem Herrn Stadtverordneten voll⸗ ſtändig bei, daß es ſehr erwünſcht wäre, wenn die jungen Leute, welche von einer hochentwickelten Volksſchule zu der Fortbildungsſchule übergehen, gleich in der unterſten Klaſſe in den Haupt⸗ disziplinen derartig gefördert werden, daß ſie merken, ſie lernen etwas Neues zu, es werden nicht Sachen dargeboten, die ſie ſchon früher einmal gehabt haben. Sie würden dann mit einem ganz anderen Intereſſe dem Unterricht folgen. Aber, meine Herren, wir ſind genötigt, alle Lehrlinge, welche hier in Char⸗ lottenburg vorhanden ſind, in die obligatoriſche Fort⸗ bildungsſchule aufzunehmen, und wir können unmöglich von denjenigen, die aus dem Oſten hierhergezogen find und vielleicht von den Hüteſchulen herkommen, einen Teil unbeſchäftigt laſſen und bloß mit den gut vorbereiteten Großſtädtern weiterarbeiten. Wir laſſen es uns durchaus angelegen ſein, da, wo es irgend möglich iſt, Qualitätsklaſſen einzuführen. Bei jenen Berufen, welche Lehrlinge in größerer Zahl zur Fortbildungsſchule ſenden, beiſpielsweiſe den Schloſſern, Maſchinenbauern, Kaufleuten, finden Sie bereits Qualitätsklaſſen, und ich glaube nicht, daß der Herr Stadtverordnete aus dieſen Kreiſen irgend eine Klage gehört hat. Die Klagen ſind faſt alle verſtummt und werden jedenfalls, ſollten ſie hier und da noch einmal geäußert werden, bald völlig aufhören. Es beſteht nun einmal eine Schwierigkeit: In den Kreiſen der Gewerbetreibenden und der Schulmänner wird der lebhafte Wunſch gehegt, daß die Lehrlinge nach Berufsklaſſen zuſammengeſteckt werden; denn dann arbeiten ſie mit einem viel größeren Intereſſe, weil ſie ſofort erkennen, daß ſie den größten praktiſchen Vorteil vom Unterricht haben. Je mehr wir nun aber dieſem nachgeben, um ſo weniger haben wir die Möglichkeit, Qualitätsklaſſen zu gründen, denn in dieſem Falle müſſen wir ja die Schülermaſſe in um ſo kleinere Abteilungen teilen. Wir werden jedenfalls dieſe Frage weiter im Auge behalten. Ich wüßte nicht, daß zurzeit etwas Wichtigeres vorläge als die volle Entwicklung der Fortbildungsſchule. (Bravo! bei der Freien Vereinigung.) (Die Beratung wird geſchloſſen.) Berichterſtatter Stadtv. I)r. Penzig (Schlußwort): Ich möchte nur noch ein Wort für den Antrag des Etatsausſchuſſes, betreffend die 4 Schreibmaſchinen, einlegen Die Gründe, die der Herr Stadtſchulrat dageger eingewendet hat, haben ja einen gewiſſen pädagogiſchen Hintergrund. Es iſt vielleicht möglich, daß ſich gewiſſe Schwierigkeiten dabei ergeben werden. Ich meine aber, die Schwierigkeiten können ſo groß nicht ſein. Wenn ich auch nicht verkenne, daß natürlich die Fortbildungsſchule für männliche Perſonen be⸗ dentend ſtärker und reichhaltiger iſt als die für weibliche Perſonen, ſo muß ich doch darauf auf⸗ merkſam machen. daß wir in der Mädchenfortbildungs⸗ ſchule 4 Schreibmaſchinen bereits haben, und daß ſich dort Schwierigkeiten der Art nicht herausgeſtellt haben. Es handelt ſich ja auch nicht darum, nun ſtundenlang die jungen Lente darauf herumklappern zu laſſen, ſondern einfach darum, die Einführung in das Ver⸗ ſtändnis des Mechanismus vorzunehmen. Zum Üben ſind die Dinger auch nicht da. Es gibt viele junge Leute, die die Ubung in ihrem Kontor oder dergleichen oder ſonſt irgendwo haben können, die aber zunächſt mal eine Einführung in die ganze Art des Schreib⸗ maſchinenbetriebes haben möhhten. Für dieſen Zweck reichen 4 Schreibmaſchinen vorläufig gewiß aus. Ich möchte nur noch darauf aufmerkſam machen, daß es gerade der Wunſch des Direktors unſerer Fortbildungs⸗ ſchule geweſen iſt, der dieſe 4 Schreibmaſchinen für genügend erachtete, aber auch dringend bat, ihm dieſe 4 zu bewilligen. Da der Herr Stadtſchulrat nicht prinzipiell dagegen iſt, ſo bitte ich, dieſen Antrag auch anzunehmen. (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Ver⸗ ſammlung beſchließt nach dem Antrage des Aus⸗