keineswegs zerſtreut, und ebenſowenig hat ſich der Ausſchuß dieſen Ausführungen voll anſchließen können. Weunn nun der Ausſchuß trotzdem allerdings mit Stimmnaleichheit, die durch die Stimme des Vorſitzenden zu einer Mehrheit gemacht wurde — ſich für eine modifizierte Annahme des Antrags ausge⸗ ſprochen hat, ſo iſt dafür weſentlich die Erwägung maßgebend geweſen, daß wir ein ſo weitzügiges und großes Werk nicht in den allererſten Anfängen hemmen dürfen. Es iſt von mehreren Seiten verlangt worden, daß ein Nachweis geführt würde, in welcher Weiſe denn gerade für Charlottenbung die Kolonie Hoffnungs⸗ tal und ihr Ausban ſegensreich werden würde. Ich glaube, meine Herren, und der Ausſchuß in ſeiner Mehrbeit hat dem ja Recht gegeben, daß ein ſolcher ſpezieller Nachweis ſchwerlich wird gegeben, aber auch ſchwerlich wird verlangt werden können. Wir können einem Manne, der uns eine Mühle baut, nicht plötzlich einfach das Waſſer, mit dem er mahlen will, unter der Begründung abſperren, wir wollten erſt einmal hören, ob denn ſeine Mühle uns auch von Nutzen ſein würde; der Mann muß erſt mahlen können. Die Bedürfnisfrage iſt allerdings ziemlich ausführlich erörtert worden. Nach dem, was uns dort geſagt wird, und nach dem, was der geſunde Menſchenver⸗ ſtand uns ſagt, ift ja mit kleinen Mitteln natürlich der ganzen Sache nicht beizukommen; ſie erfordert außerordentlich große Mittel. Nun, meine Herren, dieſe Mittel werden augenblicklich ſchon aufgebracht; ſie werden aufgebracht in einer entſchieden nicht ein⸗ wandfreien Art durch das Vagabundentum ſelbſt und durch die Haus⸗ und Türenbettelei. Daß dabei ganz große Summen der eigentlichen Unterſtützung entfremdet werden und dem Schnapsgenuß und anderen Dingen dienen, iſt auch einfach notoriſch. Es würde weiter in Betracht kommen, ob nicht die Angelegenheit Sache der Provinz oder des Kreiſes wäre. In dieſem Falle würden wir ja auch heran⸗ gezogen werden, und wenn der Provinziallandtag eine größere Subvention beſchlöſſe, die dort gewiß leichter als in der Charlottenburger Stadwwerordneten⸗ verſammlung durchzuſetzen wäre, dann würde eben die Stadt Charlottenburg ebenfalls beteiligt werden. Ich glaube alſo, es iſt ein nobile offlcium gerade für die Stadt Charlottenburg, in dieſer Beziehung etwas weitherzig zu ſein. Die ſehr weitgehenden Wünſche und Hoffnungen des Herrn Paſtors v. Bodelſchwingh werden wir ja trotzdem nicht erfüllen und nicht erfüllen können, weil wir andere auch ſehr wichtige Aufgaben haben. Es iſt aber immerhin an⸗ zunehmen, daß die Kolonie Hoffnungstal eine recht ſegensreiche Wirkung, wie ſie ſie zunächſt ent⸗ faltet hat, auch ferner wird entfalten können bei ſolchen Leuten, die nicht gerade ſpeziell arbeitsſcheu zu ſein branchen, ſondern die eben rorübergehend arbeitslos ſind, auch bei ſolchen, die durch eine ge⸗ wiſſe Willensſchwäche und durch die Not herunterge⸗ kommen ſind und dort gewiſſermaßen eine Er⸗ holungsſtätte finden, in der ſie das Selbſtvertrauen zurückgewinnen, namentlich wenn ſie etwa durch den Trunk geſchwächt ſein ſollten. Es iſt alſo eine Art von Trinkeraſyl. Meine Herren, wir haben uns freilich mit der Steinklopfbude, die Herr v. Bodelſchwingh in ſeiner überſchwenglichen Weiſe ſogar einmal mit dem Worte die „gemülliche Steinklopfbude“ bezeichnet, nicht recht befreunden können. Auch die Autorität des Herrn Unterſtaatsſekretärs Dr. Holle, der ſie ſeinerzeit in Rheinland⸗Weſtfalen eingeführt hat, genügt dazu nicht. Es iſt wohl ein Verſuch, ich glanbe aber, ein Ver⸗ 144 ſuch mit untauglichen Mitteln, Arbeitswillige und Arbeitsſchene von einander zu ſcheiden. Ganz wird das nicht gelingen, weil immer eine Anzahl von Leuten da ſein wird, die aus ganz anderen Motiven als Arbeitsſcheu dieſe ſchwere und ſchlecht gelohnte Arbeit verweigern müſſen. Wir haben da ſpeziell an die Kategorien von Kunden der Landſtraße ge⸗ dacht, die nicht an ſchwere Arbeit gewöhnt ſind, alſo Handlungsgehilfen, dann alle Feinmechaniker, Uhr⸗ macher, Schneider und dergleichen Leute, die mit einer ſolchen Arbeit ſich ohne weiteres ihre Hände für künftige Arbeit in ihrem eigentlichen Handwerk untauglich machen. Wir halten es nicht für richtig, alles uber einen Kamm zu ſcheeren, die Leute vor die Wahl zu ſtellen: entweder Steinklopfbude oder aber Ausweiſung an die Polizei unter dem Verdachte der Arbeitsſchen. Darum iſt unſer Antran, der An⸗ trag der Mehrheit des Ausſchuſſes, in dieſer Beziehung modifiziert worden. Wir haben auf einen Antrag des Herrn v. Blücher zurückgegriffen, der die Ein⸗ richtung von Werkſtätten für gelernte Arbeiter in der Kolonie Hoffnungstal empfiehlt. Die Mittel dazu waren noch nicht vorhanden. Wir halten dieſe Idee aber für glücklich und haben Sie darum gebeten, zwar die 10 000 ℳ voll zu bewilligen, jedoch 3000 ℳ davon mit einer beſonderen Zweckbeſtimmung zu ver⸗ ſehen, nämlich für die Werkſtätten für gelernte Arbeiter zu dienen. Meine Herren, ich verkenne gar nicht, daß auch hier noch immer Bedenken obwalten können, und ſchwere Bedenken. Ich bin auch keineswegs aus einem Saulus plötzlich ein Paulus geworden. Mir iſt die Art und Weiſe, der Stil und die Methode der Bodelſchwinghſchen Anſtalten ganz und gar nicht ſympathiſch. Aber ich ſage mir: wir haben hier immerhin einen Mann vor uns, der zwar aus Motiven, die wir nicht alle teilen, doch etwas Kräftiges tut, und dieſer Mann, der etwas tut, iſt mir lieber, als Hunderte von anderen Leuten, die mit ſehr ſchönen und edlen Motiven, die wir alle teilen, ſchließlich doch nichts tun. Und in dieſem Falle ſind wir augenblicklich. Es iſt das Werk angefangen, und wir dürfen es nicht ſtecken laſſen. Ich möchte ſie alſo dringend bitten, dem Ausſchußantrag ihre Zuſtimmung zu ſchenken. Stadtu. Vogel: Herr Dr. Penzig ſagt zwar, er ſei kein Paulus aus dem Saulus geworden; aber der Effekt iſt doch vollſtändig ſo. Im vorigen Jahre hatte Herr Dr. Penzig zuerſt auch große Zweifel und Bedenken gegen die Bewilligung dieſes Antrages, und nachdem er in Hoffnungstal geweſen war, ſtimmte er doch dafür. Dieſes Jahr war es ſo: zuerſt hatte er ebenfalls große Zweifel, aber es genügte dann ſchon die Zuſchrift des Herrn Paſtors v. Bodelſchwingh, ihn umzuſtimmen ich will nicht ſagen, ſeinen Standpunkt umzuſtimmen, ſondern in ſeiner Entſchließung ihn umzuſtimmen; denn in ſeiner Meinung iſt er eigentlich wenig umgeſtimmt worden. Die Büchelchen ſollen den Zweck haben, die Not⸗ leidenden von den Häuſern wegzuſcheuchen, in denen die Bewohner ſolche Büchelchen haben. Es fördert damit nur die Bequemlichkeit der dort Wohnenden; ſie werden vor der Bettelei geſchützt; aber den Not⸗ leidenden hilft es nichts. Betreffs der Ausweispapiere meinte der Herr Berichterſtatter ſelbſt, daß die Bemerkungen Bodelſchwinghs den Kern gar nicht treffen. Aber trotzdem iſt er für Bewilligung; nur die eine Be⸗ dingung ſtellt er, daß von den geforderten 10000 7