—— 146 unſere 10000 ℳ vergleichen, ſo werden Sie zugeben müſſen, daß wir uns gerade ungefähr in dem Ver⸗ hättnis, wie ſich Berlin an dem Unternehmen be⸗ teiligt, auch nur beteiligen. Das ganze Unternehmen iſt tatſächlich ein Groß⸗Berliner Unternehmen. Wir können nicht ſagen, wieviel Vagabunden nun gerade von unſeren Straßen hinweg nach Hoffnungstal gebracht werden; aber daß in demſelben Maße wie in Berlin auch bei uns die Vorteile zunächſt einmal ideell ſich Geltung verſchaffen werden, das dürfen wir erwarten. Und wenn Berlin die Sache für ſo unterſtützungswürdig hält, dann ſollten wir, meine ich, nicht zurückſtehen. Ich möchte Sie deshalb dringend bitten, den Aueſchußantrag anzunehmen. Stadtv. Sachs: Meine Herren, ich habe mich im Ausſchuſſe bereits gegen die Bewilligung dieſer 10 000 ℳ ausgeſprochen. Wenn Herr Dr. Penzig geſagt hat, daß es ſehr ſchwer nachweisbar ſei, welche Vorkeile Charlottenburg davon habe, ſo glaube i doch, daß wir auf ſolchen Nachweis Rückſicht nehmen müſſen. Denn 10000 ℳ ſind nicht eine ſo geringe Summe, daß wir ſie für ein Unternehmen bei⸗ ſteuern, von dem noch nicht der Beweis erbracht iſt, daß es zur Beſſerung unſerer Verhältniſſe beiträgt. Ich glaube auch, die Vagabondage iſt in Charlottenburg nicht in dem ausgeſprochenen Sinne vorhanden — dafür ſorgt ſchon die Polizei ſie entwickelt ſich mehr auf der Landſtraße Ebenſo iſt es mit der Bettelei; dieſe iſt in den Dörfern und in den kleinen Städten viel mehr vorhanden als in Charlottenburg, ganz abgeſehen von den Häuſern, die nur durch Pförtner geöffnet werden können. Das Intereſſe der Stadt Charlottenburg muß doch darauf gerichtet ſein, wie dieſe 10000 ℳ verwendet werden, und i vermag nicht einzuſehen, daß gerade die ſtädtiſchen Verhältniſſe dadurch eine weſentliche Beſſerung er⸗ fahren ſollen, daß man arbeitsſcheue Leute, die man hier auf der Straße auflieſt, nach Hoffnungstal hinausbefördern läßt Das wird auch faſt unmögli ſein. Wir haben ja eine ganze Menge Wohlfahrts⸗ beſtrebungen, die wir unterſtützen, welche außerhalb unſerer lokalen Verhältniſſe liegen aber alle halten ſich doch im Rahmen einer beſtimmten und nicht ſo hohen Summe. Ich meine immer, daß ein ſolches Unternehmen Aufgabe des Staates und der Provinz ſein muß. Wenn nun geſagt wird, daß die Provinz Brandenburg bereits eine erhebliche Beiſteuer leiſtet, und wenn wir nun infolge des erhöhten Beitrags der Provinz — denn dieſe iſt es, die dafür zu ſorgen hat — auch zu einem höheren Beitrage heran⸗ gezogen würden, ſo würde dieſer lange noch nicht die 10000 ℳ erreichen. die wir hier beiſtenern ſollen. (h ch einer Trinkerheilſtätte. Der alte einmalige Satz von 3000 ℳ wäre na meiner Meinung für unſere Verhältniſſe ausreichend. Die anderen 7000 ℳ könnten wahrlich für manche Wohlfahrtseinrichtung in Charlottenburg zutreffender und beſſer verwendet werden als für die doch noch nicht ganz ſichergeſtellte Entwickelung dieſer Kolonie. Man iſt übrigens in ſehr vielen Kreiſen auch in der Gegend, wo Herr Paſtor v. Bodelſchwingh zunächſt die Kolonie gegründet hat, durchaus nicht von deren Entwicklung oder von alledem. was er damit er⸗ reichen will, üverzeugt Es gibt auch dort Leute, die das ſehr zweifelnd anſehen. Ich möchte deshalb den Antrag ſtellen, daß nur eine einmalige Bewilligung von 3000 ℳ ausgeſprochen wird. Stadtv. Ir. Stadthagen: Meine Herren, es handelt ſich ja hier nicht um eine Fraktions⸗, ſondern um eine Zweckmäüßigkeiisfrage, wie mir ſcheint, und ich gehöre zu der ſtärkeren Hälfte im Ausſchuß, im Gegenſatz zu meinem verehrten Herrn Nachbar, und ich möchte Sie bitten, für die Bewilligung der ganzen Summe in dem vom Herrn Berichterſtatter vorgeſchlagenen Sinne, der dem Ausſchußantrage entſpricht, einzutreten. Ich kann es mir wohl ver⸗ ſagen, nachdem ſo viel Gründe für und wider an⸗ geführt worden ſind, auf Einzelheiten einzugehen; ich möchte nur folgendes bemerken. Hält man die ganze Sache für ein der Provinz zugehöriges Unternehmen, ſo kommt man ungefähr auf die Summe von 100000 i. Wir zahlen zu den Provinzialabgaben, wenn ich nicht irre, 10 %; es würde alſo auch hiernach eine Summe von 10000 ℳ herauskommen. Nun wäre es ja richtig, daß wir an den 30000 ℳ die eventuell von der Land⸗ ſchaft bewilligt würden, mit einem gewiſſen Prozentſatz auch beteiligt werden würden. Aber hier kommt es ch ja auch auf 1000 oder 2000 ℳ nicht an. Es handelt ſich darum: ſollen wir, wie im Anfang des Unter⸗ neymens, wieder nur 3000 oder ſollen wir, dem jetzigen weiteren Rahmen des Unternehmens ent⸗ ſprechend, 10000 bewilligen? Ich bin der Meinung, wenn wir überhaupt ein gewiſſes Zutrauen, wenn auch keine abſolute Zuverſicht, dem Unternehmen entgegenbringen — das müſſen wir nach den Vor⸗ gängen; das müſſen wir, wenn wir überhaupt etwas bewilligen —, dann müſſen wir die ganze Summe mit der Modifikation des Ausſchußantrags bewilligen. Stadtv. Kaufmann: Meine Herren, nach den gründlichen Ausführungen des Herrn Referenten und des Herrn Bürgermeiſters Matiing würde ich gar ch nicht das Wort genommen haben, wenn nicht der Antrag des Herrn Kollegen. Sachs gekommen wäre, die Summe von 10000 auf 3000 ℳ zu reduzieren Entweder handelt es ſich um eine Sache, die der Unterſtützung wert iſt — und dann müſſen wir ſie ch unterſtützen —, oder das Unternehmen iſt nicht unter⸗ ſtützungswert — dann können wir den Beitrag ganz verſagen. Das halte ich im jetzigen Stadium für viel richtiger, als die Summe herabdrücken zu wollen. Es iſt hier das erſte Mal die Gel⸗genheit, einen Zweckverband der Provinz zu unterſtützen. So ſehe ich die Sache an. Es iſt ein Zweckverband zur Be⸗ kämpfun] der Vagabondage und der Bettelei. Wer die Einrichtung in Hoffnungstal ſelbſt hat in Augen⸗ ſchein nehmen können, wie es die Mitglieder Ihres Ausſchuſſes im vorigen Jahre zu tun Gelegenheit hatten, der wird den Eindruck empfangen haben, daß dieſes Geld vortrefflich angelegt iſt. Die Kolonie at nach meiner Auffaſſung weſentlich den Charakter Die meiſten Leute, die aus der Vagabondage herkommen, ſind durch den Alkohol ſo weit heruntergevracht, daß ſie nicht mehr arbeiten föunen. Wir hatten zu beobachten Gelegenheit, daß nach wenigen Wochen der Tätigkeit draußen die Leute ſchon wieder einen friſchen und geſunderen Eindruck machten, und daß ſie ſich dort äußerſt wohl fühlten. Meine Herren, wir ſollten nicht engherzig ab⸗ wägen: hat Charlottenburg direkt einen Vorteil aus einer ſolchen Bewilligung? Die Allgemeinheit hat daraus, daß man der Vagabondage abhilft, einen großen, nicht zu unterſchätzenden Vorteil. Ich bitte Sie: ſtellen Sie ſich auf den etwas weiteren Stand⸗ punkt, und bewilligen Sie, entſprechend dem Ausſchuß⸗ antrage, 10000 ℳ, nicht, wie es der Antrag Sachs will, nur 3000 ℳ.