Stadtv. Dzialoszynski: Meine Herren, man kann die Ausführungen des Herrn Berichterſtatters, des Herrn Bürgermeiſters und des Herrn Kollegen Kaufmann vollkommen anerkennen und ſich gleichwohl auf den Standpunkt ſtellen, daß der beantragte Be⸗ trag von 10000 ℳ bei weitem zu hoch iſt. Meiner Meinung nach trifft der Antrag Sachs das Richtige; 3000 ℳ ſind nach Lage unſerer Etatsverhältniſſe vollkommen ausreichend. Es gibt noch eine ganze Reihe anderer ebenſo förderungswerter Wohltätigkeits⸗ anſtalten wie die Kolonie Hoffnungstal. Wir müßten z. B. für die Ferienkolonien in Charlottenburg viel mehr mun, als wir tun, wenn wir nach demſelben Maßſtabe vorgehen wollten, wie hier vorgeſchlagen wird. Ich möchte Ihnen deshalb empfehlen, meine Herren: nehmen Sie den Antrag Sachs an! Berichterſtatter Stadtv. Ir. Penzig Schlußwort): Meine Herren, mit einem ſolchen kleinen Mittel iſt hier meines Erachtens gar nichts getan. Herr Kollege Kaufmann hat vollſtändig recht: Sie haben eigentlich nur die Wahl, das Ganze anzunehmen oder abzu⸗ lehnen; denn mit 3000 ℳ kann Herr Paſtor v. Bodelſchwingh die Sache nicht weiter führen, er braucht 90 000 ℳ. Wenn Charlottenburg mit ſchlechtem Beiſpiel vorangeht, was, glauben Sie wohl, werden dann Schöneberg, Friedenau und die anderen noch zahlen! Tatſächlich wird die ganze Summe um ein Zehntel heruntergedrückt werden, und dann braucht man gar nicht erſt anzufangen. Es wird auf andere Wohlfahrtsbeſtrebungen hingewieſen. Gewiß, die haben ſich eben ein engeres Arbeitsgebiet geſtellt. Hier iſt ein ungeheures Werk, das zweifellos mit großer Energie in Angriff genommen iſt, das aber auch enſprechend bedeutende Mittel verlangt. Das liegt an der ganzen Sache. Da können wir nicht mit Bedenken kommen, ob wir wohl ſo viel Vorteil davon haben werden, wie die Sache wert iſt. Daß Groß⸗Berlin übrigens doch in reckt be⸗ deutender Weiſe aus vernünftigen Gründen heran⸗ gezogen werden müßte gegenüber der anderen Provinz, wird durch die UIberlegung erwieſen, daß ſelbſtver⸗ ſtändlich eine Großſtadt wie Berlin eine ungeheure Menge von ſolchen Leuten anzieht, die hier durch Arbeitsloſigkeit in Not geraten und von hier aus auf die Provinz losgelaſſen werden. Da iſt es wiederum eine Pflicht der Großſtadt, daß ſie die von ihr unwiſſentlich und unwillentlich geſchaffenen Ver⸗ hältniſſe wieder zu ſanieren verſucht. Herr Kollege Vogel hat darauf hingewieſen, daß ich meine Anſchauungen geändert hätte, das vorige Mal und vor drei Jahren eine andere Anſchauung vertreten hätte als diesmal. Erſtens mal finde ich: man verweiſt meines Erachtens ſolche Dinge an einen Ausſchuß, um dort eben zu lernen. Wenn man von vornherein ſagt: ich werde mich nicht ändern, dann kann man ſich den Ausſchuß ſparen. Unglücklich war es auch von Herrn Kollegen Vogel, darauf hinzuweiſen, ich hätte bloß nach Hoffnungstal 2 gehen brauchen, um ſogleich umzufallen. Ja elbſtverſtändlich! Man hat ſich einfach dort durch den Augenſchein überzeugt, daß die Leute ſich tat⸗ ſächlich in guten und geordneten Verhältniſſen be⸗ finden. Wir haben die Leute gefragt, und ſie ſind mit ihrer Lage, ſoweit es anging, ganz zufrieden geweſen. Gg t Ich freue mich aber, daß Her Kollege Vogel heute doch einen milderen Ton gefunden hat; im Ausſchuß hat er ſich viel ſtärker über die, Kolonie ausgeſprochen. Wir können mit gutem Gewifſen 147 ſagen, daß die Verhältuiſſe dort nicht ſo ſchlimm ſind, wie ſie ſcheinen. Daß Herr Kollege Vogel uns einen Schuſter, der den Blutſturz unglücklicherweiſe gerade in der Steinklopfbude bekommen hat, vorführt, iſt auch kein ſo ernſt zu nehmender Einwand; denn daß der Mann den Blutſturz nicht auch wo anders bekommen hätie, iſt nicht nachzuweiſen. Daß die 4 Stunden, in 2 Tagen alſo § Stunden, in der Steinklopfbude gerade einen Blutſturz hervorrufen müßten, das kann ich nicht einſehen; ich würde aber eines dem Magiſtrat noch anheimgeben: beiHerrn Paſtor v. Bodelſchwingh die Frage zu ſtellen. ob für ärztliche IIberwachung der Koloniſten etwas geſchieht. Das iſt mir nicht bekannt. Soviel ich weiß, ſind nur die Angeſtellten dort in der allgemeinen Hilfe für Unglücks⸗ fälle unterwieſen, alſo ſo einer Art freiwilliger Sanitätshilfe. Wenn die Kolonien Hoffnungstal, Lobetal, und wie ſie alle heißen, ſich weiter aus⸗ dehnen, ſo wird für Arzte auch geſorgt werden müſſen. Herrn Kollegen Sachs gegenüber möchte ich darauf hinweiſen, daß von einem Zwang nicht die Rede ſein kann. Herr Stadtrat Fiſchbeck hat das in Berlin auch ausgefuͤhrt; er hat geſagt: die Aufnahme in Hoffnungstal muß eine freiwillige ſein, unter keinen Umſtänden ſollten Leute, weil ſie in Hoffnungstal die Arbeit abgelehnt haben, dem Richter vorgeführt werden. Von einem ſolchen Zwang iſt alſo nicht die Rede. Herr Stadtrat Fiſchbeck hat auch noch aus⸗ führlich nachgewieſen, inwiefern die Beſtrebungen in der Kolonie Erfolg gehabt haben. Von 696 Perſonen ſind, wie Herr Stadtrat Fiſchbeck in Berlin aus⸗ geführt hat, 313 wieder in Arbeit oder in das Eltern⸗ haus oder in die Familie zurückgeführt worden: ihnen ſtehen gegenüber 316, von denen nur 32 wegen Verſtöße aus der Anftalt entlaſſen werden mußten: es entfernten ſich freiwillig oder ſind entlaufen 36; eine Anzahl ſind noch in Krankenhäuſer gekommen. So ſind 163 Perſonen heransgekommen. Immerſn iſt die Zahl derer, die wieder in geordnete Ber⸗ hältniſſe gekommen ſind, in einem Jahre doppelt ſo groß geweſen. Meine Herren, ich will die Sache nicht weiter ausführen. Sie haben ſich Ihre Meinung ja bisher bilden können. Ich möchte nur noch, da vorhin gerade von jener Seite auf die Notwendigkeit der Obſibaumzucht hingewieſen worden iſt, auch dieſen Gedanken nicht unerwähnt laſſen. Gerade hier iſt eine großartige Obſtplantage im Entſtehen, da alle Arbeiten für Obſtplantagen geſchehen, die vielleicht ſpäter mal eine gewiſſe Verzinſung des angelegten Kapitals ergeben werden Ich bilte Sie alſo, dem Antrag des Ausſchuſſes zuzuſtimmen. 40 Vorſteher Roſenberg: Von Herrn Sladtverord⸗ neten Vogel und noch 9 Herren iſt namentliche Ab⸗ ſtimmung über den Antrag des Ausſchuſſes beantragt. Es iſt nicht ganz klar, Herr Stadwerordneter Vogel, worüber Sie die namentliche Abſtimmung herbei⸗ geführt wiſſen wollen: über den Zuſatz des Aus⸗ ſchuſſes zu der Magiſtratsvorlage oder über den Geſamtantrag des Ansſchuſſes. 142 (Stadtverordneter Vogel: Über den Geſamtantrag!) Uber den Geſamtantrag. Und Sie legen keinen Wert darauf, daß über den Zuſatz des Ausſchuſſes beſonders abgeſtimmt wirdxd/d 4 (Stadtverordneter Vogel: Nein) Es iſt alſo eine einmalige Abſtimmung. Ich laſſe